Hamburg (dpa) - MobilCom-Gründer Gerhard Schmid ist pleite. Wegen
drohender Zahlungsunfähigkeit stellte der einstige Milliardär am
Freitag vergangener Woche Antrag auf die Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Das Amtsgericht Flensburg
bestellte den Hamburger Wirtschaftsprüfer Otto Gellert zum
vorläufigen Insolvenzverwalter. Über die Eröffnung des Verfahrens
wird nach Gellerts Einschätzung in rund acht Wochen entschieden.
Schmid hält in seinem Vermögen rund 37 Prozent der MobilCom-Aktien,
die zur Besicherung von Krediten an Banken verpfändet sind. Durch den
Kursverlust der MobilCom-Aktie reichen diese Sicherheiten nicht mehr
aus.
Die Auswirkungen auf die nach wie vor angeschlagene Mobilfunkfirma
MobilCom im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf waren am Montag
zunächst unklar. "Die private
Insolvenz berührt nicht die Aktivitäten
und Verträge der MobilCom AG", teilte das Unternehmen am Montag mit.
Sowohl der Vertrag mit France Télécom als auch der Treuhändervertrag
zwischen Schmid und Helmut Thoma blieben unverändert bestehen.
Allerdings sei
MobilCom nun verpflichtet, eventuelle Ansprüche gegen
Schmid zu prüfen und anzumelden.
Das sehen Schmid und Gellert allerdings anders. "Ich will das Heft
des Handelns nicht weiter aus der Hand geben", sagte der MobilCom-
Gründer in einer eilends zusammengerufenen Pressekonferenz in
Hamburg. Er sieht sich durch den "unter Drohungen erzwungenen"
Treuhändervertrag praktisch enteignet. Nun soll Gellert als
Sachwalter des Vermögens alle Verträge auf den Prüfstand stellen und
eventuell kündigen, wenn es im Interesse des Vermögens und damit der
Gläubiger ist. Ziel von Schmid bleibt es, über das Insolvenzrecht den
ungeliebten Treuhänder Thoma loszuwerden, der über seine
Aktien und
die der Firma seiner Frau verfügen kann. Schmid hat Thoma schon zwei
Mal gekündigt; Gellert soll ihn ersetzen.
Im Hintergrund des neuerlichen Schmid-Manövers steht nach wie vor
die alte Streitfrage, die schon im vergangenen Jahr zum Bruch
zwischen Schmid und seinem Partner France Télécom führte und die
gesamte MobilCom-Krise auslöste: Soll MobilCom ein Netz für den neuen
Mobilfunk-Standard UMTS bauen und betreiben oder nur
Mobilfunkverträge und Handys anderer Netzbetreiber verkaufen?
Aufsichtsrat und Vorstand haben die UMTS-Pläne spätestens mit der
Hauptversammlung im Januar offiziell beerdigt und suchen nach einem
Käufer für die bereits gebauten UMTS-Sendeanlagen und die acht
Milliarden Euro teure Lizenz.
"Damit ist MobilCom aller Zukunftsperspektiven beraubt", klagt
Schmid. Er könne nicht auf eine Änderung der Strategie hinwirken und
MobilCom habe als reiner Service-Provider keine Erfolg versprechende
Zukunft. "Die Organe müssen im Interesse von MobilCom das Richtige
tun", fordert der ehemalige MobilCom-Chef. Er will sogar von seinem
Treuhänder Thoma und Aufsichtsratschef Dieter Vogel Schadenersatz
fordern, weil sie trotz seiner Hinweise mit falschen Entscheidungen
sein Vermögen geschädigt hätten. Die MobilCom-Aktie hat seit Beginn
des vergangenen Jahres mehr als 80 Prozent an Wert verloren und
notiert seit Jahresbeginn bei drei Euro.
Doch bleibt unklar, wie Gellert als Insolvenzverwalter Einfluss
auf MobilCom nehmen will. Der 73-jährige kündigte an, er werde seine
Rolle aktiv wahrnehmen und den Dialog mit France Télécom suchen, um
MobilCom in ein sachliches und ruhiges Fahrwasser zu bringen. Ein
Einlenken von France Télécom in der entscheidenden Frage der UMTS-
Strategie scheint jedoch ausgeschlossen. Vorstand und Aufsichtsrat
arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung des MobilCom-
Sanierungskonzepts, das den Ausstieg aus UMTS vorsieht. Schon im März
soll mit dem Abbau der UMTS-Sendeanlagen begonnen werden, wenn sich
nicht ein Käufer findet.