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LG V10 im Test: Zwei Displays und Doppel-Frontkamera

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg - Ein zusätzlicher Touchscreen über der 5,7-Zoll-Mattscheibe, zwei Front-Kameras sowie eine 21-Megapixel-Kamera mit optischem Stabilisator: Das LG V10 tischt das Besondere auf. Ob sich deshalb der Kauf lohnt, steht auf einem anderen Blatt: Der Test beleuchtet auch dieses.

Beim V10 hat Hersteller LG sich über gängige Konventionen hinweggesetzt und oberhalb des Haupt-Bildschirms mit stolzen 145 Millimetern (5,72 Zoll) noch einen zweiten, kleinen Touchscreen angebracht. Eine schlichte Design-Variante? Mitnichten! Denn das V10 stellt auf dem Mini-Monitor VIP-Kontakte, häufig genutzte Apps oder Termine dar. Zudem bleibt das Zweit-Display auf Wunsch aktiv, wenn der Haupt-Bildschirm sich ausschaltet. Auf diese Weise hat der Nutzer Datum, Uhrzeit und Akkustand stets im Blick – ohne erst an der Seite rubbeln oder sonst wie aktiv werden zu müssen. Nach einem seitlichen Wisch kann er von dort auch auf Audioprofil, WLAN, Taschenlampe und Kamera zugreifen. Darüber hinaus lassen sich Apps per „drag & drop“ von einem Bildschirm zum anderen ziehen, was etwa den Edge-Screens von Samsung (derzeit noch?) fremd ist. In der Praxis erweist sich die kleine Hilfsanzeige als durchaus nützlich, erspart sie doch manch langwierige Suche oder etliches Scrollen. Gerade auch der Zugriff auf Kamera und Taschenlampe sind ein echter Hit! Von Marketing-Gag keine Spur also. Das folgende Hands-on-Video zeigt das Zweit-Display im Einsatz:

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(Dieses Video ist nicht mehr verfügbar.)

Knackige Anzeige

LG hat sich bei beiden Mattscheiben für LCD-Panels entschieden, die von hinten beleuchtet werden. Das ist zumindest beim kleinen Bildschirm kontraproduktiv: Mit einer AMOLED-Mattscheibe, deren Bildpunkte selbst leuchten und die daher schwarze Pixel schlicht ausschaltet, ließe sich gewiss eine Menge Strom sparen. Die primäre Anzeige misst 145 Millimeter oder 5,72 Zoll und gehört damit zu den acht größten hierzulande. Auch die Schärfe ist enorm: Mit 1440 x 2560 Pixel kommt die Dichte auf 408 Pixel pro Quadratmillimeter (513 ppi): 68 Prozent mehr als der Durchschnitt aller in den letzten 24 Monaten getesteten Smartphones. Die Blickwinkelstabilität ist dank Dual-Domain-IPS prima, lediglich die Helligkeit von 388 Candela pro Quadratmeter bleibt ein wenig hinter den Erwartungen zurück: 14 Prozent unter dem aktuellen Mittelwert. Trotzdem eine insgesamt imposante Mattscheibe!

Prozessor aus der zweiten Liga

Als Prozessor setzt LG wie bereits beim G4 auf den Qualcomm Snapdragon 808. Das überrascht insofern, als dass die Preisempfehlung stolze 649 Euro lautet – da darf man eigentlich das Topmodell erwarten, und das wäre momentan der Snapdragon 810. Dieser Chip hatte zu Beginn Probleme mit Überhitzung, weshalb diese Entscheidung für den 808-er mit lediglich sechs Kernen im letzten Frühjahr richtig war, doch inzwischen sind die Widrigkeiten behoben, weshalb das kein Argument mehr ist. Immerhin: LG hat stattliche 4 Gigabyte Arbeitsspeicher springen lassen, üblich sind selbst in der Upperclass meist „nur“ 3. Dass der Snapdragon 808 mit lediglich 2 statt 4 leistungsstarken Cortex-A57-Kernen schwächer auf der Brust ist als sein großer Bruder, bestätigen die Ergebnisse der Benchmarks: In der Gesamtwertung aus zwölf der bekanntesten Tempo-Tests mit mehr als 50 erfassten Einzelwerten rangiert das V10 am Ende 26 Prozent über dem Schnitt. Ein gutes Ergebnis, gar kein Zweifel, und für Normalnutzer auch mehr als ausreichend. Dennoch: Für diesen Preis darf man auf mehr hoffen.

Unterdimensionierter Akku

Der Akku lässt sich mit wenigen Handgriffen vom Nutzer austauschen – derlei sieht man leider eher selten heutzutage. Der Stromspeicher hält im Laufzeittest mit der Videowiedergabe bei mäßigen 200 Candela pro Quadratmeter im Flugmodus 439 Minuten lang durch: 7 Prozent weniger als üblich. Dieses Resultat ist nicht weiter verwunderlich, ist doch der Akku mit 3.000 Milliamperestunden für einen 5,7-Zöller schlichtweg unterdimensioniert. Zum Vergleich: Das Motorola Moto X Force wartet bei einer 5,4-Zoll-Mattscheibe mit einer Kraftzelle von 3.760 Milliamperestunden auf! Trotzdem dürften die Allermeisten auch mit der Laufzeit des V10 vollauf zufrieden sein und über den Tag kommen. Allenfalls Intensivnutzer könnten möglicherweise am späten Nachmittag oder gegen Abend gezwungen sein, nachzutanken.

Schnell geladen

Das klappt wenigstens erfreulich schnell: Der vollständig entleerte Akku ist bereits nach 15 Minuten wieder zu 23 Prozent gefüllt, nach 30 Minuten sind es 47 Prozent und nach einer Stunde 83 Prozent. Für die volle Ladung benötigt der Kandidat 88 Minuten: Damit ist das V10 satte 65 Prozent schneller als der Schnitt. Das ist umso verblüffender, als dass das serienmäßig beiliegende Netzteil gerade mal 1,8 Ampere ausspuckt; mit stärkeren Ladegeräten könnten sich die Füllzeiten somit womöglich sogar noch verkürzen lassen. Nicht zuletzt unterstützt das V10 ab Werk auch drahtloses Laden nach dem verbreiteten Qi-Standard: Das dauert zwar erheblich länger, doch reicht es hier aus, das Telefon einfach auf eine kompatible Ladematte zu legen – praktisch etwa fürs Büro.

Fingerabdrucksensor inklusive

Der interne Speicher fasst 32 (netto: 20,83) Gigabyte und kann per Micro-SD-Karte um bis zu 2 Terabyte erweitert werden; derzeit verfügbar sind allerdings erst Speicherkarten mit bis zu 200 Gigabyte. Schnelles LTE, DC-HSPA, WLAN ac, Bluetooth 4.1, NFC, DLNA, Slimport, Miracast und eine Infrarotschnittstelle runden das stolze Ausstattungsprogramm ab. Allenfalls könnte der potenzielle Kunde das Fehlen von Voice over LTE oder eines IP-Schutzes vor Staub und Wasser monieren, doch das dürfte die Allerwenigsten ernsthaft tangieren. Wie seit Längerem üblich bei LG, ruht der Ein-/Aus-/Standby-Taster auf der Rückseite: Eine Idee, die nach wie vor begeistert, liegt doch haargenau dort der Zeigefinger – ganz gleich, ob man nun Rechts oder Linkshänder ist. Ergonomischer kann’s kaum mehr werden. Nun haben die Koreaner darunter auch noch einen Fingerabdrucksensor eingebaut, der das Telefon schnell und zuverlässig entsperrt.

Doppel-Linse für Selfies

In der Testdisziplin Multimedia wartet das V10 mit einer weiteren Besonderheit auf: Die Front weist nämlich zwei Linsen für Selfies auf. Davon erfasst die erste den für Frontkameras üblichen Bereich von 80 Grad, während es sich bei der zweiten um ein Weitwinkelobjektiv mit 120 Grad handelt: für Gruppen-Selfies beispielsweise. Entgegen der ursprünglichen Ansage des Herstellers schießen aber beide Linsen Fotos mit jeweils 5 Megapixel, nicht mit 8 und 5 Megapixel. Grundsätzlich ist die Doppel-Optik eine gute Idee, doch hätten sich vermutlich die meisten Selfie-Freunde über ein einziges Objektiv plus Front-LED mehr gefreut. Das Optimum wären natürlich alle drei Elemente …

Optischer Stabilisator

Die Hauptkamera liefert Fotos mit bis zu 15,87 Megapixel und wird unterstützt von einem für Mobiltelefone lichtstarken Objektiv (Blende f 1,8) sowie einem Laser-Autofokus, der schnell und zuverlässig scharfstellt. Das zweifarbige LED-Licht leuchtet den Nahbereich erfreulich kräftig und breit aus. Positiv auch die Auslöseverzögerung, die gegen Null geht, zudem stehen zahlreiche Möglichkeiten zur manuellen Anpassung zur Verfügung. Unter guten Lichtbedingungen liefert der Kandidat wunderbar scharfe Bilder ab, auch die Detailtreue überzeugt. Dank des optischen Bildstabilisators bleibt die Qualität auch bei bewölktem Himmel oder in geschlossenen Räumen erhalten. Erst am Abend oder bei ähnlich mageren Lichtverhältnissen beginnen die Fotos früher oder später zu verwackeln, wie es für Smartphones mit ihren langen Belichtungszeiten aufgrund der kleinen Linsen normal ist. Aber dafür hat man ja besagte LEDs. Weil außerdem das Bildrauschen relativ moderat ausfällt, reicht es unterm Strich doch noch zu einem „Sehr gut“.

Enttäuschende Videoqualität

Videos nimmt das V10 mit bis zu 4K (auch UHD genannt) auf, also mit 3840 x 2160 Pixel. Im Automatik-Modus beträgt die Datenrate rund 48 Megabit pro Sekunde, die Ergebnisse sind bereits dann angenehm scharf und detailreich. Wer möchte, kann die Qualität mit dem manuellen Modus noch optimieren und beispielsweise die Datenrate auf 64 Megabit hochkitzeln oder während der laufenden Aufnahme Belichtung, ISO-Zahl und mehr regulieren. Ja, sogar der Audio-Pegel lässt sich hier anpassen – da bietet das V10 für Videofreunde weit mehr als üblich. Umso bedauerlicher, dass der Autofokus quasi permanent pumpt, meist nur dezent, mitunter aber auch kräftig. Das mag auf kleinen Displays nicht sonderlich auffallen, doch spätestens am PC-Monitor und erst recht auf großen TV-Bildschirmen wird das unangenehm. Deshalb muss das Video-Urteil auf „mangelhaft“ abgewertet werden.

Audio-Upscaling

Den serienmäßig beiliegenden Kopfhörer “Quad Beat 3” hat LG nach eigenem Bekunden gemeinsam mit AKG entwickelt. Dessen Qualität ist für solche Handy-Dreingaben vergleichsweise ordentlich, kann aber nicht mit Top-Modellen mithalten, die dafür aber auch durch die Bank weg erheblich teurer sind. Zum Hörtest werden die Reference Monitors von Ultimate Ears verwendet, die wohl besten In-Ear-Hörer der Welt. An diesen erzeugt das V10 einen sehr kräftigen Klang, bei dem jedoch die Bässe ein wenig rumpeln und vor allem die Höhen deutlich zu wünschen übriglassen. Doch hier kommt eine weitere Spezialität des V10 zum Einsatz: Dank des 32 Bit DAC Wandlers von ESS Technology kann das LG Audiodateien von verlustfreien Formaten wie FLAC wiedergeben, also in Studioqualität. Außerdem werden MP3-Dateien auf Wunsch hochskaliert auf 24 Bit bei 192 Kilohertz. Sobald diese Option aktiviert ist, kommt der Sound des V10 ziemlich nah an die Referenz heran, das Samsung Galaxy Note 4. Nicht gänzlich, dafür fehlt es den Höhen noch ein wenig an Spritzigkeit und den Bässen an Präzision, aber beinahe. Fast schleicht sich der Verdacht ein, ohne besagte Option habe die Software den Frequenzgang absichtlich oben und unten verstümmelt – aber das ist freilich eine reine Vermutung. Jedenfalls ergattert der Klang dank dieser Option noch ein knappes „Sehr gut“.

Üppiger Geselle

Bei einem 5,7-Zöller plus Zusatz-Display und reichlich Schikanen dürfte kein Interessent ein sonderlich kompaktes Smartphone erwarten. Somit wird wohl niemand überrascht sein über die strammen Maße von 79 x 160 Millimeter und das enorme Gewicht von 192 Gramm. Kurzum: Das V10 trägt dick auf, ist nichts für die Abendgarderobe. Hier dürfte wohl auch der Grund liegen, warum die Entwickler keinen dickeren Akku verbaut haben: Damit wäre die 200-Gramm-Schallgrenze gewiss überschritten worden, das Gehäuse noch üppiger. In der Hand erweist sich der Gigant jedoch als erstaunlich leichtfüßig: dem stark gewölbten Rücken und vor allem der stumpfen, genoppten Silikonrückseite sei Dank. Die Bedienung mit einer Hand wird aber dennoch zur Streckübung für die Daumen.

Gewohnt komfortabel

Die Verarbeitung ist hochwertig, so wie man es von LG kennt. Metallleisten links und rechts verleihen dem Telefon zusätzliche Festigkeit. Trotzdem knarzt der abnehmbare Rückdeckel im Verwindungstest ein wenig, was aber nicht weiter tragisch ist. Denn das Wichtigste ist, dass sich das Deckglas aus Gorillaglas 4 nicht auf die Pixel durchdrückt, was diese auf Dauer beschädigen könnte. Alles in Butter also. Wer mehr will, sollte einmal einen Blick auf das Motorola Moto X Force mit 5,4-Zoll-Display werfen: Das hat sich jüngst im Test als so stabil wie ein Backstein erwiesen, und der Bildschirm hält Stürze selbst auf harten Steinfußboden aus, so wie es die vierjährige Garantie verspricht. Als Betriebssystem kommt beim V10 Android 5.1.1. zum Einsatz, über das LG seine bekannte Nutzeroberfläche mit zahlreichen praktischen Funktionen wie „Knock-On“ und „Knock-Code“ legt. Für Details hierzu sei auf den Test des G4 verwiesen.

Fazit

Das Zweit-Display des LG V10 ist tatsächlich mehr als ein Marketing-Gag: In der Praxis erweist sich der Mini-Monitor als rundum hilfreich. Schade nur, dass sich die Koreaner nicht für ein AMOLED-Panel entschieden haben. Und für die Bedienung mit einer Hand liegt das Zusatz-Display jenseits des 145 Millimeter (5,7 Zoll) riesigen Haupt-Bildschirms zu weit entfernt. Letzterer kann sich mit einer knackigen Schärfe sehen lassen, lediglich die Helligkeit bleibt ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Gleiches gilt für den Prozessor: Der Snapdragon 808 rangiert 26 Prozent über dem Durchschnitt, doch bei einem Preis von stolzen 649 Euro erwartet man eigentlich das Spitzenmodell Snapdragon 810. Den Allermeisten dürfte das dennoch vollauf reichen. Der austauschbare Akku schneidet im Test leicht unter dem Durchschnitt ab: Das Gros dürfte damit locker über den Tag kommen, Intensivnutzer werden aber möglicherweise einen Zweitakku kaufen oder zwischentanken müssen. Das geht immerhin rasend schnell oder komfortabel per Induktion.

Die Qualität der 16-Megapixel-Fotos erntet dank optischem Stabilisator ein „Sehr gut“, ebenso wie der Klang am Kopfhörerausgang. Die 4K-Videos jedoch kassieren trotz toller Schärfe aufgrund des permanent pumpenden Autofokus nur ein „Mangelhaft“. Trotz leichter Knarzer ist das V10 insgesamt sehr stabil, die Verarbeitung prima und der Komfort wie von LG gewohnt hoch.

Unterm Strich stellt das LG V10 damit ein ordentliches Tabphone mit etlichen Finessen und – bis auf die Videos – ohne größere Schwächen dar. Bei der Laufzeit hängt die Eignung von der individuellen Nutzungsintensität und eventuell von der Möglichkeit zum Nachtanken oder dem Erwerb eines Zweitakkus ab. Wer all das in Kauf nimmt, muss tief in die Tasche greifen: 649 Euro ruft LG für das V10 auf. Deshalb bleibt das Preis-Leistungs-Verhältnis satte 46 Prozent unter dem Durchschnitt. Spannend im Sinne einer durchschnittlichen Relation wird das V10 erst ab 353 Euro.