Ein Jahr Patent-Krieg und kein Ende in Sicht
Stand: 29.03.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin - Die weltweiten Patent-Klagen in der Mobilfunkbranche sind kaum noch zu überblicken: Apple gegen Samsung, Motorola und HTC, Motorola und Samsung gegen Apple und Microsoft, Kodak gleich gegen alle. Vor einem Jahr lösten mehrere gegenseitige Klagen den lange schwelenden Patentkrieg aus. Deutschland wurde seither zu einer zentralen Konfliktzone. Es vergeht kaum eine Woche, in der Landgerichte in Düsseldorf, Mannheim oder München sich nicht mit Patenten für Funktechniken oder Bildschirmanzeige befassen müssen.
Auch die deutschen Verbraucher haben inzwischen immer wieder die Folgen der Patentkonflikte zu spüren bekommen. Zuletzt immer öfter, da die vor einem Jahr losgetretene Prozesswelle erst mit der Zeit Urteile und Vollstreckungsbescheide anspült. Weil das Mannheimer Landgericht die Verletzung eines Motorola-Patents durch Apple feststellt, konnte man Anfang Februar einen Tag lang einige Modelle von iPhone und iPad hierzulande nicht online kaufen. Das geht jetzt zwar wieder - aber die Vollstreckung des Urteil ist bisher nur vorläufig wegen Apples Berufung gestoppt. Und Motorola hat auch die stationären Apple Stores im Visier.
Wegen eines anderen Motorola-Patents kann Apple keinen Push-Dienst bei seinen Mail-Angeboten in Deutschland anbieten. Auf der Gegenseite musste Samsung die Anzeige von Bildergalerien vereinfachen, weil Apple die Rechte an einem technischen Kniff hält. Seinen iPad-Herausforderer Galaxy Tab 10.1 konnte Samsung seit Sommer vergangenen Jahres monatelang nicht nach Deutschland bringen - Apple setzte mit einem Design-Muster eine Einstweilige Verfügung durch. Nach kosmetischen Änderungen ist das Tablet jetzt als Modell 10.1N auf dem Markt.
Doch das sind alles letztlich nur mehr oder weniger schmerzhafte Nadelstiche. Insgesamt fällt die Bilanz des Jahres für die beteiligten Unternehmen nach viel Aufwand und schätzungsweise hunderten Millionen an Anwaltskosten eher ernüchternd aus. Keinem ist es bisher gelungen, einen Widersacher so in die Knie zu zwingen, dass man ihm die Bedingungen diktieren könnte.
Der Einsatz ist hoch: Das lukrative Geschäft mit Smartphones und Tablets ist in den vergangenen Jahren explosiv gewachsen - und steht doch gerade erst am Anfang. Erst etwa jedes dritte Handy war zuletzt ein Smartphone und in wenigen Jahren dürften kaum noch andere verkauft werden. Vergangenes Jahr wurden zwar dutzende Millionen Tablets verkauft - doch Apple-Chef Tim Cook rechnet damit, dass die flachen Geräte irgendwann die klassischen PCs überholen.
"Wir sind in einer Phase, in der drei Branchen - Software, Hardware und Mobilfunk - zu einer gemeinsamen Giga-Industrie verschmelzen. Und bei solchen Veränderungen stellt sich immer die Frage, nach wessen Spielregeln wird gespielt", sagt der deutsche Patentexperte Florian Müller, der die Streitigkeiten seit Jahren beobachtet. Wer mit eigenen Technologien auftrumpfen kann, könnte bei der Eroberung der noch unerschlossenen Märkte einen großen Vorteil gewinnen.
Apple-Gründer Steve Jobs wusste das. "Junge, haben wir das patentiert", warnte er die Konkurrenz schon 2007 bei der Vorstellung des ersten iPhone, das die Mobilfunkbranche umkrempelte. Schwer erbost war Jobs dann, als er das Google-Betriebssystem Android sah, den heutigen Smartphone-Marktführer. Laut seiner Biografie hielt er es für abgekupfert und versprach einen "Nuklearkrieg" gegen Android, und wenn es ihn seinen letzten Penny kosten sollte.
Jobs starb im Herbst 2011, Android-Hersteller stehen heute noch besonders oft im Visier von Patentklagen. Google ist gerade dabei, für 12,5 Milliarden Dollar das Mobilfunk-Urgestein Motorola zu übernehmen, um das Patentarsenal hinter Android zu stärken. Motorola hält viele grundlegende Patente für Mobilfunk-Technologien und will für eine Lizenz 2,25 Prozent vom Gerätepreis - und dem Vernehmen nach auch einen Zugriff auf Apple-Patente für alle Android-Hersteller.
Am Ende stand in solchen Patentkonflikten meistens eine Einigung. Das räumte zuletzt ein Beteiligter bei einem der Unternehmen ein. Das erwartet auch Patentexperte Müller. Er geht jedoch davon aus, dass am Ende viel wichtiger als ein konkreter Lizenzbetrag pro Gerät die Frage sein wird, wer welche Patente verwenden darf.
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