Nach zwei Leitzinssenkungen in Folge: Vier von fünf Banken zahlen weniger Festgeldzinsen
Stand: 25.11.2024
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Nach zwei direkt aufeinanderfolgenden Leitzinssenkungen sind die Festgeldzinsen auf den tiefsten Stand seit Februar 2023 gefallen. Vier von fünf Banken haben seit der vorletzten EZB-Entscheidung im September ihre Festgeldzinsen reduziert. Im Durchschnitt bringen bundesweit verfügbare Angebote mit zwei Jahren Laufzeit aktuell 2,4 Prozent Zinsen. Beim Tagesgeld gab es ebenfalls Zinssenkungen – auch bei zahlreichen Banken, die schon zuvor kaum Zinsen zahlten. Das zeigen aktuelle Zinsauswertungen des Vergleichsportals Verivox.
Zinssenkungen bei 82 Prozent aller Banken
Nach den beiden letzten Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) hat die große Mehrheit der Kreditinstitute die sinkenden Zinsen an die Sparerinnen und Sparer weitergereicht. Seit dem letzten EZB-Termin am 17. Oktober hat knapp die Hälfte (45 Prozent) aller Banken und Sparkassen ihre Festgeldzinsen für Anlagen mit zwei Jahren Laufzeit reduziert. Im Vergleich zum vorletzten Notenbanktermin am 12. September haben sogar 82 Prozent aller Geldhäuser ihre Zinsen gesenkt.
"Die geldpolitischen Lockerungen durch die europäischen Währungshüter bleiben für Sparerinnen und Sparer nicht ohne Folgen", sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. "Seit der EZB-Sitzung im September haben mehr als vier von fünf Banken ihre Zinsen reduziert. In allen Marktsegmenten befinden sich die Festgeldzinsen nach den beiden jüngsten Leitzinssenkungen im freien Fall."
Festgeldzinsen fallen auf tiefsten Stand seit Februar 2023
Im Durchschnitt bringen bundesweit verfügbare Festgeldangebote mit zwei Jahren Laufzeit aktuell 2,4 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit Februar 2023. Vor einem Jahr hatten die Zinsen mit durchschnittlich 3,39 Prozent ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht und standen fast einen vollen Prozentpunkt höher als heute. Eine durchschnittlich verzinste Festgeldanlage in Höhe von 10.000 Euro bringt über die volle zweijährige Laufzeit aktuell 198 Euro weniger Ertrag als im letzten November.
Auch im regionalen Sektor sind die Zinsen spürbar gesunken. Kundinnen und Kunden der Sparkassen erhalten im bundesweiten Durchschnitt aktuell 1,73 Prozent Zinsen – vor einem Jahr standen die Zinsen mit 2,48 Prozent einen Dreiviertelprozentpunkt höher. Die regionalen Genossenschaftsbanken zahlen im Marktdurchschnitt aktuell 1,81 Prozent für zweijähriges Festgeld. Gegenüber dem Vorjahresstand (2,59 Prozent) entspricht das einem Minus von 0,78 Prozentpunkten.
Jede vierte Bank hat Tagesgeldzinsen gesenkt
Auch beim Tagesgeld sinken die Zinsen. Seit dem EZB-Termin im September haben mindestens 182 Banken und Sparkassen ihre Tagesgeldzinsen reduziert. Bei insgesamt 773 ausgewerteten Kreditinstituten entspricht das knapp einem Viertel (24 Prozent) aller Geldhäuser.
Unter den Instituten mit Zinssenkungen befinden sich überproportional viele bundesweit aktive Banken. In diesem Segment haben 33 von 84 ausgewerteten Instituten ihre Tagesgeldzinsen gesenkt – ein Anteil von 39 Prozent. Zwei Drittel dieser Banken bieten allerdings auch nach der Zinssenkung immer noch eine im Marktvergleich sehr ordentliche Verzinsung von über 2 Prozent.
Zinssenkungen vor allem bei Banken mit Niedrigzinsen
60 Prozent aller Zinssenkungen entfallen aber auf Banken, die schon zuvor wenig Zinsen zahlten. Insgesamt 110 Banken haben für Tagesgeldanlagen schon zum Auswertungsstichtag im September maximal 1 Prozent Zinsen angeboten und ihre Zinsen seitdem noch weiter gesenkt. Mit einer Ausnahme fallen in diese Gruppe ausschließlich Sparkassen und regionale Genossenschaftsbanken.
"Aus Sicht der betroffenen Kundinnen und Kunden ist es natürlich ärgerlich, wenn ausgerechnet die Institute, die ohnehin schon wenig zahlen, ihre Sparzinsen nun bei erster Gelegenheit noch tiefer in den Keller zu drücken", sagt Oliver Maier. "Noch immer erhalten die Banken selbst 3,25 Prozent Zinsen, wenn sie die Spargelder ihrer Kundschaft bei der EZB parken. Bei Geldhäusern mit Zinssätzen von 1 Prozent und weniger sollte die Gewinnspanne also eigentlich groß genug sein, um die Leitzinssenkung nicht gleich an die Sparer durchreichen zu müssen."
Regionalbanken bieten deutlich weniger Zinsen
Auch bei den Durchschnittszinsen klafft zwischen regionalen und überregionalen Angeboten eine große Lücke: Während Tagesgelder bei den bundesweit aktiven Banken im Schnitt 1,62 Prozent Zinsen bringen, zahlen sowohl die Sparkassen (0,57 Prozent) als auch die regionalen Genossenschaftsbanken (0,58 Prozent) mehr als 1 Prozent weniger.
Realzinsen nach Hoch im Oktober wieder rückläufig
Trotz sinkender Zinsen bringen klassische Sparanlagen wie Tagesgeld und Festgeld kaufkraftbereinigt heute höhere Erträge als vor einem Jahr. Wie lukrativ eine Geldanlage ist, zeigt der Realzins, also der Ertrag nach Abzug der laufenden Teuerung. Nach einem vorläufigen Tiefststand von 1,6 Prozent im September ist die Inflationsrate zuletzt zwar wieder auf 2 Prozent gestiegen. Doch damit liegt sie immer noch weit unterhalb des Vorjahresniveaus von 3,8 Prozent. "Die Inflationsrate ist wesentlich schneller und stärker gesunken als die Sparzinsen", sagt Oliver Maier. "Beim Festgeld bringen selbst durchschnittliche verzinste Anlagen inzwischen wieder Erträge oberhalb der laufenden Teuerung."
Mit plus 0,4 Prozent liegt der durchschnittliche Realzins bundesweit verfügbarer Festgeldanlagen aktuell den zehnten Monat in Folge oberhalb der Nulllinie, hat sich im Vergleich zum Vormonat Oktober (0,97 Prozent) aufgrund der gesunkenen Zinsen und der zeitgleich gestiegenen Inflation aber mehr als halbiert. Beim Tagesgeld war der Realzins überregionaler Angebote im Oktober zum ersten Mal seit Jahren wieder in den Plus-Bereich geklettert und ist nach dem Anziehen der Teuerungsrate nun wieder ins Negative gerutscht (minus 0,38 Prozent).
Gute Festgelder bringen noch über 3 Prozent
Wie es mit den Sparzinsen weitergeht, wird von den nächsten Zinsentscheidungen der EZB abhängen. Noch immer werden langfristige Festgeldanlagen im Marktdurchschnitt schwächer verzinst als Anlagen mit kürzeren Laufzeiten. Das ist ein Anzeichen dafür, dass die Mehrheit der Banken perspektivisch weiterhin mit sinkenden Zinsen rechnet.
"Wer einen Teil der Ersparnisse vom Tagesgeldkonto in ein gut verzinstes Festgeld umschichtet, muss sich über sinkende Zinsen erst einmal keine Gedanken mehr machen", rät Oliver Maier. "Sparer sollten ihr Geld nicht einfach bei der Hausbank parken, sonst verschenken sie fast immer eine Menge Zinsen. Gut verzinste Festgeldangebote mit zwei Jahren Laufzeit und einem soliden Einlagenschutz bringen aktuell immer noch Zinsen in Höhe von mehr als 3 Prozent. Wer 10.000 Euro bei Top-Anbietern für zwei Jahre anlegt, streicht rund 300 Euro mehr Zinsen ein als bei einer Anlage zum Durchschnittszins der Sparkassen."
Methodik
Für die Analyse hat Verivox die aktuellen Tages- und Festgeldzinsen von rund 800 Banken und Sparkassen ausgewertet. Berücksichtigt wurden alle Kreditinstitute, die ihre Konditionen frei zugänglich im Internet veröffentlichen. Ausgewertet wurden die Konditionen für eine Anlagesumme von 10.000 Euro. Der Durchschnittszins beim Tagesgeld basiert auf den unbefristeten Bestandskundenzinsen der untersuchten Banken und Sparkassen. Befristete Aktionszinsen für Neukunden oder neu angelegtes Geld bleiben unberücksichtigt. Stand der aktuellen Auswertung ist der 17.11.2024.
Basis der Zinssenkungsanalyse sind alle Banken und Sparkassen, für die sich sowohl für den 12. September und 17. Oktober als auch in der aktuellen Auswertung Tages- und Festgeldzinsen recherchieren ließen.
Im regionalen Sektor wird zwischen Sparkassen und regionalen Genossenschaftsbanken unterschieden. In beiden Institutsgruppen gibt es einzelne Häuser, die ihre Sparprodukte deutschlandweit anbieten und deshalb den überregionalen Banken zugeordnet wurden. Zu den Genossenschaftsbanken zählen die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die PSD- und Sparda-Banken.