Troika gewährt Portugal mehr Zeit für Haushaltssanierung
Stand: 12.09.2012
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Lissabon - Die Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) gewährt dem von der Krise gebeutelten Euroland Portugal ein Jahr mehr Zeit, um seinen Haushalt in Ordnung zu bringen. Zum Abschluss ihres fünften Kontrollbesuchs teilte die Troika mit, dass das Sanierungsprogramm Portugals "im Großen und Ganzen auf gutem Wege" sei.
Das Ziel des von der Europäischen Union (EU) erlaubten Haushaltsdefizits von höchstens drei Prozent der Wirtschaftsleistung sei in Übereinkommen mit den internationalen Geldgebern auf 2014 verschoben worden, sagte Finanzminister Vitor Gaspar am Dienstag in Lissabon.
Die Exporte hätten sich nach Einschätzung der Troika besser als erwartet entwickelt, der Abbau des Außendefizits gehe schnell voran. Unter anderem die höhere Arbeitslosigkeit und das niedrigere verfügbare Einkommen lasteten aber auf das Steuereinkommen, hieß es.
Hilfsprogramm wird unverändert beibehalten
Vor dem Hintergrund dieser Probleme gab Gaspar am Dienstag neue Sanierungsmaßnahmen für 2013 bekannt. Man wolle unter anderem das Privatisierungsprogramm erweitern und bei der Einkommenssteuer neue Stufen einführen. Außerdem werde man die Kapitalertragssteuer und die Immobiliensteuer im Falle von Häusern und Wohnungen im Wert von über einer Million Euro erhöhen, sagte er. Das Hilfsprogramm der Troika werde unterdessen unverändert beibehalten, so der Minister.
Für das laufende Jahr sei das Defizitziel von 4,5 auf 5,0 Prozent gelockert worden, für 2013 seien nun 4,5 (statt 3,0) Prozent erlaubt, und 2014 wolle man ein Minus von höchstens 2,5 Prozent erzielen, teilte Gaspar mit. Trotz jüngster Rückschläge habe die Troika die Sanierungsbemühungen der Mitte-Rechts-Regierung von Pedro Passos Coelho gewürdigt und von "signifikanten Fortschritten" gesprochen.
Haushaltsdefizitziel nicht erreichbar
Portugal, das seit 2011 am internationalen Finanztropf hängt, hatte bisher bei der Sanierung der Staatsfinanzen Erfolg. Vor zwei Wochen hatte das Finanzministerium allerdings eingeräumt, man werde wegen eines Einbruchs der Steuereinnahmen in Folge der Rezession das für 2012 festgelegte Haushaltsdefizit-Ziel ohne zusätzliche Sparmaßnahmen nicht mehr erreichen. Zudem waren Verzögerungen bei der Verwirklichung der zugesagten Strukturreformen registriert worden.
Erst am Freitag hatte Passos Coelho neue umstrittene Maßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen bekanntgegeben. Lissabon wird unter anderem 2013 die Sozialversicherungsabgabe der Arbeitnehmer von 11 auf 18 Prozent erhöhen und zur Bekämpfung der Rekordarbeitslosigkeit von 15,7 Prozent im Gegenzug den Beitrag der Arbeitgeber von 23,75 auf 18 Prozent senken. Die bereits für 2012 beschlossenen Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts für Rentner des privaten Sektors und des öffentlichen Dienstes gilt zudem auch für 2013, die Beamtem müssen im kommenden Jahr auf ein Monatsgehalt verzichten.
Neue Tranche von 4,3 Milliarden Euro auf dem Weg
Die Vertreter der Troika waren seit Ende August in Lissabon. Mit dem neuen Abkommen wird der Weg frei für die Überweisung einer neuen Tranche des 78-Milliarden-Euro-Hilfspakets in Höhe von 4,3 Milliarden frei. EU und IWF griffen dem Schuldensünder bislang mit 57,1 Milliarden Euro unter die Arme. 2011 hatte Lissabon das Sparziel mit einem Haushaltsdefizit von 4,2 Prozent deutlich übertroffen. Im Zuge der Sparmaßnahmen wird aber die Wirtschaft 2012 nach 1,6 Prozent im vergangenen Jahr um weitere drei Prozent schrumpfen.
Die angekündigten Maßnahmen lösten unterdessen eine Welle der Empörung aus. Der größte Gewerkschaftsdachverband CGTP teilte mit, man werde am Mittwoch die Einberufung eines Generalstreiks erörtern. Der sozialistische Oppositionsführer António Seguro beantragte eine Dringlichkeitssitzung bei Staatspräsident Anibal Cavaco Silva.