Zinserhöhung in Europa? EZB-Rat Nowotny plädiert dafür
Stand: 17.03.2017
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Düsseldorf/Frankfurt - Ewald Nowotny – ein führendes Mitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) – bringt die Möglichkeit von Zinsanhebungen ins Gespräch. Seiner Ansicht nach müsse diskutiert werden, ob sich das Modell der US-Notenbank (FED) beim Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik "eins zu eins auf Europa übertragen lässt". In den USA wurden die Zinsen erst erhöht, nachdem das Anleihekaufprogramm beendet worden war.
An den Finanzmärkten wurden Nowotnys Aussagen als Hinweis gedeutet, dass die EZB den sogenannten Einlagensatz erhöhen könnte, bevor sie ihr Kaufprogramm für Anleihen beendet hat. Der Einlagensatz liegt derzeit bei minus 0,4 Prozent und gibt an, wie viel Geschäftsbanken für bei der EZB geparktes Geld zahlen müssen. Das Wertpapierkaufprogramm läuft nach derzeitigem Stand noch mindestens bis Ende des Jahres.
Euro so stark wie seit über fünf Wochen nicht
An den Finanzmärkten fielen die Reaktionen im Sinne einer geldpolitischen Straffung aus. Der Euro stieg am Freitagmorgen zwischenzeitlich bis auf 1,0782 US-Dollar und damit auf den höchsten Stand seit über fünf Wochen. In den meisten Euro-Ländern legten die Renditen auf Staatspapiere zu. In Deutschland rentierten 10-jährige Staatsanleihen am Freitag mit bis zu 0,48 Prozent, nach 0,45 Prozent am Vorabend.
Nowotny machte in dem Interview deutlich, dass die EZB nicht alle Zinsen gleichzeitig und im selben Umfang erhöhen müsse. "Die Struktur der Zinssätze muss nicht immer konstant bleiben", sagte das EZB-Ratsmitglied. "Die EZB könnte auch den Einlagenzins früher erhöhen als den Leitzins".
Unterschiedliche Interpretationen
Zuvor hatte bereits die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet, dass im geldpolitischen Rat der Notenbank über eine mögliche Zinserhöhung vor dem Auslaufen des Anleihekaufprogramms diskutiert worden sei.
Experten betonen jedoch, dass die Interpretation einer Anhebung des Einlagensatzes vor Beendigung des Anleihekaufprogramms nicht trivial sei. Lutz Karpowitz von der Commerzbank argumentiert, dass eine Erhöhung des Einlagensatzes die Kreditvergabe stimulieren könnte, also quasi einer geldpolitischen Lockerung gleich käme.
Diskussion über negativen Einlagensatz
Der negative Einlagensatz wird häufig auch als "Strafzins" für Banken bezeichnet. Er gibt an, wie viel Banken für bei der EZB geparktes Geld bezahlen müssen. Infolge des Wertpapierkaufprogramms ist die bei der Notenbank gehaltene sogenannte Überschussliquidität der Geschäftsbanken in den Billionenbereich gestiegen. Der negative Einlagensatz wirke wie eine Steuer für Banken, argumentiert Experte Karpowitz. Diese reichen die Banken demnach an ihre Kunden weiter. Eine Anhebung des Zinssatzes könne daher umgekehrt entlastend wirken und die Kreditvergabe stärken.
Diese Sichtweise ist jedoch umstritten. Viele Ökonomen teilen die Ansicht der EZB, wonach eine Senkung des negativen Einlagensatzes stimulierend wirkt, da Banken dazu animiert werden, Kredite zu vergeben, anstatt überschüssiges Geld lediglich bei der EZB zu parken.