Ratingagentur Moody's entzieht ESM Bestnote
Stand: 03.12.2012
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Frankfurt/Luxemburg - Nach Ansicht der Ratingagentur Moody's hat der Euroraum an Kreditwürdigkeit eingebüßt. Daher entzog die Agentur nun dem Euro-Rettungsschirm ESM die Bestnote "Aaa".
Der gemeinsame Rettungsschirm, der die Problemfälle unter den Euroländern mit frischem Geld versorgen soll, besitzt bei Moody's seit Freitag keine Spitzenbonität mehr. Damit muss Europa im Kampf gegen die Schuldenkrise nach den jüngsten Fortschritten bei der Rettung Griechenlands wieder einen herben Rückschlag einstecken.
Moody's senkte die Bonitätsnoten der zwei Rettungsfonds ESM und EFSF vom Bestwert "Aaa" um eine Stufe auf "Aa1". Der Ausblick für beide bleibt zudem negativ. Das heißt, es droht eine weitere Absenkung der Note. Die Gefahr dabei: Je schlechter ein Rating, desto teurer und schwerer kann die Aufnahme von Geld am Kapitalmarkt werden. Oder anders gesagt: Die Zinsen könnten steigen, was die ohnehin angespannte Finanzlage weiter verschärfen könnte.
Die Krisenfonds geben im Notfall an den Finanzmärkten Anleihen heraus, für welche die Euroländer gemeinschaftlich garantieren. Diese Gelder werden dann als Kredite an bedürftige Staaten weitergegeben. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ist in diesem Konstrukt der Nachfolger des zeitlich begrenzten Rettungsschirms EFSF.
Konsequenz der schlechteren Bewertung Frankreichs
Die Abstufung sei eine Folge der schlechteren Bonität des Euro-Schwergewichts Frankreich, erklärte Moody's am späten Freitag in Frankfurt am Main. Frankreich ist nach Deutschland die wichtigste Stütze des ESM. Der Anteil der Franzosen liegt bei 20,3 Prozent. Deutschland steht hinter 27,1 Prozent der insgesamt 700 Milliarden Euro an Kapital und Garantien.
Bei der Ratingagentur Fitch besitzt der Rettungsschirm weiterhin das begehrte Triple-A, was die Folgen der Moody's-Entscheidung abmildert. Üblicherweise verlangen Investoren erst einen Aufschlag, wenn mehrere Ratingagenturen den Daumen gesenkt haben.
Moody's hatte Frankreich vor zwei Wochen seines Spitzenratings beraubt und ebenfalls auf "Aa1" abgestuft. Das hatte die Agentur damit begründet, dass sich die langfristigen wirtschaftlichen Wachstumsaussichten des Landes eingetrübt hätten und Frankreich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt habe. Im Gegensatz dazu besitzt die Bundesrepublik bei allen drei großen Ratingagenturen weiterhin ein Triple-A, bei Moody's allerdings mit einem negativen Ausblick.
Unverständnis bei ESM-Chef Regling
"Moody's Rating-Entscheidung ist schwer zu verstehen", erklärte Klaus Regling, der Chef des Euro-Rettungsschirms. Moody's verkenne den außergewöhnlich festen institutionellen Rahmen, die politische Rückendeckung sowie die starke Kapitalstruktur. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker stellte sich stellvertretend für die 17 Euroländer hinter ESM und EFSF - "politisch und finanziell".
Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, zeigte dagegen Verständnis für den Schritt der Ratingagentur. "Alle verlangen immer frühzeitige Warnungen von den Ratingagenturen. Deshalb sollte man sich jetzt nicht beschweren", sagte Hüther der "Welt am Sonntag". Vor allem nach der Finanzkrise des Jahres 2008 war den Ratingagenturen vorgeworfen worden, die Warnzeichen nicht rechtzeitig erkannt zu haben.
Herber Rückschlag für Europa
Die Abstufung des Rettungsschirms kommt ausgerechnet in einer Zeit, in der Europa einen Etappenerfolg beim Kampf gegen die Schuldenkrise feiern konnte: Anfang der Woche hatten sich die internationalen Geldgeber nach wochenlangem Streit auf die Auszahlung neuer Milliardenkredite für Griechenland verständigt. Der Bundestag hatte am Freitag dem Maßnahmenbündel zugestimmt.
Kurz vor Bekanntgabe der Abstufung hatte EU-Währungskommissar Olli Rehn bei einem Besuch in New York noch die erzielten Fortschritte betont. Er hatte sich in der Stadt mit Wall-Street-Größen, Notenbankern, Ökonomen und Politikern getroffen. "Zum ersten Mal in Jahren haben wir unsere Gespräche nicht mit der Situation in Europa begonnen, sondern mit der Fiskalklippe in den USA", sagte Rehn vor Journalisten. Er versicherte, Europas Staatschefs seien sich einig, die Eurozone zusammenzuhalten. Diejenigen, die auf einen Austritt Griechenlands spekulierten, irrten sich gewaltig.
Schärfere Regeln für Ratingagenturen
Die EU will als Lehre aus der Krise die Ratingagenturen an die Kandare nehmen. Künftig sollen die Bonitätsprüfer für grobe Fehlurteile haftbar sein. Anleger und Emittenten können vor Gericht Verluste einklagen, wenn Ratingagenturen ein Unternehmen oder einen Staat absichtlich oder fahrlässig falsch beurteilen. Zudem müssen Unternehmen wie Moody's, Fitch oder Standard & Poor's ihre Urteile besser begründen und offenlegen, nach welchen Kriterien sie ihre Entscheidung gefällt haben.
Auf diese Regeln hatten sich EU-Kommission, Europaparlament und EU-Staaten am vergangenen Dienstag verständigt. EU-Ministerrat und Parlament müssen den Kompromiss formal noch annehmen. Die neuen Regeln sollen im Februar oder März nächsten Jahres in Kraft treten. Nach Meinung des stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, "muss jetzt der europäische Entscheidungsprozess zur Regulierung der Ratingagenturen beschleunigt werden."