Gesundheits- und Fitness-Apps gehen in die Hunderttausende
Stand: 17.09.2015
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Berlin - In den vergangenen Jahren ist die Anzahl von Apps für die Bereiche Gesundheit und Fitness sehr groß geworden. Weltweit gibt es in den gesundheitsbezogenen Kategorien Sport, Lifestyle, Ernährung, Medizin oder Gesundheit und Fitness mindestens 380.000 Apps, wie aus einer Studie des Universitätsklinikums Freiburg hervorgeht. Allein in den Kategorien "Gesundheit und Fitness" und "Medizin" der beiden großen App-Stores Google Play und Apple iTunes gibt es demnach mehr als 100.000 Apps.
Welche Apps zum Thema Gesundheit gibt es?
Es gibt Info-Apps wie Ärzte- oder Klinikführer. Fitness-Apps zählen beispielsweise Schritte und sollen dabei helfen, sich fit zu halten, gesünder zu leben oder mit dem Rauchen aufzuhören. Ferner gibt es sogenannte Medizin-Apps für Patienten mit meist chronischen Krankheiten: So können zum Beispiel Diabetiker mit einer Tagebuch-App ihre Blutzuckerwerte besser dokumentieren. Schließlich gibt es Apps, mit denen gesunde Nutzer ihre Bewegungs- oder Ernährungsdaten oder chronisch Kranke ihre Daten aus ihren digitalen Patiententagebüchern mit Therapeuten oder Versicherern teilen.
Warum warnen Verbraucherschützer vor den Apps?
Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff warnt vor Fitness-Apps, weil sie zum Teil "sehr sensible Gesundheitsdaten" von Versicherten an deren Krankenkassen übermitteln. Damit könnten Herzfrequenz, Trainingszustand, Essverhalten oder die komplette Krankengeschichte erhoben werden. Vor allem Kunden privater Krankenkassen sollten nicht unbedacht mit ihren Gesundheitsdaten umgehen, betont sie. Die mit der Offenlegung der Daten verbundenen kurzfristigen, finanziellen Vorteile sollten gegen die langfristigen Gefahren abgewogen werden. Andere Kritiker sehen das Solidaritätsprinzip von Versicherungen in Gefahr. "Wenn wir den Gedanken zu Ende denken, kann das letztlich zu einer Atomisierung des Kollektivs führen", moniert der oberste Versicherungsaufseher bei der Finanzaufsicht Bafin, Felix Hufeld.
Warum richtet sich die Kritik vor allem gegen private Krankenversicherungen?
Gesetzliche Krankenkassen dürfen nicht zwischen gesunden oder kranken Versicherten unterscheiden, ihre Mitglieder sind per Gesetz vor einer unbedachten Preisgabe sensibler Daten geschützt. "Wir dürfen keine Risikoselektion machen, das ist explizit verboten", sagt der Vorstandschef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas. Privatversicherte können der Datenerhebung hingegen vertraglich zustimmen.
Eine wachsende Zahl privater Krankenversicherungen bietet denn auch Apps an, durch die Versicherte Daten etwa über die Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen oder sportliche Aktivitäten übermitteln können. Die Versicherung Generali will - ungeachtet erheblicher Proteste - ab 2016 in Deutschland ein verhaltensbasiertes Versicherungsmodell mit dem Namen Vitality anbieten. Damit sollen vor allem jüngere, technikaffine Kunden mit gesunder Lebensweise Rabatte oder Geschenke erhalten. Der private Krankenversicherer Allianz lehnte hingegen wegen der Unverhältnismäßigkeit der Datenerfassung die Einführung einer Fitness-App ab.
Worauf sollten Verbraucher sonst noch achten?
Zum einen ersetzen Apps nicht den Besuch beim Arzt. Gleichzeitig können Empfehlungen von Ärzten und Pflegekräften oder Erfahrungen anderer Nutzer der App Anhaltspunkte über die Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit einer mobilen Anwendung geben. Angesichts der App-Vielfalt sollten Verbraucher zudem Testberichte oder Empfehlungen seriöser wissenschaftlicher Einrichtungen lesen. Die Freiburger Wissenschaftler empfehlen zudem, nicht nur in den üblichen App-Stores nach Anwendungen zu stöbern, sondern möglichst gezielt mit konkreten Stichworten in Suchmaschinen zu suchen. Ein Qualitätsmerkmal von Apps sei zudem, wenn sie ihre Nutzer zu Feedback animiere, bei Rückfragen, Beanstandungen oder Anregungen einfach erreichbar sei und Sponsoren oder Kooperationspartner offenlege.