Handy-Recycling schont die Umwelt und das Portemonnaie
Stand: 18.05.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Hannover - Große Mengen wertvoller Metalle wie Gold, Silber, Palladium, Kupfer oder Kobalt lagern in Deutschlands Haushalten - unbemerkt in alten Handys. "Deutschlandweit liegen geschätzte 85 Millionen Handys in den Schubladen, in Bayern geschätzte 13 Millionen - gestapelt entspricht dies einer Höhe von 400 Eiffeltürmen", erklärte der bayerische Umweltminister Marcel Huber (CSU) Ende April, als rund 10.000 Sammelboxen für alte Handys in Schulen, Behörden und sozialen Einrichtungen des Freistaates aufgestellt wurden. Die zweimonatige Aktion sei die größte, die es je in Deutschland gegeben habe.
"Das Handy ist ein sehr persönlicher Gegenstand", sagt Markus Eckstein von der Fachzeitschrift "connect". Man habe es immer dabei, vielleicht Fotos der Kinder oder Partner darauf gespeichert. Nummern alter Freunde oder aufhebenswerte SMS. "Viele lassen es für später in der Schublade, was ja auch verständlich ist."
Das Problem ist, dass es dann oft für Jahre vergessen wird. "Wenn jeder seine alte Karre einfach auf der Straße stehen lässt, dann müssen alle Rohstoffe für das neue Auto wieder neu gewonnen werden", sagt Eckstein. Weiterverwendung oder Recyceln sei ökologisch sinnvoller.
Daten vor Recycling sicher löschen
Im Laufe der Zeit sammeln sich auf dem Handy zahlreiche Daten an - Telefonnummern, Adressen, persönliche Nachrichten, Bilder. Sie sollen natürlich nicht in falsche Hände geraten. Solche Daten könnten bei jedem Gerät gelöscht werden, sagt Eckstein. Die Funktion sei allerdings oftmals "tief im Einstellungsmenü" versteckt.
"Die Wiederherstellung von Daten ist zwar möglich, aber mit viel Aufwand verbunden", sagt der Experte. "Wenn ich Chef eines börsennotierten Unternehmens wäre, würde ich mir vielleicht Gedanken machen. Aber bei den Sachen, die ich da drauf habe, reicht eine einfache Löschung", sagt Eckstein. Denn beim Weiterverkauf eines Handys werde ohnehin eine neue Software aufgespielt. Und Handyanbieter, die Altgeräte in Zahlung nehmen, hätten kein Interesse daran, dass Daten missbraucht werden. Es würde das Vertrauen der Kunden zerstören.
Recycling lohnt sich
"In Deutschland werden jährlich rund 33 Millionen neue Handys verkauft", sagt Steffen Holzmann von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Nutzungsdauer betrage im Schnitt 18 Monate. Dann seien die meisten Handys noch funktionstüchtig, und für das Recycling ist es deshalb eigentlich noch zu früh. "In dem ökologischen Rucksack, den ein Handy dabei hat, sind nicht nur die Rohstoffe, sondern auch die Energie, die für Produktion und Transport aufgewendet wurde", sagt er. Die gehe aber beim Recycling verloren. Deshalb sei eine möglichst lange Wiederbenutzung ökologischer.
"Wenn man alte Handys in Mengen recycelt, lohnt es sich", sagt Sabine Lemke vom Naturschutzbund (NABU). Eine ganze Tonne Erz müsse in einer Goldmine abgebaut werden, um daraus genug Nuggets für die Produktion von durchschnittlich 41 Handys zu gewinnen. "Ganz zu schweigen vom CO2-Ausstoß der Fabriken, die den Abraum dann durchsieben", sagt sie.
Seit 2006 haben NABU-Mitglieder mit Spendenboxen in Geschäften und Schulen deutschlandweit rund 70.000 Handys gesammelt. "Durch den Erlös konnten 277.000 Euro in die Renaturierung der Havel gesteckt werden", sagt Lemke. Zehn Prozent der alten Mobiltelefone wurden für Ersatzteile ausgeschlachtet, 60 Prozent in speziellen Fabriken geschreddert, die Kunststofffetzen zur Energiegewinnung verbrannt und die Metalle eingeschmolzen. Lediglich 30 Prozent der Handys wurden wiederverkauft.
Nach Ansicht von Steffen Holzmann ist die Quote noch zu gering. Ein Vorstoß der Bundesgrünen im Umweltausschuss, die im März die Einführung eines Handypfands von 10 Euro bei Neukauf eines Gerätes beantragten, geht nach Ansicht des Experten in die falsche Richtung. Dadurch würden die bestehenden Spende-Strukturen gefährdet, ohne dass das Grundproblem angepackt werde. "Die Politik muss Anreize schaffen, dass Handys nicht erst dann zum Alteisen geworfen werden, wenn sie so alt sind, dass niemand sie mehr kaufen möchte", fordert Holzmann.