Niedriges Preisniveau - gut oder schlecht für Verbraucher?
Stand: 12.01.2015
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Frankfurt/Luxemburg - Im Dezember 2014 sind die Verbraucherpreise seit langem wieder gesunken. Zuletzt war es dazu 2009 gekommen. Experten sehen den stark gesunkenen Ölpreis als Ursache. Jedoch sei eine solche Entwicklung nicht zwangsläufig positiv.
Während die Sorge der Währungshüter vor einer Deflation wächst, können sich Verbraucher mehr für ihr Geld kaufen.
Was ist Deflation?
Bei einer Deflation fallen Preise über einen längeren Zeitraum quer durch alle Warengruppen.
Was ist schlecht daran, wenn die Preise fallen?
Das kann Verbraucher und Unternehmen dazu verleiten, Anschaffungen und Investitionen aufzuschieben - denn es könnte ja bald noch billiger werden. Mögliche Folgen: Die Wirtschaft friert ein, Firmen müssen Mitarbeiter entlassen.
Droht dem Euroraum nun eine Deflation?
Eindeutig nein, sagen Ökonomen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hatte schon im Dezember klargestellt: "Eine für einige Monate unter null liegende Inflationsrate stellt für mich noch keine Deflation dar." Ein solcher Preisverfall liege erst dann vor, wenn es zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale aus negativen Inflationsraten, Rückgängen der Wirtschaftsleistung und Lohnsenkungen komme.
Warum sinken die Preise?
Der Preisrückgang ist allein auf den Absturz des Rohölpreises zurückzuführen. Hingegen stieg die sogenannte Kerninflation - also die Rate ohne Energie, Nahrungs- und Genussmittel - sogar leicht auf 0,8 Prozent. "Vor diesem Hintergrund hat die negative Gesamt-Inflationsrate mit Deflation nichts zu tun", erklärt Alexander Krüger, Chefvolkswirt beim Bankhaus Lampe. Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding betont: "Das Verbrauchervertrauen in der Eurozone ist ziemlich groß. Es gibt keine Anzeichen, dass Verbraucher den Kauf von Fernsehern oder Autos aufschieben."
Sind sinkende Ölpreise nicht im Grunde gut für die Konjunktur?
In der Tat: "Der massive Rückgang der Rohölpreise ist ein Segen für die lahmende Konjunktur im Euroraum", erklärt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. So müssten Verbraucher deutlich weniger für Benzin und Heizöl bezahlen und hätten mehr Geld für andere Käufe in der Tasche. Auch Unternehmen könnten sich freuen, weil dank der niedrigeren Energiepreise ihre Produktionskosten sinken, betont Weil:
"Per saldo erhöht ein dauerhafter Rückgang der Rohölpreise um 50 Prozent das Wirtschaftswachstum im Euroraum auf Jahressicht um knapp 0,5 Prozentpunkte."
Was bedeutet niedrige Inflation für Sparer?
Generell gilt, dass Inflation die Ersparnisse auffrisst. Diese Gefahr besteht aktuell nicht. Allerdings sind die Zinsen auch so niedrig wie nie: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins praktisch abgeschafft, um den Preisauftrieb zu stärken. Daher werfen Tagesgeld oder Sparkonto kaum noch Zinsen ab. Allerdings wären die Einbußen für Sparer noch größer, wenn die Inflation höher läge.
Warum strebt die EZB eine höhere Teuerung an?
Die EZB sieht Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent gewahrt. Damit will die Notenbank ein Abrutschen in eine Deflation verhindern. Zudem hat EZB-Präsident Mario Draghi betont, ein sehr geringer Preisauftrieb sei schlecht für Schuldner: "Ist die Inflation niedrig, sinkt der reale Wert der Schulden von Staaten und Unternehmen langsamer." Dadurch werde der Schuldenabbau erschwert.
Wie wird die Notenbank reagieren?
Draghi ist entschlossen, sich mit allen Mitteln gegen Mini-Inflation und Konjunkturflaute zu stemmen. Die Vorbereitungen für ein breit angelegtes Anleihenkaufprogramm ("Quantitative Easing"/QE) laufen.
Viele Ökonomen halten den Beschluss eines solchen Programms mittlerweile nur noch für eine Formsache. Schließlich hat Draghi bereits klargemacht, dass er Anleihenkäufe auch gegen den Widerstand der Bundesbank durchsetzen würde. Erster Termin für einen Beschluss des EZB-Rates wäre der 22. Januar. Befürworter hoffen, dass der Erwerb von Unternehmens- und Staatsanleihen durch die Notenbank die Wirtschaft ankurbelt - und zugleich die Inflation wieder in Richtung des EZB-Zieles von knapp unter 2,0 Prozent befördert.