Verbraucherministerin macht Banken bei "Beipackzetteln" Druck
Stand: 15.03.2012
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Berlin - Die Finanzkrise hat das Vertrauen der Bankkunden und Anleger in die Bankenwelt erschüttert. Mit den sogenannten "Beipackzetteln" wollen die Geldinstitute nun der Verunsicherung beikommen. Doch Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht noch Verbesserungsbedarf und erhöht den Druck auf die Institute.
Auch die verpflichtenden "Beipackzettel" als leicht verständliche Kompakt-Information über Finanzprodukte müssten schleunigst besser werden.
Was sind "Beipackzettel"?
Informationsmaterial und Prospekte über ihre Anlage-Palette haben Banken und Sparkassen reichlich. Allerdings gehen die Darstellungen bunt durcheinander und haben naturgemäß ein großes Ziel: Das Produkt soll verkauft werden. Seit 1. Juli 2011 ist deswegen ein zusätzliches "Produktinformationsblatt" Pflicht. Auf maximal zwei bis drei Seiten soll es wie ein "Beipackzettel" bei Medikamenten kurz, verständlich und werbefrei zusammenfassen, wie Sparpläne oder Fonds funktionieren, was sie kosten und wie riskant die Anlage ist. Die großen Ziele: Mehr Verständlichkeit, Vergleichbarkeit und Transparenz im Markt.
Wie gut sind die Info-Blätter?
Das Urteil der Ministerin fällt nicht schmeichelhaft aus. Es gebe "erheblichen Verbesserungsbedarf", mahnt Aigner. Dabei hätten die Institute genug Vorbereitungszeit gehabt. Eine genauere Analyse von 86 Info-Blättern im Auftrag ihres Hauses deckte "gravierende Mängel" auf: Wegen schwammiger Formulierungen wurden 60 Prozent der Zettel zu komplexen Produkten als "nicht verständlich" eingestuft. Das Risiko eines Totalverlusts wurde zum Beispiel auch als "Bonitätsrisiko" oder "dauernde Zahlungsunfähigkeit des Emittenten" bezeichnet. Komplette Angaben zu den Kosten der Kunden machte nur jedes vierte Blatt. Oft fand sich auch die unzulässige Floskel: "Alle Angaben ohne Gewähr".
Was sagt die Bankenbranche?
Transparente und verständliche Information sei ein wichtiges Anliegen, betont die Deutsche Kreditwirtschaft als Dachorganisation der privaten Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Dafür hätten sich die Info-Blätter im Alltag bewährt. Vor zwei Jahren hatte sich die rivalisierende Branche auf einen freiwilligen Standard zur Gliederung der "Beipackzettel" geeinigt, den die Aufsichtsbehörde BaFin auch anerkannt habe. Für konstruktive Vorschläge sei man aber natürlich aufgeschlossen.
Wie geht es weiter?
Noch im März will Aigner Bankenbranche und Verbraucherschützer an einen Tisch holen - und setzt für freiwillige Verbesserungen gleich eine Frist. "Im Laufe des Jahres" müssten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Sonst droht doch noch eine Rechtsverordnung, um den Inhalt der Blätter genauer vorzuschreiben. Die Verbraucherzentralen mahnen solche Standards schon seit langem an. Hinzuziehen will Aigner auch die Stiftung Warentest, der die schwarz-gelbe Koalition gerade einen Aufschlag von 1,5 Millionen Euro im Jahr zusagte. Als "eine der ersten Aufgaben" soll sie die Beipackzettel-Praxis prüfen.
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