LG G Flex 2 im Test: Ergonomisch dank gebogenen Bildschirms?
Stand: 27.03.2015
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg - Vor gut einem Jahr führte LG das erste Smartphone mit gebogenem Display ein, das G Flex. Nun ist der Nachfolger da: das Flex 2. Entgegen dem allgemeinen Trend wurde der Touchscreen nicht größer, sondern schrumpfte auf gut 5,4 Zoll. Deshalb erscheint das Flex 2 wesentlich handlicher als sein Vorgänger, und auch die Bedienung mit einer Hand gestaltet sich einfacher. Vor allem aber hat sich die Auflösung des Displays auf Full HD erhöht, und mit dem Snapdragon 810 steckt der allerneueste Octa-Core-Prozessor unter der Hülle mit Selbstheilungskräften.
Ein Vorteil der gebogenen Bauform macht sich sofort bemerkbar wenn man das LG Flex 2 in die Hand nimmt: Durch die Krümmung liegt das Smartphone toll in der Hand. Ebenso toll, die von LG her bekannte Verlagerung der Lautstärkewippe auf die Rückseite: Genau dort ruht nämlich in aller Regel ohnehin der Zeigefinger – ergonomischer geht es kaum. Auch der Ein-/Aus-/Standby-Taster sitzt dort hinten, wird allerdings kaum mehr benötigt, lassen sich LG-Telefone doch seit Längerem schneller und komfortabler durch einen Doppeltipp auf den Touchscreen aus dem Standby-Modus wecken. „Knock On“ nennen die Koreaner dieses Feature. Dank „Knock Code“ kann zudem auch gleich das Telefon durch eine zuvor programmierte Klopffolge entsperrt werden. In puncto Bedienung spielt LG mit solchen Details seit jeher ganz vorne mit dabei, weshalb auch das Flex 2 schon mal das gewohnte „Sehr gut“ in der Handhabungswertung kassiert.
Marginale Selbstheilung
Als weitere Besonderheit soll die Rückseite des Flex 2 wie schon jene des Vorgängers G Flex über Selbstheilungskräfte verfügen. Oberflächliche Kratzer sollen binnen weniger Minuten spurlos verschwinden, beim Flex 2 geht das laut Hersteller sogar noch schneller als beim Erstling. Im Test ließ sich diese Fähigkeit grundsätzlich reproduzieren, allerdings nur in einem extrem engen Bereich von Beschädigungen: Sobald der Kratzer tiefer geht als die wenige Nanometer dicke Beschichtung, bleibt er dauerhaft erhalten. Das demonstriert das folgende Video zum G Flex, für das Verivox die Rückseite des Smartphones mit verschiedenen Gegenständen traktierte:
(Dieses Video ist nicht mehr verfügbar.)
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Keine Steigerung der Gesprächsqualität
Die gekrümmte Form soll darüber hinaus die Gesprächsqualität bei Telefonaten erhöhen, denn das Mikrofon in der Unterkante befindet sich dadurch näher am Mund. Das mag in Einzelfällen auch tatsächlich etwas bringen und im Labor messbar sein, in der Praxis jedoch ließ sich keine wahrnehmbare Qualitätsverbesserung beim Flex 2 feststellen. Ebenso wenig wie der gekrümmte Bildschirm einen anderen Seheindruck beim Betrachten von Fotos oder Videos zu erzeugen vermag.
Perfekte Ergonomie
Alles nur ein Marketing-Gag also? Mitnichten! Denn die Bananenform hat – abgesehen von der erwähnten angenehmen Ergonomie beim Telefonieren – einen erheblichen Vorteil gegenüber flachen Smartphones: Das Flex 2 passt perfekt in die Gesäßtasche der Hose! Dort fühlt sich das Handy nicht nur angenehmer an, es ist zudem besser geschützt vor Brüchen, falls sich der Besitzer mit dem Telefon in der Hose setzt: Durch die Biegung verteilt sich der Druck besser, und das Flex ist in gewissem Umfang auch flexibel.
Display wird kleiner: Weniger ist manchmal mehr
Ungewöhnlich außerdem der Schritt hin zu einem kleineren Display: Statt 5,98 misst die OLED-Mattscheibe des Flex 2 „nur“ 5,44 Zoll oder 138 Millimeter in der Diagonale. Doch auch damit liegt die Banane immer noch neun Prozent über dem Durchschnitt aller in den letzten zwölf Monaten getesteten Smartphones. Im Gegenzug schrumpfte das Gehäuse auf 75 x 149 x 9,4 Millimeter, das Gewicht auf 153 Gramm, weshalb der Proband noch halbwegs mit einer Hand bedienbar ist und vor allem deutlich kompakter ausfällt als sein Vorgänger, wie das folgende Video mit dem direkten Vergleich der beiden Flex-Modelle zeigt:
(Dieses Video ist nicht mehr verfügbar.)
Auflösung steigt: Schön scharf
Darüber hinaus haben die Koreaner die Displayauflösung von 720p auf Full HD erhöht, die Schärfe kletterte somit von mageren 94 auf stolze 254 Pixel pro Quadratmillimeter respektive von 246 auf 405 ppi. Solche Unterschiede erkennt auch das bloße Auge, wenngleich diese nicht so gravierend ausfallen wie es die Zahlen vermuten lassen. Es gibt einen Schärfegewinn wie auch das obige Video zeigt, doch hält er sich in Maßen. Dennoch ist eine schärfere Mattscheibe fraglos immer die angenehmere. Die Helligkeit wurde mit 294 Candela pro Quadratmeter gemessen, was für OLED-Panels einen durchschnittlichen Wert darstellt. Insgesamt also eine deutliche Verbesserung des Displays: Damit hat LG den ersten Kritikpunkt des G Flex aus dem Weg geräumt.
Speicher erweiterbar
Handicap Nummer zwei war der nicht erweiterbare Speicher. Auch hier haben die Koreaner für Abhilfe gesorgt: Unter dem nun abnehmbaren Rückdeckel findet sich ein Slot für Micro-SD-Karten, die auch gleich mit bis zu zwei Terabyte unterstützt werden. Derzeit fassen die Chips zwar maximal 128 Gigabyte, doch auf diese Weise ist das Flex 2 gerüstet für die Zukunft. Das interne Gedächtnis wurde jedoch auf 16 Gigabyte halbiert, von denen nach Aktualisierung aller vorinstallierten Apps 6,55 Gigabyte netto übrig bleiben. Das ist arg mager, vor allem angesichts einer unverbindlichen Preisempfehlung von 649 Euro! Spätestens wenn man sein Smartphone auch multimedial zu nutzen gedenkt, sollte man daher die Anschaffung einer Speicherkarte gleich mit einkalkulieren.
Neuer Octa-Core-Prozessor
Neu ist ferner der Prozessor: Anstelle des Snapdragon 800 kommt nun der brandneue Snapdragon 810 zum Einsatz, der auch im HTC One M9 steckt. Vier seiner Kerne sind mit 2,0, die restlichen vier mit 1,5 Gigahertz getaktet. Hinzu kommen das ebenfalls neue Grafikmodul Adreno 430 sowie 2 Gigabyte Arbeitsspeicher. Damit zeigt sich der Proband ähnlich kraftvoll wie das One M9: In der Gesamtwertung aus zwölf der bekanntesten Benchmarks mit mehr als 50 erfassten Einzelwerten landet das Flex 2 schließlich 73 Prozent über dem Durchschnitt und auf Rang 4 der Tempo-Charts. Das M9 erzielte gerade mal einen einzigen Prozentpunkt mehr! Signifikant schneller sind somit derzeit lediglich das iPhone 6 und 6 Plus. Das Flex 2 kommt ab Werk mit Android 5.0.1, weshalb die 64-Bit-Unterstützung des Prozessors Sinn macht. Allerdings müssen auch die Apps die doppelte Bitrate unterstützen, weshalb die praktischen Auswirkungen derzeit noch begrenzt bleiben.
Akku schwächelt
Beibehalten hat LG den fest verbauten Akku, doch das lässt sich technisch vermutlich nicht vermeiden weil auch die Kraftzelle gebogen ist. Diese fasst nun 3.000 statt 3.500 Milliamperestunden, dennoch kletterte die Relation zur Größe der Mattscheibe, dem hungrigsten Stromfresser, geringfügig auf nun drei Prozent über dem Mittel. Umso überraschender, dass der Kandidat im Laufzeittest bei der Wiedergabe eines Videos im Flugmodus nur 413 Minuten lang durchhielt: 14 Prozent weniger als üblich. Das G Flex erzielte unter identischen Bedingungen immerhin 444 Minuten: nur sieben Prozent unter Durchschnitt. Es scheint ganz so, als fordere der mächtige Snapdragon 810 seinen Tribut, denn auch das HTC One M9 bietet eine enttäuschende Akkulaufzeit. Intensivnutzer sollten daher vor dem Kauf überlegen, wie sie ihren mobilen Begleiter untertags nachladen können – beispielsweise mit Hilfe einer Power-Bank. Normalnutzer sollten hingegen locker über den Tag kommen. Die restliche Ausstattung samt LTE, DC-HSPA für Downloads mit nominal bis zu 42 Megabit pro Sekunde in UMTS-Netzen, WLAN ac, Bluetooth 4.0 und NFC waren bereits beim G Flex vorhanden. Selbst der Infrarot-Sender zur Nutzung des Telefons als Fernbedienung für Fernseher & Co. ist wieder mit an Bord.
13-Megapixel-Fotos
Die Foto-Auflösung von 4160 x 3120 Bildpunkten oder 12,98 Megapixel ist zwar ebenso geblieben wie die Nutzeroberfläche der Kamera-App, doch kam beim Flex 2 ein optischer Bildstabilisator hinzu. Und das sieht man den Fotos auch an, insbesondere bei mäßigen und schlechten Lichtverhältnissen: Im Test wurden beispielsweise Aufnahmen mit Belichtungszeiten von 1/10 Sekunde durch die Bank weg scharf – absolut unüblich für Smartphone-Fotos ohne Stativ. Auch das Bildrauschen hält sich enorm zurück. Zu schade nur, dass die Aufnahmen des Flex 2 ein recht grobes Korn aufweisen, auch bei guten Lichtverhältnissen. Möglicherweise liegt dies aber auch an der Software, die zu kräftig nachschärft. Daher steht unterm Strich trotz aller Vorzüge „nur“ ein „Gut“.
Doppelt stabile Videos
Bereits der Vorgänger nahm Videos mit bis zu mit 3840 x 2160 Pixel auf, also mir vierfachem Full HD, genannt 4K oder UHD. Dabei kann sich die Schärfe sehen lassen, wenngleich man schon Besseres gesehen hat – vor allen Dingen weil manche Details verwaschen, was mit höchster Wahrscheinlichkeit an der etwas zu knappen Datenrate von 30 Megabit pro Sekunde liegen dürfte. Bei Full HD (1920 x 1080 Pixel) beträgt die Datenrate 17 Megabit pro Sekunde, ist relativ gesehen also weit höher. Auch das macht sich eindeutig bemerkbar: Hier bleiben weit mehr, aber nicht alle Details erhalten. Gerade auf kleineren Bildschirmen wirken die Full-HD-Clips daher besser. Beide Auflösungen weisen gleichermaßen eine etwas zu geringe Dynamik auf, dunkle Bildbereiche fallen arg dunkel aus. Sowohl bei Full HD als auch bei 4K punktet das Flex 2 aber mit einem ganz dicken Pfund: Der Autofokus zieht nämlich quasi nie unnötig nach – derlei sieht man bei Smartphones nur höchst selten. Das – und natürlich der optische Bildstabilisator – macht die Videos angenehm ruhig, weshalb man diese ausnahmsweise auch auf großen Displays wie auf dem Fernseher problemlos genießen kann. Dafür verdient sich das Flex 2 ein „Sehr gut“!
Satter Sound
Die hauseigene Musik-Player-App gefällt besser als „Play Music“ von Android: Das Design ist übersichtlicher, die Bedienung nicht so aufdringlich wie bei Google. Außerdem ist gleich ein Equalizer mit dabei, der sich auch manuell justieren lässt, und das sogar wunderbar fein. Vorbildlich! Zum Hörtest werden aber natürlich sämtliche Audio-Pushups deaktiviert. Dann überzeugt das Flex 2 am Referenz-Kopfhörer, den Ultimate Ears Reference Monitors, mit einem kräftigen, ausgewogenen und sehr natürlichen Sound. Lediglich die Höhen können nicht ganz an die Referenz, das Samsung Galaxy Note 4, heranreichen wie es noch beim LG G3 der Fall war: Offenbar bricht der Frequenzgang hier eine Idee früher ein. Aber das sind Unterschiede, die sich ausschließlich im direkten Vergleich und mit erstklassigen Headsets heraushören lassen! Außerdem sind sie so gering, dass sie sich nicht einmal in der Gesamtwertung niederschlagen, weshalb auch das Flex 2 ein strammes „Sehr gut“ in der Disziplin Audio erntet.
Fazit
Das LG Flex 2 hat sich mächtig gemausert: Mit dem scharfen 5,4-Zoll-Display und dem erweiterbaren Speicher haben die Koreaner die Kritikpunkte des Vorgängers aus dem Weg geräumt. Der blitzschnelle Snapdragon 810-Prozessor sowie der optische Bildstabilisator lassen Ausstattung und multimediale Qualität in neue Höhen klettern, Verarbeitung und Handhabung waren ohnehin schon prima. Daher gibt es fast nichts zu meckern am zweiten Bananen-Boliden. Bis auf den fest verbauten und etwas schwachen Akku, bei dem 14 Prozent früher als üblich die Lichter ausgehen. Deshalb eignet sich das Flex 2 für Intensivnutzer nur bedingt respektive nur, wenn sie im Notfall tagsüber nachtanken können. Außerdem ist der interne Speicher mit netto 6,55 Gigabyte arg mickerig, vor allem angesichts einer Preisempfehlung von strammen 649 Euro ohne Vertrag. Eine Micro-SD-Karte ist daher so gut wie obligatorisch.
Trotzdem könnte das LG für manche Interessenten genau die richtige Wahl darstellen: Denn abgesehen davon, dass die Banane ungewöhnlich aussieht, hat sie aufgrund ihrer Biegung und Flexibilität in der Gesäßtasche beim Hinsetzen deutlich höhere Überlebens-Chancen als reguläre, flache Smartphones. Chronische Handy-Durchsitzer dürften das Flex 2 daher vermutlich schnell in ihr Herz schließen.
Ausstattung 175 von 175
Foto 21 von 25
Video 22 von 25
Musik 23 von 22
Handhabung 217 von 250
gesamt 458 von 500