US-Notenbank dreht vorerst nicht an der Zinsschraube
Stand: 28.07.2016
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Washington - Die US-Notenbank Fed behält ihre Geldpolitik bei und lässt die Zinsen unverändert. Hinweise zum genauen Zeitpunkt einer möglichen Zinsanhebung gab sich nicht. Zur wirtschaftlichen Entwicklung in den USA zeigten sich die Währungshüter allerdings etwas optimistischer als zuletzt. "Die kurzfristigen Risiken für den wirtschaftlichen Ausblick haben sich verringert", hieß es in der Stellungnahme zum Zinsentscheid. Ihren Leitzins hatte die Notenbank am Mittwoch wie erwartet in einer Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent belassen.
Klare Hinweise auf den genauen Zeitpunkt einer möglichen Zinsanhebung gaben die Währungshüter nicht. Sie wiederholten die bereits in der Vergangenheit mehrfach getroffene Aussage, dass die wirtschaftliche Entwicklung lediglich "graduelle" Zinsanhebungen zulasse.
Ein Fed-Mitglied war für Zinsanhebung
Die Entscheidung, nicht an der Zinsschraube zu drehen, fiel laut der Stellungnahme nicht einstimmig. Mit Esther George, Präsidentin der Regionalen Notenbank von Kansas, hatte sich eine Notenbankerin für eine Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte ausgesprochen.
Die Wirtschaft expandiere moderat, hieß es in der Stellungnahme. Die Lage am Arbeitsmarkt habe sich verbessert und mittelfristig sei zu erwarten, dass sich die Inflation in Richtung des Zielwerts von zwei Prozent bewegen werde. Diese Aussagen klingen optimistischer als Äußerungen nach vorangegangenen Sitzungen.
An den Kapitalmärkten gab es zunächst keine eindeutige Reaktion auf die Zinsentscheidung. Im weiteren Handelsverlauf gab jedoch der Kurs des US-Dollar im Verhältnis zum Euro nach. Im Gegenzug stieg die Gemeinschaftswährung auf ihr Tageshoch von 1,1065 Dollar. Am amerikanischen Rentenmarkt gaben die Renditen nach und am US-Aktienmarkt stiegen die Kurse moderat. Diese Marktreaktionen sprechen dafür, dass die Anleger die Wahrscheinlichkeit baldiger Zinsanhebungen als etwas geringer einschätzen als zuvor.
Experten: Zinsanhebung im September möglich
Eine Reihe von Experten interpretieren die Signale der Fed jedoch anders als der Markt. Sie sehen aufgrund der Aussagen der Notenbanker zur Wirtschaft eine baldige Zinsanhebung wieder als etwas wahrscheinlicher an. "Eine Zinserhöhung durch die Federal Reserve im September erscheint wieder möglich, auch wenn die Wahrscheinlichkeit hierfür noch sehr gering ist", sagt Michael Metcalfe, Experte beim Finanzdienstleister State Street.
Auch bei der Commerzbank heißt es, die etwas optimistischeren Worte der Währungshüter könnten darauf hinweisen, dass die Notenbanker auf eine Zinsanhebung bei der kommenden Sitzung im September vorbereitet seien.
Kein Wort zu Brexit-Sorgen
Allerdings warnt Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner davor, den Aussagen in der Stellungnahme zu viel Gewicht beizumessen. Es sei stattdessen ratsam, die Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls in den kommenden Wochen abzuwarten und sich mehr auf die Konjunkturdaten als auf die Worte der Fed-Mitglieder zu konzentrieren.
Die optimistischere Stellungnahme der Fed sei auch vor dem Hintergrund des Brexit-Votums bemerkenswert, meint Paul Ashworth, US-Chefökonom beim Londoner Analysehaus Capital Economics. Allerdings habe sich seither die Widerstandsfähigkeit der Finanzmärkte gezeigt und somit seien Sorgen gedämpft worden, das Votum könne zu einem globalen Finanzkollaps führen.
Fünftes Mal in Folge keine Zinsanhebung
Für Jens Klatt vom Händler JFD Brokers war es überraschend, dass die Fed mögliche Risiken durch das Brexit-Votum überhaupt nicht erwähnt habe. "Alles in allem liest sich das Statement so, dass weitere Zinsschritte in 2016 noch nicht vollständig vom Tisch sind und wir uns für Klarheit bis zur Sitzung im September gedulden müssen." Dann aber werde die Fed Farbe bekennen müssen und der Markt dürfte erfahren, ob es zumindest noch eine Zinsanhebung in diesem Jahr gibt.
Die Währungshüter hatten am Mittwoch zum fünften Mal in Folge den Zins unangetastet gelassen. Mitte Dezember hatte die Notenbank erstmals seit der Finanzkrise den Leitzins angehoben. Dieser hatte zuvor seit Ende 2008 - also kurz nachdem die weltweite Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht hatte - in der Spanne zwischen null und 0,25 Prozent gelegen.