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So könnte ein europäisches Sparbuch aussehen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Brüssel - Europas Sparer erhalten kaum noch Zinsen für ihr Erspartes - und gleichzeitig bekommen kleine Firmen zu selten Kredit. Beides sind Folgen der Finanzkrise. Nun will die EU-Kommission diese Probleme auf einen Schlag angehen. Ihr Gegenmittel heißt: Ein neues EU-Sparbuch für Europas Bürger. Es soll Kleinsparer mit höheren Zinsen anlocken, als üblicherweise bei Geschäftsbanken zu bekommen sind. Das eingesammelte Geld soll nach den Plänen für Investitionen von Unternehmen zur Verfügung stehen. Was wie eine gute Nachricht für Sparer klingt, sehen die Banken als Gefahr für ihr Geschäftsmodell.

Was plant die EU-Kommission?

Ein Sonder-Sparkonto. Europas Bürger könnten ihr Geld auf ein - nach der EU-Farbe - "blaues Sparbuch" einzahlen. Dieses könnte nach den Worten von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier "auch steuerlich begünstigt sein, um ein Zeichen des Vertrauens zu setzen." Das Sparkonto soll eventuell auch eine bestimmte Rendite europaweit garantieren. Anbieter wären Förder- oder Investitionsbanken wie etwa die Europäische Investitionsbank EIB.

Wie soll das konkret aussehen?

Das weiß bisher niemand; Details sind nicht bekannt. In ihrer 19 Seiten langen Mitteilung beschreibt die Brüsseler Kommission ihre Idee lediglich auf 12 Zeilen. Das Papier nennt das EU-Sparkonto als eine von mehreren Möglichkeiten, um mehr Gelder für Investitionen von Unternehmen aufzutreiben. Bis Jahresende will die EU-Behörde einen Gesetzesvorschlag präsentieren. Man müsse nun "Gesichtspunkte wie Verzinsungssätze, nationale Einlagensicherung, Komplementarität mit bestehenden nationalen Programmen, Entgegennahme von Spargeldern und Kriterien für die Kreditvergabe" berücksichtigen, heißt es.

Was passiert mit dem eingesammelten Geld?

Es soll in Form von Krediten an Mittelständler gehen, um deren Finanzierung zu sichern. Die EU will es auch für den Ausbau der Infrastruktur oder für Großprojekte wie Straßen oder Krankenhäuser einsetzen.

Dürften die Pläne überhaupt Realität werden?

Das ist völlig offen. Zunächst einmal will die EU-Kommission bis Jahresende einen konkreten Vorschlag vorlegen, der dann grünes Licht von den EU-Staaten und dem Europaparlament benötigt. Dieser Prozess dauert in der Regel zwei Jahre. Zudem nimmt nach den Europawahlen im Mai eine neue EU-Kommission mit anderer Besetzung ihre Arbeit auf - ob sie die Idee weiterverfolgt, ist unklar.

Welche Vorteile hätte der Verbraucher von einem EU-Sparbuch?

Sparer dürften sich über Zinsen freuen, die etwas höher als bei Geschäftsbanken liegen könnten. Denn damit Kleinsparer ihr Geld wirklich für Unternehmen zur Verfügung stellen, müsste Brüssel die Renditen wohl mit Subventionen aufbessern. Gerade für Sparer in Ländern mit Niedrigzinsen wäre dies interessant.

Und welches Risiko bestünde für Sparer?

Bei einer festen Zweckbindung würden sie Risiken übernehmen, die ansonsten die Banken tragen. Ob die Anleger wirklich so risikobereit sind, ist unklar. Experten rätseln zudem, wie die EU eine bestimmte Rendite garantieren will. Dies könnte etwa durch Gelder aus dem europäischen Haushalt erfolgen, was aber sehr umstritten ist.

Gibt es solche Sonder-Sparkonten denn schon?

Ja. Barnier verwies auf Italien, Frankreich, Deutschland und andere Länder: "Da gibt es solch nationale Sparbücher." Für Deutschland zählt die EU-Kommission deutsche Bausparverträge dazu. Das direkte Vorbild ist aber das französische Livret A. Dieses garantiert eine staatlich fixierte Rendite und die Zinserträge sind bis zu einer bestimmten Anlagesumme steuerfrei. Das Ersparte geht an staatliche Sparkassen, die damit kleine Firmen oder staatliche Projekte fördern.

Warum sind die Banken gegen ein europäisches Sparbuch?

Weil sie um ihr Geschäft fürchten. Ihr Argument lautet: Das Geld, das auf solch ein neues Sparbuch fließe, würde den Banken fehlen. "Kunden könnten ihr Geld von den Banken abziehen", warnt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, fordert: "Wir erwarten, dass Brüssel dem Erfolgsmodell der lokal und regional geprägten Hausbanken stärker Rechnung trägt, und zwar durch eine differenzierte Regulierung."