Mobilfunk top - Festnetz Flop: Vodafone ändert Strategie
Stand: 16.06.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Düsseldorf - Aus privaten Festnetzkunden sollen möglichst schnell Mobilfunkkunden werden: Der Telekommunikationskonzern Vodafone arbeitet daran, den ehemaligen Kunden von Arcor die mobile Nutzung von Telefonie und Web schmackhaft zu machen. Deutschlandchef Friedrich Joussen sagte am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur dapd, mit LTE biete sich "ein vollwertiger Ersatz für stationäre Lösungen" an.
Joussen sieht mit dem neuen Mobilfunkstandard nach eigenem Bekunden einen "Wettbewerb der Systeme" auf die Branche zukommen: "Mobil mit der Zukunftstechnologie LTE oder stationär mit weniger Komfort". Die Menschen wollten dabei indes mobil sein, vermutete Joussen: "Selbst Festnetzkunden ergänzen ihren DSL-Anschluss am Ende mit WLAN."
Sein Konzern richte sich daher "heute bereits darauf ein, dass LTE mittelfristig die bevorzugte Technologie im Privatkundensegment wird". Im Augenblick investiere Vodafone in Deutschland zudem "jeden Euro, den wir frei haben, lieber in den Mobilfunk als ins Festnetz".
Frust über Gebühren für die Telekom
Im kabelgebundenen Geschäft fehlten Joussen "schlichtweg markt- und wettbewerbstaugliche Rahmenbedingungen und die Transparenz". So sei nach wie vor unklar, was mit den sogenannten TAL-Zahlungen passiere, die er der Deutschen Telekom für Nutzungen bestimmter Leistungen bei DSL und VDSL zahlen müsse. "Es muss offengelegt werden, ob das Geld tatsächlich in Netzinvestitionen fließt", forderte Joussen.
Derzeit müssen Wettbewerber der Telekom gut zehn Euro pro Anschluss und Monat zahlen. Könnten sie ihre Kunden überreden, statt auf stationäre auf mobile Anschlüsse zu setzen, fiele die Gebühr weg. Die Gewinnmarge würde bei gleichen Preisen bestenfalls steigen.
Vodafone baut Geschäft mit Großkunden aus
Dass Vodafone einst das Festnetz von Arcor übernahm und die Kunden in den Konzern integriert habe, sei rückblickend dennoch "absolut richtig" gewesen, betonte der Vodafone-Manager. Joussen sagte, ein eigenes Festnetz habe Vodafone erst ermöglicht, im deutschen Geschäft mit Firmenkunden "wirklich in der ersten Liga" punkten zu können. Es werde deshalb grundsätzlich auch künftig noch gebraucht.
Einer der größten Systemkunden von Vodafone sei das Land Bayern, das "von der Forstverwaltung über die Polizeiwachen bis hin zu Schulen und der gesamten öffentlichen Verwaltung" mit den Festnetz- und Mobilfunkanschlüssen des Düsseldorfer Konzerns arbeite. Auch setze die Infrastruktur des Vodafone-Mobilfunks künftig "wesentlich" auf dem auf, was Arcor in den Konzern technisch eingebracht habe.
Angriff auf den TV-Markt
Eine große Rolle könnte künftig für Vodafone in Deutschland neben dem klassischen Geschäft mit Telefonie und Internet auch Fernsehen spielen. Vodafone hatte im Winter ein eigenes Angebot an den Markt gebracht, nachdem ein erster Test bei Arcor gescheitert war. "Wir haben noch keine Werbekampagne gestartet und erreichen trotzdem Tag für Tag 300 bis 400 Neukunden", sagte Joussen. "Wenn wir jetzt durchstarten, halte ich ein Ziel von 1.000 für sehr realistisch."
Dann werde Vodafone "schnell ein ernst zu nehmender Wettbewerber im TV-Markt", sagte Joussen. Er überlege, die TV-Dienste von Vodafone auch für die Kunden anderer Netze zu öffnen: "Ich bin dafür sehr offen."
Die Telekom als Marktführer von Fernsehangeboten klassischer Telekommunikationskonzerne setzt bei seinem T-Home bisher allein darauf, Kunden alle Signale per IP-TV über das Internet zu liefern. Joussen bezeichnete dieses Modell hingegen als "ungesund".
"Sie müssen ihr ganzes Netz auf ein Zeitfenster von 90 Minuten auslegen, das zudem nur alle paar Jahre ansteht: Das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft der Herren", erklärte Joussen. Die übrige Zeit sei das Netz allerdings "so gut wie leer".
Sein Produkt Vodafone TV setze daher stets auf hybride Lösungen, die bereits vorhandene Signale über Kabel und Satellit nutzten. Nur für zusätzliche Kanäle und Pay-Anwendungen wolle Vodafone auf Streams zurückgreifen und dabei die Internetleitungen belasten.
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