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Monti: Schuldenkrise bedroht das Projekt "Europa"

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Die Verärgerung ist groß: Italiens Premier Mario Monti empfiehlt den Regierungschefs der Eurozone weniger Rücksichtnahme auf ihre Parlamente. Bundesregierung, Bundestag und EU-Kommission lehnen eine Schwächung der nationalen Parlamente im Kampf gegen die Eurokrise jedoch strikt ab.

Berlin und Brüssel reagierten am Montag mit Unverständnis auf den italienischen Regierungschef Mario Monti, der im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" mehr Unabhängigkeit der nationalen Regierungen von ihren Parlamenten gefordert hatte.

Am Montagabend relativierte Monti seine Interview-Äußerungen in einer offiziellen Mitteilung: "Ich habe in keiner Weise beabsichtigt, eine Begrenzung der parlamentarischen Kontrolle über die Regierungen herbeizuwünschen."

Bundestag ist "eher mehr als weniger zu beteiligen"

Kanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) verteidigten die Mitspracherechte des Bundestages in der Europapolitik ausdrücklich als unverzichtbar. Genau diese Rechte stehen am 12. September auch bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Euro-Rettungsschirm ESM auf dem Prüfstand.

"Es ist die Auffassung der Bundeskanzlerin, dass wir in Deutschland mit dem richtigen Maß an Unterstützung durch das Parlament und dem richtigen Maß an der Beteiligung des Parlaments eigentlich immer gut gefahren sind", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Außerdem habe Karlsruhe mehrfach darauf hingewiesen, dass der Bundestag "eher mehr als weniger zu beteiligen ist".

Lammert betonte, die Einbindung des Parlaments sei nicht nur aus verfassungsrechtlichen Gründen unverzichtbar, sondern auch eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz bei den Bürgern. "Es ist in jedem Fall eher hinzunehmen, dass die Erwartungen der Märkte durch unsere Rechtsordnung und unsere Demokratie enttäuscht werden als umgekehrt unsere Rechtsordnung durch die Verselbstständigung der Märkte", betonte er.

Monti fordert eine "gewisse Flexibilität"

Monti hatte dem "Spiegel" gesagt: "Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration." Er äußerte zudem die Befürchtung, die Schuldenkrise drohe das Projekt Europa zu zerstören.

Er sei davon überzeugt, dass die demokratische parlamentarische Legitimation fundamental im europäischen Integrationsprozess sei, teilte Monti am Montagabend in Rom mit. Er habe nur die Notwendigkeit unterstreichen wollen, dass auf dem Weg zur europäischen Integration "ein ständiger und systematischer Dialog zwischen Regierung und Parlament beibehalten wird". Im Laufe von Regierungsverhandlungen auf EU-Ebene könne sich dann "eine gewisse Flexibilität als nötig erweisen, um eine Vereinbarung zu erzielen". Dies müsse sich immer im Fahrwasser gemeinsamer Entscheidungen mit dem eigenen Parlament vollziehen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: "Wir brauchen eine Stärkung, nicht Schwächung, der demokratischen Legitimation in Europa." Die EU-Kommission verwies auf die Rechtslage. "Die Mitgliedstaaten haben beschlossen, sich bei der Beschlussfassung und Anwendung von Finanzbeschlüssen an bestimmte Regeln zu halten", sagte ein Sprecher in Brüssel. In einigen Staaten müssten diese von den Parlamenten gebilligt werden. "Wir respektieren vollständig die Kompetenzen der nationalen Parlamente in all diesen Prozessen."

Für Verärgerung sorgte aber nicht nur Montis Interview, sondern auch die scharfen Töne führender CSU-Politiker in der Eurodebatte. So hatte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem EZB-Chef Mario Draghi zuletzt vorgeworfen, die Europäische Zentralbank für italienische Interessen zu missbrauchen.

Die Bundesregierung stellte sich klar hinter den Kurs der EZB. Draghi habe ganz deutlich das Primat der Politik betont, sagte Streiter. "Die Bundesregierung hat keinerlei Zweifel daran, dass alles, was die Europäische Zentralbank tut, sich im Rahmen ihres Auftrages bewegt."