Bei dreister Telefonabzocke hilft nur eins: Auflegen!
Stand: 02.10.2014
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn
Wiesbaden/Mainz. Nicht nur im Internet treiben Betrüger ihr Unwesen - auch das Telefon ist noch immer ein ebliebtes Instrument, um leichtgläubige Bürger über den Tisch zu ziehen.
"Herzlichen Glückwunsch, Sie haben ein Auto gewonnen!" Die Stimme am Telefon ist freundlich - schon fast überschwänglich. Wie es sich denn so anfühle, ab sofort stolzer Besitzer eines neuen Sportwagens zu sein?
Eine Antwort wartet der smarte Anrufer erst gar nicht ab. Stattdessen schwärmt er in allen Facetten von dem tollen Fahrerlebnis, das der glückliche Gewinner in Kürze haben werde. Zehn Minuten später kommt der Anrufer auf den Punkt: Die neue Karosse müsse überführt werden - und diese Gebühren seien nicht Teil des Gewinns. 500 Euro solle der Neuwagenbesitzer auf ein bestimmtes Konto überweisen, erst danach könne das Auto geliefert werden.
Viele lassen sich überrumpeln
Viele, die einen solchen Anruf erhalten haben, lassen sich überrumpeln. Sie zahlen, obgleich sie sich gar nicht daran erinnern können, überhaupt an einer Gewinnaktion teilgenommen zu haben. In den Besitz des Autos gelangen sie nicht - die Angerufenen sind auf Betrüger hereingefallen, die es nur auf das Geld abgesehen haben.
Mit den unterschiedlichsten Varianten versuchen Gauner, Verbraucher am Telefon abzuzocken. Die Anrufer geben sich als vermeintliche Rechtsanwälte oder Notare aus und wollen so Seriosität vortäuschen. Sie stellen einen tollen Gewinn - entweder einen gigantischen Barbetrag oder einen hochwertigen Sachpreis in Aussicht - und wollen dafür im Voraus Gebühren, Steuern oder andere Kosten bezahlt haben.
Dem BKA sind bislang 322.500 Geschädigte bekannt
Egal, welche Masche angewendet wird: Ein Gewinn existiert nicht, die Angerufenen haben das Nachsehen. Dem Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden sind bislang 322 500 Geschädigte bekannt. BKA-Sprecherin Barbara Hübner geht von einer hohen Dunkelziffer aus. "Der Schaden bei den Fällen, die uns bekannt sind, liegt insgesamt bei knapp 50 Millionen Euro", sagt Hübner.
Immer wieder versuchen Betrüger auch, am Telefon anderen einen Vertrag zur Teilnahme an Gewinnspielen unterzujubeln. Zunächst behaupten sie, der Angerufene habe bislang einen kostenlosen Vertrag gehabt, der aber nun entgeltpflichtig werde. Eine Kündigung sei zwar möglich, aber vorher müssten Daten abgeglichen werden. Der Angerufene wird aufgefordert, Adresse und Bankverbindung preiszugeben.
Viele kommen dem Ansinnen nach - und sind entsetzt darüber, wenige Tage später im Briefkasten eine Zahlungsaufforderung zu finden. Monat für Monat sollen sie 50 Euro zahlen, - für einen Gewinnspielvertrag, dem sie am Telefon definitiv nicht zugestimmt haben. "Ein solcher Vertrag ist allerdings nicht wirksam", erklärt Christian Gollner, Rechtsexperte bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz.
Vertragsabschluss widerrufen und wegen arglistiger Täuschung anfechten
Er verweist auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Nach Paragraph 675 sind Verträge über Gewinnspieldienste nur dann gültig, wenn sie schriftlich, per Fax oder per E-Mail abgeschlossen wurden. "Wer keinem Vertragsangebot zugestimmt hat, sollte schriftlich die Zahlungsaufforderung zurückweisen", sagt Gollner. Dies gelte auch bei Mahnungen von Inkassounternehmen, die sich auf angeblich abgeschlossene Verträge berufen. In dem Brief sollte der Anbieter außerdem aufgefordert werden, nachzuweisen, wie der Vertrag zustande gekommen sein soll. "Rein vorsorglich sollte der Vertragsabschluss auch widerrufen und wegen arglistiger Täuschung angefochten werden."
Wer die Forderung zurückgewiesen hat und trotzdem Mahnungen erhält, sollte sich keineswegs einschüchtern lassen. "Erst wenn ein Gericht einen Mahnbescheid zustellt, müssen Betroffene reagieren und sich innerhalb der zweiwöchigen Widerspruchsfrist Rechtsrat einholen", so Gollner. Opfer von Telefon-Abzocke sollten ihren Fall unbedingt melden. Die Bundesnetzagentur hat die Möglichkeit, Unternehmen für unerlaubte Werbeanrufe mit Bußgeldern zu belegen. Die Verbraucherzentrale rät, Fälle bei der Polizei anzuzeigen.
Betrüger agieren oft aus Callcentern im Ausland
Allerdings ist es nicht immer einfach, die Anbieter dingfest zu machen. "Oft agieren sie von Callcentern aus dem Ausland aus", erklärt BKA-Expertin Hübner. Die Betrüger manipulierten zudem, um ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen, gezielt die eigene Rufnummer - im Ergebnis erscheint auf dem Display des Angerufenen die Telefonnummer aus einer Stadt in Deutschland.
Auch nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums in Berlin gibt es zahllose Beschwerden über betrügerische Telefonate im Gewinnspiel- und Lotteriebereich. Angerufene werden etwa auch mit der Lüge, sie hätten bei einem Gewinnspiel gewonnen, dazu verleitet, maßlos überteuerte Hotlines anzurufen, wie es auf der Internetseite des Ministeriums heißt. Hinter den Hotlines stecken Betrüger, die das Geld für die Telefonate abkassierten.
Abbuchungen beim eigenen Geldinstitut innerhalb von acht Wochen widersprechen
Wer am Telefon seine Bankverbindung preisgegeben hat und später unberechtigte Abbuchungen von seinem Konto feststellt, sollte gegenüber seinem Geldinstitut der Abbuchung widersprechen. "Das ist ohne Angabe von Gründen innerhalb von acht Wochen möglich", erläutert Gollner. Er empfiehlt Verbrauchern, regelmäßig die Kontoauszüge genau zu überprüfen. Sollten bereits mehrere Kandidaten unberechtigt von einem Konto abbuchen, müssen Betroffene davon ausgehen, dass ihre Daten illegal im Umlauf sind. "Dann sollte man gegebenenfalls die Kontonummer wechseln."
Am besten einfach auflegen
Wie man sich am effektivsten gegen Betrugsmaschen am Telefon wehrt? Für Julian Zado, Sprecher im Verbraucherschutzministerium, ist klar: Mit der Preisgabe von persönlichen Daten am Telefon wie Anschrift und vor allem Bankverbindung sollte jeder äußerst zurückhaltend sein. "Am besten ist es", sagt Zado, "man legt einfach auf, wenn jemand einem einen vermeintlich tollen Gewinn am Telefon in Aussicht stellt, obwohl man gar nicht an einem Gewinnspiel teilgenommen hat."