Mahnverfahren
Wenn ein Schuldner eine Rechnung oder Geldforderung nicht bezahlt, muss er damit rechnen, dass der Gläubiger ein Mahnverfahren einleitet. Es gibt zwei Mahnverfahren: das außergerichtliche und das gerichtliche. Je nach Verfahren können unterschiedliche Gebühren anfallen.
- Das außergerichtliche Mahnverfahren
- Das gerichtliche Mahnverfahren: Ablauf, Kosten, Fristen
- Die wichtigsten Unterschiede zwischen Zahlungsaufforderung und Mahnung
- Sonderfall: Das europäische Mahnverfahren
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Das Wichtigste in Kürze
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Für den Ablauf des außergerichtlichen Mahnverfahrens gibt es keine gesetzlichen Vorgaben.
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Eine Zahlungserinnerung stellt ein erstes Schreiben in einem außergerichtlichen Mahnverfahren dar und weist einen Kunden auf eine nicht bezahlte Rechnung hin.
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Es besteht keine Verpflichtung für Selbstständige und Unternehmen, dem Schuldner vor einer Mahnung eine Zahlungserinnerung zu schicken.
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Beim gerichtlichen Mahnverfahren muss der Gläubiger einen schriftlichen Antrag einreichen.
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Nach dem Mahnbescheid hat der Schuldner zwei Wochen Zeit, um Widerspruch einzulegen.
Das außergerichtliche Mahnverfahren
Im Regelfall versuchen Gläubiger zuerst auf außergerichtlichem Weg an ihr Geld zu kommen, wenn der Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht fristgerecht begleicht. Dabei kommt das außergerichtliche Mahnverfahren zum Einsatz, das zuweilen auch als kaufmännisches Mahnverfahren bezeichnet wird.
Gesetzliche Grundlagen
Der Ablauf des außergerichtlichen Mahnverfahrens ist gesetzlich nicht festgelegt. Damit kann der Gläubiger selbst entscheiden, ab welchem Zeitpunkt nach Fälligkeit der Zahlung er dem Schuldner eine Mahnung schickt.
Definiert ist hingegen in § 286 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), ab wann sich ein Schuldner im Zahlungsverzug befindet. Dazu gibt es drei Optionen:
- Wenn die Rechnung nach dem Eintritt der Fälligkeit nicht bezahlt und die erste Mahnung (Zahlungserinnerung) eingetroffen ist, beginnt der Zahlungsverzug.
- Enthält die Rechnung ein konkretes Fälligkeitsdatum, dann beginnt der Zahlungsverzug schon mit dem Fälligkeitstermin, auch wenn der Gläubiger noch keine Mahnung versandt hat. Beispiel: Auf der Rechnung steht "zahlbar bis zum 13.06.2022." anstatt "zahlbar innerhalb von 7 Tagen nach Erhalt der Rechnung".
- Unabhängig von der Einleitung eines außergerichtlichen Mahnverfahrens ist der säumige Schuldner 30 Tage nach Fälligkeit der Rechnung im Zahlungsverzug. Handelt es sich beim Rechnungsempfänger um einen privaten Verbraucher, muss dieser im Rechnungstext auf die 30-Tage-Frist hingewiesen werden.
Die unterschiedlichen Mahnstufen
Beim außergerichtlichen Mahnverfahren gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zum Ablauf. Eingebürgert hat sich folgender Ablauf:
- Wenige Tage nach der Fälligkeit versendet der Gläubiger zunächst eine Zahlungserinnerung per Post oder E-Mail.
- Bleibt in der Folge die Zahlung aus, folgt eine zweite Mahnung.
- Danach folgt ein drittes Mahnschreiben, in dem der Gläubiger die Einleitung gerichtlicher Schritte androht.
In der Praxis variiert nicht nur der Zeitraum bis zum Versand der ersten Mahnung, sondern auch der Abstand zwischen den nachfolgenden Mahnschreiben.
Kosten des außergerichtlichen Mahnverfahrens
Für den Schuldner halten sich die Kosten des außergerichtlichen Mahnverfahrens in Grenzen. Ab dem Beginn des Zahlungsverzugs darf der Gläubiger dem säumigen Zahler als Mahngebühren Verzugszinsen sowie Auslagenersatz in Rechnung stellen.
Das gerichtliche Mahnverfahren
Wenn das außergerichtliche Mahnverfahren nicht zum Erfolg führt, steht dem Inhaber der Geldforderung die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens offen.
Gesetzliche Grundlagen
Der Gläubiger darf das gerichtliche Mahnverfahren einleiten, wenn sich der Schuldner im Zahlungsverzug befindet. Wie das Verfahren abläuft, regelt der Gesetzgeber in § 688 – 703d der Zivilprozessordnung (ZPO).
Ein wichtiger Unterschied zur außergerichtlichen Mahnung besteht darin, dass das gerichtliche Mahnverfahren die Verjährung hemmt. Üblicherweise verjähren Forderungen nämlich drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind. Sind Forderungen schon länger überfällig, kann der Gläubiger somit vermeiden, dass während der Mahnphase seine Ansprüche verjähren.
Zuständigkeit der Gerichte
Maßgebend für die Zuständigkeit des Gerichts ist der Wohn- bzw. Firmensitz des Gläubigers. Die einzelnen Bundesländer haben dafür zentrale Gerichte ernannt, die so genannten Mahngerichte. Wer beispielsweise in Baden-Württemberg ansässig ist, muss sich für die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens an das Amtsgericht Stuttgart wenden. Eine Übersicht über die Zuständigkeiten findet sich auf www.mahngerichte.de, dem gemeinsamen Internetauftritt der deutschen Mahngerichte.
So wird ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet
Der Gläubiger leitet das Verfahren ein, indem er den Antrag beim zuständigen Gericht einreicht. Das kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen:
- Die schriftliche Antragstellung ist nur auf dem offiziellen Vordruck möglich, der im Büro- und Schreibwarenhandel erhältlich ist.
- Das Antragsformular kann der Gläubiger auch online ausfüllen und als PDF-Dokument ausdrucken. Die Mahngerichte haben hierzu unter www.online-mahnantrag.de eine eigene Website eingerichtet. Den unterzeichneten Ausdruck reicht er dann beim Mahngericht ein. Weil die Daten als Barcode verschlüsselt werden, wird diese Variante auch als Barcode-Antrag bezeichnet.
- Wer eine digitale Signatur-Chipkarte mit Lesegerät besitzt, kann den Antrag auf www.online-mahnantrag.de auch komplett online stellen und die Daten elektronisch übermitteln.
- Größere Unternehmen, die eine Vielzahl an Mahnverfahren einleiten müssen, verwenden dafür häufig eine Mahnsoftware, die staatlich zertifiziert ist und direkt mit dem Server des zuständigen Gerichts kommuniziert.
Neben der vollständigen Adresse von Antragsteller und Antragsgegner muss der Antrag weitere Daten wie ursprüngliches Fälligkeitsdatum, Rechnungsnummer und Betrag der offenen Forderung oder die Höhe der bereits aufgelaufenen Verzugszinsen enthalten. Das Gericht prüft die inhaltliche Vollständigkeit des Antrags, aber nicht die Berechtigung der Forderung.
Sind alle Daten vorhanden, rechnet das Gericht die Höhe der Gesamtforderung inklusive Kosten und Gebühren aus und sendet den Mahnbescheid per Post an den Schuldner.
Fristen für den Widerspruch
Nach der Zustellung des Mahnbescheids bleiben dem Antragsgegner zwei Wochen, um Widerspruch einzulegen. Einzureichen ist der Widerspruch schriftlich bei dem Gericht, das den Mahnbescheid verschickt hat. Der Schuldner muss hierfür das Formular, das dem Mahnbescheid beiliegt, verwenden. Ansonsten muss er innerhalb dieser Frist die Forderung begleichen. Widerspricht der Antragsgegner dem Mahnbescheid, bleiben dem Gläubiger zwei Möglichkeiten: Entweder erkennt er den Widerspruch an und verzichtet auf seine Forderung, oder er erhebt Klage, um seinen Anspruch durchzusetzen.
Übergang zum Vollstreckungsbescheid
Wenn der Schuldner die Zwei-Wochen-Frist untätig verstreichen lässt, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Dieser bildet dann die Grundlage für eine anschließende Zwangsvollstreckung. Wichtig für den Antragsteller: Der Antrag auf einen Vollstreckungsbescheid muss innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung des Mahnbescheids gestellt werden, da dieser ansonsten seine Gültigkeit verliert.
Kosten und Gebühren
Zusätzlich zu den Verzugszinsen entstehen weitere Kosten, insbesondere Gerichtsgebühren und gegebenenfalls Anwaltsgebühren. Diese muss der Gläubiger vorstrecken und kann sie vom Schuldner einfordern.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Zahlungsaufforderung und Mahnung
Auch wenn viele Menschen die Begriffe Mahnung und Zahlungserinnerung beziehungsweise Zahlungsaufforderung synonym verwenden: Es gibt entscheidende Unterschiede zwischen den beiden. Anders als das Erinnerungsschreiben enthält eine Mahnung meist eine sehr viel deutlicher vorgetragene Aufforderung, den offenen Rechnungsbetrag zu begleichen. Außerdem können Mahngebühren verhängt werden. Darüber hinaus hat eine Mahnung rechtliche Folgen.
Tipps für die Zahlungserinnerung
Grundsätzlich empfiehlt es sich für jeden Unternehmer, sich bereits frühzeitig mit dem Mahnwesen auseinanderzusetzen. Schließlich kann es immer wieder vorkommen, dass ein Kunde eine Rechnung nicht bezahlt. Folgende Tipps sind hilfreich, wenn es darum geht, auf die eigenen Zahlungsansprüche hinzuweisen:
- Fügen Sie dem Erinnerungsschreiben stets eine Kopie der Originalrechnung bei. Möglicherweise hat die Rechnung den Kunden niemals erreicht, oder er hat sie verlegt.
- Eine Zahlungserinnerung zu verschicken, ist für gewöhnlich erst zwei bis drei Tage nach dem Fälligkeitszeitpunkt sinnvoll. Schließlich benötigen viele Geldinstitute etwas Zeit, um Transaktionen vorzunehmen.
- Versuchen Sie zunächst, den Schuldner per Telefon zu erreichen, um ihn auf den Zahlungsverzug hinzuweisen. Die persönliche Kontaktaufnahme verleiht nicht nur mehr Nachdruck, sondern wird von Kunden häufig auch besser aufgenommen.
Sonderfall: Das europäische Mahnverfahren
Das europäische Mahnverfahren entspricht dem gerichtlichen Mahnverfahren – allerdings mit dem Unterschied, dass es bei grenzüberschreitenden Forderungen innerhalb der EU zum Einsatz kommt. Der Ablauf entspricht im Wesentlichen dem inländischen Mahnverfahren. Für Antragsteller sind die landesweiten Mahngerichte zuständig. Hat der Gläubiger seinen Sitz im Ausland und ist der Schuldner in Deutschland ansässig, läuft das Mahnverfahren über das Amtsgericht Berlin-Wedding.
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