Von der Leyen will Selbstständige zur Altersvorsorge zwingen
Stand: 22.03.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Berlin - Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will von Mitte 2013 an Selbstständige zur Altersvorsorge verpflichten. Das Vorhaben ist Teil des Pakets gegen Altersarmut. Die Reaktionen auf das Vorhaben der CDU-Politikerin sind gemischt.
Mit dem Plan von der Leyens soll auch in Deutschland nach dem Vorbild vieler anderer Länder die Absicherung fürs Alter obligatorisch werden. Das Vorhaben ist Teil des Paketes gegen Altersarmut, zu dem von der Leyen an diesem Donnerstag einen Gesetzentwurf zur Abstimmung mit den anderen Ressorts vorlegen will. Im Mai soll das Kabinett darüber entscheiden.
Selbstständige haben die Wahl, in welcher Form sie sich absichern
Nach den der dpa vorliegenden Eckpunkten für eine Altersvorsorgepflicht Selbstständiger sollen diese die Wahl haben, in welcher Form sie sich absichern: durch Lebensversicherungen, eine private oder die gesetzliche Rentenversicherung oder eine Rürup-Rente. Bei nicht ausreichender Absicherung sollen die Betroffenen automatisch in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden.
Als ausreichende Vorsorge gilt den Eckpunkten zufolge eine Absicherung oberhalb der Grundsicherung im Alter. Diese staatliche Leistung beläuft sich derzeit im Bundesdurchschnitt auf knapp 700 Euro im Monat. Die dafür nötigen Zahlungen bei 45 Beitragsjahren werden mit monatlich 250 bis 300 Euro plus 100 Euro für den Schutz vor Erwerbsminderung angegeben.
Selbstständige sind meist unzureichend abgesichert
Nach Expertenschätzung gibt es in Deutschland rund drei Millionen Selbstständige, die keinen verpflichtenden Alterssicherungssystemen angehören. Wie deren Altersvorsorge aussieht, ist unbekannt. Da nur eine Minderheit von Selbstständigen bislang zur Altersabsicherung verpflichtet sei, berge dies "die Gefahr eines erhöhten Armutsrisikos von Selbstständigen im Alter, sofern diese nicht rechtzeitig und ausreichend Vorsorge betreiben", heißt es im Papier.
Derzeit sind gut zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland selbstständig. Das sind 4,3 Millionen. Davon haben 2,4 Millionen als "Solo-Selbstständige" nur einen Auftraggeber. Sie sind meist nur unzureichend sozial abgesichert. 350 000 Freiberufler wie Ärzte und Rechtsanwälte sind in berufsständischen Versorgungswerken, knapp 600.000 Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung, etwa 170.000 Bauern in landwirtschaftlichen Alterskassen.
Die geplante Regelung soll für alle Selbstständigen gelten, die bei Inkrafttreten des Gesetzes jünger als 30 Jahre sind oder erst dann eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen. Für Selbstständige zwischen 30 und 50 Jahren sind abgeschwächte Regeln vorgesehen. Über 50-Jährige sollen von der Versicherungspflicht befreit sein - ebenso Selbstständige, die weniger als 400 Euro im Monat verdienen. Bei der neuen Vorsorgepflicht sollten die Selbstständigen "die größtmögliche Freiheit" haben.
Verdi plädiert für gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige
Opposition und Gewerkschaften kritisierten, dass die Möglichkeit zur privaten Altersabsicherung die gesetzliche Rentenversicherung schwächt. "Die Probleme werden nicht gelöst, sondern vergrößert", sagte SPD-Bundestagsfraktionsvize Elke Ferner. Der Rentenexperte der Linksfraktion, Matthias Birkwald, warf von der Leyen vor, sie plane für die Versicherungswirtschaft "eine Lizenz zum Rosinenpicken".
Auch die Gewerkschaft Verdi trat dafür ein, Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung abzusichern. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft zeigte sich dagegen erleichtert, dass eine verpflichtende Mitgliedschaft in der Rentenversicherung vom Tisch ist. Der Bundesverband der Freien Berufe sieht in der Wahlfreiheit "das geringere Übel" gegenüber eine Pflichtversicherung in der Rentenkasse.
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