5G-Mobilfunk: Frequenzvergabe im Jahr 2019 war rechtswidrig
Stand: 28.08.2024
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Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln war die 5G-Frequenzvergabe im Jahr 2019 rechtswidrig. Es habe eine massive Einflussnahme durch das BMVI unter dem damaligen Bundesminister Andreas Scheuer und damit einen Verstoß gegen die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur gegeben.
Bundesnetzagentur muss neue Vergabeentscheidung treffen
Im Detail geht es um die Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur vom November 2018 über die Vergabe- und Auktionsregeln für die im Jahr 2019 durchgeführte Versteigerung der für den 5G-Mobilfunk besonders geeigneten Frequenzen in den Bereichen 2 GHz und 3,6 GHz. Die Unrechtmäßigkeit hat das Verwaltungsgericht Köln durch Urteil vom 26. August 2024 entschieden und die Bundesnetzagentur zur Neubescheidung verpflichtet – und zwar den Anträgen der Klägerinnen folgend unter Berücksichtigung einer Diensteanbieterverpflichtung für die Lizenznehmer.
Versteigerung im Jahr 2019 brachte über 6 Milliarden Euro
Für die Zuteilung der genannten Frequenzen ordnete die Bundesnetzagentur vor fünf Jahren ein Vergabeverfahren an und bestimmte, dieses als Versteigerungsverfahren durchzuführen. Die Versteigerung wurde im Jahr 2019 durchgeführt und erzielte Erlöse in Höhe von rund 6,6 Milliarden Euro. Die dabei beschlossenen Vergabebedingungen sahen keine Diensteanbieterverpflichtung für die Lizenznehmer vor.
Rechtswidrige Beeinflussung durchs BMV
Dieses Verhandlungsgebot halten die hier klagenden Diensteanbieterinnen für unzureichend. Sie beantragten bereits im Verfahren vor der Präsidentenkammer eine sogenannte Diensteanbieterverpflichtung. Sie begründeten ihre Klagen mit schwerwiegenden Verfahrens- und Abwägungsfehlern der Präsidentenkammerentscheidung. Das Verfahren sei insbesondere durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unter Leitung des damaligen Bundesministers Scheuer in rechtswidriger Weise beeinflusst worden. Dies ergebe sich aus den Verwaltungsvorgängen des BMVI, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sowie des Bundeskanzleramts, die die Klägerinnen nach erfolgreichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes erhalten hatten.
"Verstoß gegen Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur"
In der Begründung bei der Urteilsverkündung hieß es unter anderem: "Das Gericht ist aber überzeugt, dass die Präsidentenkammer dem massiven Druck von Seiten des BMVI zumindest teilweise nachgegeben hat. Das BMVI versuchte während des gesamten Vergabeverfahrens im Jahr 2018 in erheblicher Weise, auf die Entscheidungen der Präsidentenkammer Einfluss zu nehmen, indem es sich für strengere Versorgungsverpflichtungen einsetzte. […] Die mangelnde Transparenz ließ für die am Vergabeverfahren beteiligten Kreise den Eindruck eines politischen und damit für die Frequenzversteigerung sachwidrigen ‚Nebenverfahrens‘ entstehen. Aus denselben Gründen ist das Gericht überzeugt, dass es im Vergabeverfahren zu einem Verstoß gegen die unionsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur als nationaler Regulierungsbehörde gekommen ist. Dies folgt nicht schon daraus, dass das BMVI die Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur etwa nicht respektierte. Der Verstoß ergibt sich daraus, dass die Bundesnetzagentur ihre Unabhängigkeit nicht ausreichend aktiv geschützt hat, indem sie die ministeriellen Einflussnahmeversuche weder auf Ebene der Ministertreffen noch auf Facharbeitsebene unterbunden hat.
Nach alledem leidet die Präsidentenkammerentscheidung auch an einem materiellen Fehler im Abwägungsvorgang. Da die Forderungen des BMVI teilweise Eingang in die Vergaberegeln gefunden haben, kann die Annahme einer faktischen Vorfestlegung nicht ausgeschlossen werden. Es liegt vielmehr nahe, dass die Präsidentenkammer ihre Entscheidung ohne die massive Einflussnahme durch das BMVI im Einzelnen anders ausgestaltet hätte."