Scala-Verträge: Umstrittene Geldanlage beschäftigt Gericht
Stand: 31.03.2014
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Ulm - Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und ein Anwalt stören sich am Verhalten der Ulmer Sparkasse. Weil sich rund 4.000 Sparer von der Bank nicht aus lukrativen Scala-Verträgen locken lassen wollen, droht ihnen die Kündigung. Das Landgericht Ulm will am Montag in zwei getrennten Verhandlungen die Anliegen der Verbraucherschützer und des Rechtsanwalts, der 15 Scala-Sparer vertritt, klären.
Worum geht es in den Verhandlungen?
Zwischen den Jahren 1993 und 2005 hat die Ulmer Sparkasse rund 28.000 sogenannte Scala-Sparverträge mit ihren Kunden abgeschlossen. Diese Verträge will die Bank nun loswerden und versucht, die Sparer mit Alternativangeboten aus den Verträgen zu locken. Ein Großteil der Kunden ist darauf bereits eingegangen. Doch etwa 4.000 Kunden leisten Widerstand. Ihnen droht deshalb die Kündigung.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sieht dies kritisch. Sie ist der Auffassung, dass die Bank die Verträge nicht einfach kündigen darf. Deshalb haben die Verbraucherschützer beim Landgericht Ulm eine Unterlassungsklage eingereicht. Laut Verbraucherzentrale soll der Sparkasse gerichtlich untersagt werden, sich weiter auf ein Kündigungsrecht in ihren Geschäftsbedingungen zu berufen. In einer ersten Verhandlung wird sich das Gericht damit befassen.
Ein Rechtsanwalt will in einer zweiten Verhandlung prüfen lassen, ob die Ulmer Sparkasse eine Erhöhung der monatlichen Sparraten zu Recht verweigerte. Außerdem will er vom Gericht die Frage geklärt wissen, ob die Sparkasse die Scala-Verträge ordentlich kündigen kann.
Warum will die Sparkasse die Kunden dazu bringen, die Verträge aufzugeben?
In Zeiten niedriger Zinsen haben sich die Scala-Verträge zu einer Last für die Ulmer Sparkasse entwickelt - die sie nun loswerden möchte. In den 1990er Jahren, zu Zeiten vergleichsweiser hoher Zinssätze, waren die Konditionen der Scala-Verträge aus Sicht der Bank noch wenig attraktiv. Heute ist das anders, aktuell sind die Zinsen sehr niedrig. Der Leitzins im Euroraum steht gerade auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent. Weil die Bank ihren Kunden bezogen auf das alte, höhere Zinsniveau immer mehr hätte auszahlen müssen, sah sie sich in ihrer Kreditvergabe gefährdet.
Wann und zu welchen Konditionen wurden die Scala-Verträge angeboten?
Die Sparkasse Ulm hatte ihren Kunden von 1993 bis 2005 Sparverträge mit monatlichen Einzahlungen und einer Laufzeit von bis zu 25 Jahren angeboten. Zusätzlich zum aktuellen Grundzins erhalten die Sparer stufenweise steigende Bonuszinsen. Nach 20 Jahren liegt der Aufschlag bei einem Höchstwert von 3,5 Prozent. Zudem können die Kunden die monatlichen Raten auf bis zu 2.500 Euro erhöhen, jederzeit beliebige Summen abheben, die Sparraten aussetzen oder den Vertrag kündigen.
Wie viele Scala-Verträge sind derzeit noch offen?
Von ehemals 28.000 Scala-Verträgen sind noch rund 8.000 übrig. Davon ist nach Angaben eines Sprechers der Sparkasse Ulm etwa die Hälfte stillgelegt oder mit Kleinstbeträgen bestückt. Diese würden von der Sparkasse nicht angerührt. Den Inhabern der anderen Hälfte habe das Geldinstitut ein Alternativangebot unterbreitet. Sie hätten ihren Scala-Vertrag bislang nicht gegen einen alternativen getauscht.
Welche Alternativen hat die Sparkasse den Sparern angeboten?
Die Bank hat in neuen Konditionen den Scala-Sparern für eine Laufzeit von maximal sieben Jahren Zinsen zwischen 2,0 und 3,75 Prozent angeboten. Kritiker halten die Alternativen für deutlich weniger attraktiv als die Konditionen der Scala-Verträge: Zum Teil gibt es keine monatlichen Einzahlungsmöglichkeiten. Zudem ist die Verfügung über das Guthaben nur eingeschränkt oder gar nicht möglich.
Stehen weitere Klagen an?
Der Rechtsanwalt hat vor wenigen Tagen die Frage aufgeworfen, ob die Sparkasse Ulm den variablen Grundzins zu den Scala-Verträgen zutreffend berechnet und festgesetzt hat. Er will seine Klage zu dieser Frage erweitern. Wann sich das Gericht damit beschäftigen wird, ist noch unklar. Möglicherweise könnte die Sparkasse zu einer Neuberechnung der Zinsen verurteilt werden. Sollte dies der Fall sein, ist nach Angaben des Anwalts zu erwarten, dass die Sparkasse Zinsgutschriften für die Vergangenheit leisten muss.