Wirbel um Eurogruppen-Vorsitz: Paris gegen Schäuble
Stand: 30.05.2012
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Paris/Brüssel - Frankreichs neuer Regierungschef Jean-Marc Ayrault hat Vorbehalte gegen Bundesfinanzminister Schäuble als neuen Eurogruppenchef. Gegenüber dem französischen Wochenmagazin "L'Express" sagte Ayrault, das Wirtschaftwachstum habe in Europa politischen Vorrang, der Eurogruppen-Vorsitz werde später diskutiert.
Auf die Frage, ob Bundesfinanzminister Schäuble als Vorsitzender der Euro-Finanzminister vorstellbar sei, sagte Ayrault laut Internetseite des Magazins: "Da sind wir noch nicht. Die Priorität ist das Wachstum, damit die Völker wieder mit Vertrauen in die Zukunft sehen." Ayrault sagte auch, die Menschen seien müde wegen eines "Sparklimas ohne Perspektiven".
Schäuble als Eurogruppenchef umstritten
Der CDU-Politiker Schäuble gilt in der Eurogruppe - zusammen mit seinen Kollegen aus den Niederlanden und Finnland - als Hardliner und klarer Befürworter eines strikten Sparkurses. Er wurde bisher als Favorit für die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker auf dem Brüsseler Topposten gehandelt. Juncker hatte Mitte Mai gesagt, dass sein Mandat am 17. Juli ausläuft. Der luxemburgische Premier führt den Minister-Club seit 2005.
Der Eurogruppenvorsitz ist Teil eines größeren EU-Personalpakets, das wegen der Wahlen in Frankreich seit Monaten blockiert ist. Diplomaten in Brüssel rechnen nicht damit, dass vor Abschluss der französischen Parlamentswahlen am 17. Juni eine Entscheidung fällt.
Juncker wird der Rücktritt verwehrt
Falls sich Deutschland und Frankreich gegenseitig blockierten, müsse Juncker notfalls noch mehrere Monate weiter amtieren, sagte ein hoher EU-Verantwortlicher, der namentlich nicht genannt werden wollte. Frankreich hatte sich bisher zur Personalie Schäuble öffentlich zurückgehalten. So antwortete Staatschef François Hollande beim Nato-Gipfel in Chicago vor gut einer Woche nicht auf entsprechende Fragen.
Zu dem Personalpaket gehört auch die Neubesetzung eines Direktoriumspostens bei der Europäischen Zentralbank und der Präsidentenjob beim neuen ständigen Rettungsfonds für klamme Eurostaaten (ESM). Der Sondergipfel in der vergangenen Woche in Brüssel hatte gezeigt, dass Deutschland und Frankreich in der Frage gemeinsamer Anleihen der Euroländer - der sogenannten Eurobonds - überkreuz liegen. Paris befürwortet die Eurobonds, Berlin lehnt sie strikt ab. Ayrault sagte in dem Interview: "Die Eurobonds, François Hollande hat es gesagt, sind eine Perspektive."