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Occupy-Bewegung: Demonstranten bleiben standhaft

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd

Berlin - Totgesagte leben länger: Hatte es noch zu Beginn der Woche geheißen, die Occupy-Bewegung sei tot, so beweisen die Demonstranten nun effektvoll das Gegenteil. Neben den regelmäßigen Versammlungen luden die Aktivisten zur außerordentlichen Pressekonferenz ein. Hier machten sie deutlich, dass sie das Ultimatum zur Räumung des Geländes an der Spree verstreichen lassen wollen.

Die Schlagzeilen waren nicht gerade positiv. "Protest Occupy ist tot", hatte eine Zeitung noch am Anfang dieser Woche ihren Lagebericht über das Camp der Bankenkritiker am ehemaligen Berliner Bundespressestrand betitelt. Dabei präsentierten sich die Aktivsten in den vergangenen Tagen ganz lebendig. Sie rüsteten sogar noch einmal auf: Ein neues Plakat schmückte plötzlich den Versorgungspavillon, und auch zwei Öfen schafften die Protestler noch heran, an denen sie sich fortan aufwärmen können.

Und neben den regelmäßigen Versammlungen luden sie zur außerordentlichen Pressekonferenz ein. Alles, um möglichst öffentlichkeitswirksam zu beweisen: "Wir sind nicht tot und wir lassen uns nicht vertreiben." Denn am Montag hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die das Gelände am Spreeufer im Regierungsviertel verwaltet, ein Ultimatum gestellt: Sollten die Aktivisten das Camp nicht freiwillig bis zum Ende der Woche räumen, drohten Strafanzeige, Strafantrag und Räumungsgesuch.

Doch die Aktivisten fürchten auch handgreifliche Auseinandersetzungen nicht. Am Freitag ließen sie die Frist verstreichen, weshalb die Bima kurz darauf ernst machte: "Unsere Mitarbeiter sind auf dem Weg zur Polizei, um die angekündigten Maßnahmen umzusetzen", erklärte Sprecherin Olga Rüffer auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd.

Die Aktivisten hingegen pochen auf ihr Recht, einen geeigneten Ort für ihren Ideenaustausch behalten zu dürfen. "Wir gehen davon aus, dass kein Raum für eine polizeiliche Räumung ist, denn wir sind keine Gefährdung für den öffentlichen Raum", stellte Aktivist Johannes klar.

Die Banken und das Kartenhaus

Auch Philipp zeigte sich standhaft: "Wir bleiben, solange es geht." Denn der Aktivist hat hier gefunden, wonach er lange suchen musste. Der "Computer-Revolutionär", wie er sich selbst nennt, hatte sich schon fast damit abgefunden, in der falschen Zeit geboren worden zu sein, so fasziniert war er von vergangenen Protestbewegungen und Revolutionen, über die er im Netz recherchierte.

Dann fand der Spandauer das Occupy-Camp und wurde vom passiven Informationssammler zum Aktivisten. "Wir wollen das System angreifen, dieses Kartenhaus. Wenn man eine Karte wegnimmt, zum Beispiel die Banken, fällt das ganze Haus in sich zusammen", beschrieb er die Motivation, die er hinter der Occupy-Bewegung sieht.

Deshalb war der junge Mann gleich Feuer und Flamme fürs Berliner Camp: "Ich kam hier an, saß mit den anderen ums Lagerfeuer und fühlte mich wie ein Neo-Hippie. Das war echt romantisch." Doch das bleibt es nur solange, wie Zuhause ein warmes Bett und eine Dusche auf den Demonstranten warten. Hier dauerhaft campen will Philipp nicht, das gibt er offen zu. "Das habe ich gemerkt, nachdem ich eine Nacht hier verbracht habe. Es ist schon sehr notdürftig."

Das erklärt auch, warum nur rund zehn Aktivisten wirklich im Lager wohnen. Einer von ihnen ist Pascal, der kurz vor Weihnachten dazustieß. "Ich habe die Nacht gar nicht gepennt, so habe ich gebibbert", erzählte er einem Mitbewohner. Andere können darin etwas Positives erkennen: "Mir fällt das Aufstehen viel leichter, wenn es im Zelt so kalt ist", sagte Robert.

Dezentrales Netzwerk

Was für die Occupy-Aktivisten zählt, das sind aber nicht die Lebensbedingungen im Camp: Sie wehren sich nicht gegen die Räumung des Lagers, weil sie es sich so gemütlich gemacht haben. "Wir haben hier eine wichtige Präsenz im Regierungsviertel", erklärte Johannes den Grund, das Ultimatum abzulehnen.

Sollte ihnen ein geeignetes Ersatzgrundstück angeboten werden, seien sie für diesen Vorschlag offen - auch, weil sie an einer friedvollen Einigung interessiert seien, wie sie immer wieder betonen. Dass sie den Standort am Bundespressestrand auf Dauer behalten können, davon geht hier aber niemand ernsthaft aus. "Wir werden den Platz auch nicht mit biegen und brechen verteidigen", stellte Philipp klar.

Denn so sehr die Occupy-Aktivsten an ihrem zentralen Camp im Herzen des Regierungsviertels hängen, eines wollten sie auf der Pressekonferenz am Freitag noch einmal deutlich machen: "Occupy Berlin stirbt nicht, wenn wir hier geräumt werden. Wir arbeiten ja sehr dezentral, haben jetzt schon in jedem Stadtteil Versammlungen", sagte ein Aktivist. Das Fortbestehen der Bewegung sei nicht an einen einzelnen Standort gebunden.

Die Occupy-Bewegung

Inspiriert vom arabischen Frühling startete am 17. September 2011 im Zuccotti Park in Lower Manhattan in New York die Protestaktion "Occupy Wall Street" (Besetzt die Wall Street). Demonstranten besetzten den Park und benannten ihn in "Liberty Plaza" um. Wie in den arabischen Ländern spielten auch bei der Ausweitung der "Occupy"-Bewegung soziale Netzwerke eine große Rolle. Im Internet wurde dazu aufgerufen, die soziale Ungleichheit in den Vereinigten Staaten anzuprangern und das New Yorker Finanzviertel zu besetzen nach dem Motto "Wir sind die 99 Prozent".

Die Bewegung breitete sich von New York auf zahlreiche amerikanische Städte aus. Weltweit wurden ähnliche Aktionen ins Leben gerufen, in Deutschland unter anderem in Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf und Stuttgart. Allerdings hielten sich nur Protestcamps in Frankfurt, wo seit dem 15. Oktober vor der Europäischen Zentralbank gezeltet wird, und Berlin.

In vielen Städten wie Zürich und Toronto wurden die Zeltlager inzwischen geräumt. Der Ausgangspunkt der Bewegung, das Protestcamp im New Yorker Zuccotti Park, wurde am 15. November geschlossen. Die Bewegung sucht dort nach einem neuen Platz für ihre Zelte.