Reiche werden immer reicher
Stand: 22.09.2016
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Frankfurt - Die Vermögensverhältnisse der westlichen Welt sind nach wie vor ungleich verteilt und die Schere zwischen arm und reich geht weiter auseinander. Das wirkt sich auch auf das Sparverhalten der Menschen aus. Geringverdiener trauen sich nicht an Aktien, Fonds und Co. heran – Vermögende schon. Reiche werden durch ihre Investments immer reicher, während weniger Vermögende sich mit den Minizinsen anderer Sparanlagen abfinden. Das geht aus einer Studie der Allianz hervor.
Nimmt die Konzentration in den Händen der Wohlhabenden also auch aufgrund der Zinsentwicklung immer weiter zu? Die Allianz jedenfalls ist da skeptisch. "Unsere Daten erlauben nicht den Schluss, dass die Kluft zwischen Arm und Reich global und im Euroraum insgesamt größer geworden wäre", sagt Chefvolkswirt Michael Heise. Deutschland weist der Studie zufolge in Verteilungsfragen seit dem Jahr 2000 eine Stabilität ohne große Veränderungen auf. Etwa 40 Prozent des Netto-Geldvermögens entfallen danach auf die Vermögensmittelklasse - Menschen mit Ersparnissen zwischen 7000 und 42 000 Euro nach Abzug der Schulden. Das ist aber nur die Lage hierzulande. In den Euro-Ländern Italien, Irland und Griechenland sowie in den USA, Japan und Großbritannien halte die Mittelklasse dagegen immer weniger am Gesamtvermögen. Die Allianz spricht von einem "schleichenden Prozess der Auszehrung der Mitte". Weltweit wächst dagegen die Mittelklasse - angetrieben vor allem von der Entwicklung in Asien.
Wachsende Unzufriedenheit der breiten Bevölkerung
Zugleich werden die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung im Euroraum der Studie zufolge immer reicher. Die Ballung immer größeren Reichtums in der Hand weniger "führt zu einer wachsenden Unzufriedenheit in der breiten Bevölkerung - das Votum der Briten, die EU zu verlassen, sollte auch vor diesem Hintergrund gesehen werden", argumentieren die Autoren des "Global Wealth Reports". Das Geld vieler Reicher steckt oft zum größeren Teil in Aktien und anderen Wertpapieren. Sie profitieren auf diese Weise von der beispiellosen Geldschwemme der großen Notenbanken der Welt, die die Kurse an den Finanzmärkten antreibt. Der deutsche Leitindex Dax etwa legte seit November 2011 um weit über 60 Prozent zu. Die Mehrheit der als eher börsenscheu geltenden Deutschen setzt dagegen vor allem auf klassische Bankeinlagen (knapp 40 Prozent des Brutto-Geldvermögens) sowie Versicherungen und Pensionen (37 Prozent).
Etwa 9,01 Millionen Menschen besaßen nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts im vergangenen Jahr Aktien und/oder Anteile an Aktienfonds. Das war zwar der höchste Stand seit 2012. In Zeiten des Börsenbooms um die Jahrtausendwende lag die Zahl der Aktienanleger in der Bundesrepublik allerdings noch bei fast 13 Millionen. Hätten die Deutschen in den vergangenen vier Jahren nur Prozent 30 Prozent ihres Vermögens in Bankeinlagen gesteckt statt 40 Prozent und die übrigen 10 Prozent je zur Hälfte auf Aktien und Investmentfonds verteilt, hätten sie nach Berechnungen der Allianz zusätzlich rund 200 Milliarden Euro erzielen können. Sparen entpuppe sich daher derzeit vor allem als Geldparken und nicht als Investieren.
Immobilienvermögen wurde nicht berücksichtigt
Nicht berücksichtigt wurde bei der Analyse mangels vergleichbarer offizieller Daten das Immobilienvermögen. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Capgemini war der deutliche Anstieg der Immobilienpreise mit einer der größten Treiber für die wachsende Zahl der Dollar-Millionäre in Deutschland im vergangenen Jahr. Etwa 22,2 Prozent des Geldes der Reichen, die ein Vermögen von mehr als einer Millionen Dollar besitzen, stecken demnach in Deutschland in Immobilien. Weltweit sind es im Schnitt nur 17,9 Prozent. Die Wirkung der ultralockeren Geldpolitik auf die Finanzmärkte scheint allmählich allerdings nachzulassen. "An den Aktien- und Anleihemärkten sind die Potenziale nicht mehr so groß wie nach der Aufholjagd 2011", sagt Heise. Die Folge: Das Wachstum des Geldvermögens schwächte sich bereits im vergangenen Jahr weltweit ab. Das Brutto-Geldvermögen der Privathaushalte in 53 Ländern stieg um 4,9 Prozent auf den Rekordwert von 155 Billionen Euro. In den drei Jahren zuvor waren es jährlich im Schnitt noch etwa 9 Prozent gewesen. "Offensichtlich verliert die extrem expansive Geldpolitik auch als Treiber der Wertpapierpreise langsam an Wirkung", glaubt Heise. "Gleichzeitig rutschen die Zinsen immer tiefer, bis weit in den negativen Bereich. Die Sparer befinden sich in einem echten Dilemma".