Mobilfunk-Studie: Trotz Tarifdichte wenig Wettbewerb
Stand: 20.08.2024
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Der verhaltene Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt erweist sich als Bremsklotz für Innovationen. Etwa ein Drittel der Tarife sind bis auf den Namen quasi Klone und komplett identisch.
Hohe Anbieterdichte suggeriert intensiven Wettbewerb
Über 100 verschiedene Anbieter sind aktuell auf dem deutschen Mobilfunkmarkt tätig. Doch diese scheinbare Vielfalt ist kein Zeichen für funktionierenden Wettbewerb. Eine aktuelle Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigt einen seit Jahren statischen Markt ohne echte Innovationen: Der deutsche Mobilfunk ist geprägt von drei dominanten Netzbetreibern mit beträchtlicher Marktmacht, wenigen Providern mit eigenen Angeboten und vielen Tarif-Klonen. Andere Länder zeigen, wie es besser ginge.
"In Deutschland kann im Prinzip jede selbstständig tätige Person einen eigenen Mobilfunktarif auf den Markt bringen", sagt Jens-Uwe Theumer, Vice President Telecommunications bei Verivox. "Weil die Schwelle so niedrig ist, gibt es unzählige Tarife etwa von Energieversorgern, Fußballclubs, Möbelhäusern und Handelsketten. Was nach einer großen Vielfalt aussieht, ist jedoch im Discount-Segment zum überwiegenden Teil eine Ansammlung fast identischer Tarif-Klone."
Zementierte Machtverhältnisse – seit 10 Jahren
Den deutschen Markt dominieren seit vielen Jahren die Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und O2. 1&1 baut sein eigenes Netz gerade erst auf und hat noch einen vergleichsweise geringen Marktanteil. Recht bedeutend sind noch die Provider Drillisch und Freenet. Sie haben zwar kein eigenes Netz, vertreten aber diverse Eigenmarken, die sich in Preis und Leistung von den Angeboten der Netzbetreiber abheben. Vor allem Drillisch vertreibt häufig wechselnde Submarken, die oft bis auf Nuancen identisch sind.
"Der Mobilfunkmarkt verharrt in seiner Grundstruktur auf dem Stand von 2014. Damals hat die Fusion von E-Plus und O2 die Machtverhältnisse auf Jahre hinaus zementiert", sagt Theumer. "Auch heute noch bestimmen die drei etablierten Netzbetreiber als Vorleistungsgeber die Preise. Kleinere Anbieter müssen Bandbreite und Daten zu vorgegebenen Konditionen einkaufen und bewegen sich in einem eng geschnürten Korsett. Damit bleibt der Markt statisch. Ganz anders in den USA: Dort herrscht mit ebenfalls drei großen Playern wirklicher Wettbewerb; um höhere Marktanteile wird hart gerungen."
Kein echter Wettbewerb, kaum Innovationen
Hingegen erweist sich der verhaltene Wettbewerb in Deutschland als Bremsklotz – sowohl für günstigere Preise als auch für innovativere Konzepte. 2022 hatte O2 "mitwachsende" Tarife eingeführt, im gleichen Jahr aktivierte Vodafone das "GigaDepot" – die Mitnahme nicht genutzten Datenvolumens in den Folgemonat. Ansonsten hat sich in zehn Jahren außerhalb von Kundenbindungsprogrammen wenig getan.
"Auf grundlegende Veränderungen warten Kundinnen und Kunden seit Jahren vergebens – die großen Anbieter müssen sich nicht strecken und die kleinen können es nicht", sagt Theumer. "So ist zum Beispiel in der Schweiz eine strikte Trennung von Smartphone- und Tarifkauf längst Usus. In Deutschland sind intransparente Bundle-Käufe weiterhin die Regel, obwohl die Haltezeiten der Geräte steigen. Zum Schutz der Verbraucher gehörte eine Koppelung von Gerät und Tarif entweder komplett abgeschafft, oder die Tarifkosten müssten automatisch sinken, sobald das Handy abbezahlt ist."
Übergroße Datenpakete verteuern die Tarife
Hinzu kommt: Das hochgerüstete Tarifportfolio der großen Anbieter sorgt für eine zusätzliche Verteuerung im Markt. Denn der größte Preistreiber in heutigen Smartphone-Tarifen ist das enthaltene Datenbudget. "Es wird deutlich mehr Datenvolumen verkauft als letztendlich abgerufen", sagt Theumer.
"Schon seit Jahren steigen die Datenbudgets der Tarife unverhältnismäßig an, viel schneller als die tatsächliche Datennutzung der Kunden. Dahinter steckt strategisches Kalkül: Je mehr Highspeed-Volumen in einem Tarif steckt, desto teurer kann er verkauft werden. Um nicht zu viel zu zahlen, sollten Kunden ihren tatsächlichen Datenbedarf kennen oder beispielsweise mithilfe eines Online-Tarifberaters ermitteln."