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Tages- und Festgeld im Jahr 2024: Katerstimmung nach historischer Zins-Rallye

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox

Heidelberg. Nach der historischen Rallye in den vorangegangenen anderthalb Jahren brachte das Jahr 2024 für Sparer vor allem sinkende Zinsen. Zweijähriges Festgeld bringt aktuell durchschnittlich 2,27 Prozent Zinsen – und damit mehr als einen vollen Prozentpunkt weniger als auf dem vorläufigen Höchststand im November 2023 (3,39 Prozent). Auch beim Tagesgeld sind die Zinsen zuletzt kontinuierlich gesunken und liegen aktuell im Schnitt bei 1,6 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Vergleichsportals Verivox.

Seit November 2023 sinken die Festgeldzinsen

"Nach einer rauschenden Party herrscht beim Aufwachen oft Katerstimmung. So war es in diesem Jahr auch bei den Zinsen", sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen für Tagesgeld und Festgeld seit Sommer 2022 mit einer historisch beispiellosen Serie von zehn Leitzinserhöhungen in Folge in Rekordgeschwindigkeit in die Höhe getrieben hatte, ging es in diesem Jahr wieder abwärts. Bundesweit verfügbare Festgeldangebote mit zwei Jahren Laufzeit bringen im Schnitt aktuell 2,27 Prozent Zinsen. Auf ihrem Höhepunkt im November 2023 standen die Zinsen noch bei 3,39 Prozent. Seitdem ging es nur noch nach unten.

Talsohle noch nicht erreicht

Seit Sommer 2023 bringen langlaufende Festgelder weniger Zinsen als Anlagen mit kürzeren Laufzeiten. Eine solche sogenannte inverse Zinsstruktur ist ein Zeichen dafür, dass die Mehrheit der Banken auch für die Zukunft sinkende Zinsen erwartet. Allerdings schwächt sich diese Erwartung der Marktteilnehmer ab. Der Zinsabstand zwischen kurz- und langfristigen Festgeldern ist aktuell so niedrig wie noch nie in diesem Jahr.

"Wir nähern uns dem Normalzustand, in dem Sparerinnen und Sparer für Anlagen mit langen Laufzeiten wieder höhere Zinsen erhalten als für Festgelder mit kurzer Laufzeit", sagt Oliver Maier. "Bis es so weit ist, dürften die Zinsen erst einmal weiter sinken. Die Talsohle rückt näher, ist aber noch nicht ganz erreicht."

Tagesgeldzinsen auf tiefstem Stand seit über einem Jahr

Beim Tagesgeld setzte die Zinswende nach unten etwas später als beim Festgeld ein. Bis zum März dieses Jahres stiegen die Tagesgeldzinsen und hielten sich dann für einige Monate auf einem Niveau von etwa 1,75 Prozent. Doch seit der ersten Leitzinssenkung im Juni geht es auch bei den Zinsen für täglich fällige Einlagen kontinuierlich abwärts. Aktuell bringen bundesweit verfügbare Tagesgeldangebote im Marktdurchschnitt 1,6 Prozent.

"Anders als beim Festgeld müssen Banken die erwartete Zinsentwicklung beim Tagesgeld nicht vorab einpreisen, sondern können jederzeit auf veränderte Marktbedingungen reagieren und die Konditionen ihrer Angebote entsprechend anpassen", erklärt Oliver Maier. "Darum ist es ganz normal, dass sich eine veränderte Zinsentwicklung zuerst beim Festgeld abzeichnet und die Tagesgeldzinsen zeitverzögert nachlaufen."

Viele Regionalbanken zahlen bis heute kaum Zinsen

Auch nachdem die EZB mit ihrer ersten Leitzinserhöhung im Sommer 2022 die Ära der Negativzinsen beendet hatte und die Zinsen in den Folgemonaten immer weiter anhob, dauerte es länger, bis die steigenden Zinsen bei den Tagesgeldanlegern ankamen. Die bis dahin weit verbreiteten Negativzinsen für Sparer verschwanden nach der Zinswende zwar schnell aus den Preisaushängen. Doch auf eine positive Verzinsung in nennenswerter Höhe mussten insbesondere die Kunden von Sparkassen und Volksbanken lange warten.

In diesem März befand sich der EZB-Einlagezins schon fast ein halbes Jahr lang auf seinem historischen Höchststand von 4 Prozent, doch nicht einmal bei einem Viertel aller regionalen Kreditinstitute erreichte der Zinssatz auf dem Tagesgeldkonto auch nur die Marke von 1 Prozent. Bis heute zahlen die Sparkassen (0,56 Prozent) und die regionalen Genossenschaftsbanken (0,57 Prozent) im Marktdurchschnitt deutlich niedrigere Zinsen als überregionale Banken (1,6 Prozent).

Wer höhere Zinsen will, muss wechseln

"An vielen Sparerinnen und Sparern ist die Zins-Rallye komplett vorbeigelaufen. Wer bei der Hausbank bislang kaum Zinsen bekommt, kann angesichts der aktuellen Marktlage auch in Zukunft kaum noch mit größeren Sprüngen rechnen", sagt Oliver Maier. "Die beste Chance auf lukrativere Erträge haben Betroffene mit einem Bankwechsel."

Das Gute: Bei den meisten Anbietern im Spitzenbereich des Marktes können Sparer Tagesgeld anlegen, ohne gleich komplett die Bank zu wechseln. Sie können also mit ihrem Girokonto bei ihrer Hausbank bleiben und sich für ihre Tagesgeldanlagen trotzdem höhere Zinsen sichern.

Zinsen dürften vorerst weiter sinken

Verivox rechnet damit, dass die EZB ihren Einlagezins im kommenden Jahr weiter Schritt für Schritt senken wird. "Konjunktursorgen und angespannte Staatsfinanzen in wichtigen Ländern der Euro-Zone setzen die Währungshüter unter Zugzwang", sagt Oliver Maier. "Solange die Inflation im Euroraum auf einem Niveau um 2 Prozent verharrt, haben die Notenbanker auch Spielraum für weitere Leitzinssenkungen."

Mehrere Ökonomen prognostizieren, dass der Einlagezins 2025 auf ein Niveau von etwa 2 Prozent sinken könnte. Allerdings gibt es bei allen mittelfristigen Ausblicken eine schwer berechenbare Variable, wie Oliver Maier erklärt: "Noch ist unklar, welchen Einfluss die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten auf die Verbraucherpreise haben wird. Sollten nach Trumps Amtsantritt Handelskonflikte mit Zöllen und Gegenzöllen ausbrechen, könnte die Inflation im Euroraum wieder anziehen. Bei einer erstarkenden Teuerung hätte die EZB bei künftigen Entscheidungen weniger Spielraum für weitere Leitzinssenkungen."

Methodik

Verivox analysiert fortlaufend die aktuellen Tages- und Festgeldzinsen von rund 800 Banken und Sparkassen. Berücksichtigt werden dabei alle Kreditinstitute, die ihre Konditionen frei zugänglich im Internet veröffentlichen. Ausgewertet werden die angebotenen Zinssätze für eine Anlagesumme von 10.000 Euro. Der Durchschnittszins beim Tagesgeld basiert auf den unbefristeten Bestandskundenzinsen der untersuchten Banken und Sparkassen. Befristete Aktionszinsen für Neukunden oder neu angelegtes Geld bleiben unberücksichtigt. Aktueller Auswertungsstand ist der 27.12.2024.

Im regionalen Sektor wird unterschieden zwischen Sparkassen und regionalen Genossenschaftsbanken, also den örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie den PSD- und Sparda-Banken. In beiden Institutsgruppen gibt es einzelne Häuser, die ihre Sparprodukte deutschlandweit anbieten und deshalb den überregionalen Banken zugeordnet wurden.