Online-Bankgeschäfte im Trend - Filialbanken müssen umdenken
Stand: 07.08.2014
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Frankfurt/Main - Um neue Kunden zu werben, greifen Banken tief in die Tasche. Ob sich diese Investitionen allerdings auszahlen, zeigt sich oft erst nach Jahren. Erfahrende Banker wissen: "Wer das Girokonto hat, hat den Kunden." Denn wer einmal sein Gehaltskonto bei einer Bank eröffnet hat, wechselt in der Regel nicht so schnell wieder und bleibt seinem Institut oft auch bei Baufinanzierung und Geldanlage treu.
Die Bundesbank beobachtet die Situation nicht ohne Sorge. So lasse der harte Wettbewerb die Gewinnspannen der Banken sinken, schreibt die Notenbank im jüngsten Finanzstabilitätsbericht. Zusammen mit den niedrigen Zinsen gerieten Geschäftsmodelle vieler Banken unter Druck. Dennoch versprechen sich gerade Institute aus dem Ausland von einem stärkeren Engagement in Deutschland möglichst einfachen Zugang zu Kundeneinlagen und wenig Kreditausfälle: So übernimmt derzeit etwa die französische BNP Paribas die Münchner Direktbank DAB.
Nicht nur die Konkurrenz aus dem eigenen Lager zwingt Banken zum Umbruch. "Unternehmen wie Google, Ebay und Amazon könnten den Banken schneller als erwartet Konkurrenz machen - und dies aus einer Position der finanziellen Stärke heraus, während viele deutsche und europäische Banken noch mit den Auswirkungen der letzten Rezession und zunehmend strengerer Regulierung zu kämpfen haben", meint Bankenexperte Markus Schmaus von der Ratingagentur Standard & Poor's.
"Zu jeder Zeit und an jedem Ort"
Bankgeschäfte per Internet und Mobiltelefon sind im Trend, die Kreditwirtschaft muss reagieren. Die Commerzbank setzt auf einen Mix aus Filiale und Online. Konzern-Chef Martin Blessing versprach 2012: "In Zukunft werden unsere Kunden die Produkte und Dienstleistungen der Commerzbank zu jeder Zeit und an jedem Ort erhalten."
In ihr Privatkundengeschäft steckt die Commerzbank in den Jahren 2013 bis 2016 insgesamt etwa eine Milliarde Euro. Die Investition scheint sich auszuzahlen: Mehr Kunden, mehr Geschäft - und das vor allem mit Perspektive. Das ist die Botschaft des Instituts zum zweiten Quartal.
Erstmals seit der mühsamen Integration der Dresdner Bank 2009 fiel das traditionell schwächere zweite Quartal im Privatkundengeschäft sogar besser aus als das erste Jahresviertel - und das trotz nochmals gesunkenen Zinsniveaus. Das erste Halbjahr insgesamt übertraf im Privatkundensegment mit 227 Millionen Euro operativem Ergebnis das Vorjahr um rund 85 Prozent.
Zahl der Filialen sinkt seit Jahren
Dem Ziel, bis Ende 2016 eine Million zusätzliche Kunden zu gewinnen, kommt die Bank näher: Von Januar bis Ende Juni 2014 kamen unter dem Strich 138 000 neue Kunden hinzu, seit Anfang 2013 sind es 380 000. Mit ihren mehr als elf Millionen Kunden baut die Commerzbank fest auf ihr dichtes Filialnetz mit aktuell 1200 Standorten. Denn zwei von drei Kunden wollten die Bank nicht nur online erreichen, sondern auch Geschäfte in einer Filiale erledigen, argumentiert das Institut.
Die Treue zur kostspieligen Filiale ist nicht gerade Branchentrend: Bis 2015 will die HypoVereinsbank (HVB) 240 ihrer 580 Standorte schließen oder zusammenlegen. Sparkassen setzen auf rollende Filialen, um Kosten überschaubar zu halten. Die ING-Diba bedient als Direktbank ganz ohne Geschäftsstellen über acht Millionen Kunden.
Nach Bundesbank-Angaben sinkt die Zahl der Zweigstellen der Kreditinstitute in Deutschland seit Jahren stetig: Seit dem Höchststand 1995 (67 930 Zweigstellen) bis Ende 2013 (36 196) hat sie sich fast halbiert. Allerdings verringerte sich zugleich auch die Zahl der Kreditinstitute in Deutschland deutlich von 3785 auf 2029.
Nach Berechnungen der Managementberatung A.T. Kearney schlossen Europas Privatkundenbanken im vergangenen Jahr mehr als 4500 Filialen - knapp dreimal so viel wie in herkömmlichen Jahren. Die Finanzkrise sei "noch längst nicht abgeschüttelt", folgern die Experten. Beispielhaft für die Probleme der Branche nennt A.T. Kearney Portugal und Italien, aber: "Auch auf dem übrigen Kontinent bleibt profitables Privatkundengeschäft eine Herausforderung."