Mitsprache bei Managergehältern für Europas Aktionäre
Stand: 13.03.2017
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa-AFX
Frankfurt - Mehr Rechte für Europas Aktionäre: Sie sollen mindestens alle vier Jahre ihr Votum über die Bezüge der Unternehmensspitze abgeben. Bei gravierenden Änderungen sollen sie außerdem auf jeden Fall gefragt werden. So steht es in einer Novelle der Europäischen Aktionärsrechterichtlinie.
Wie haben sich die Managergehälter in Deutschland entwickelt?
Nach einer Studie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kassierten Vorstände deutscher Börsenschwergewichte zuletzt im Schnitt 50 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Angestellter eines Dax-Konzerns <DE0008469008>.
Können Aktionäre heute schon mitreden?
Deutschlands Konzerne lassen ihre Aktionäre auf der Hauptversammlung über die Bezahlung der Topmanager bereits abstimmen. Nach Angaben des Beratungsunternehmens hkp-Group haben alle 30 Dax-Konzerne sowie die 50 MDax-Unternehmen bisher mindestens einmal ihre Anteilseigner befragt, einzelne Unternehmen sogar jährlich.
Was bedeutet das in der Praxis?
Bindend ist das Votum der Anteilseigner gemäß Aktiengesetz nicht. Und das könnte auch in Zukunft so bleiben. Die EU-Mitgliedsstaaten können bestimmen, ob die Entscheidung der Hauptversammlung bindend ist oder nur beratende Wirkung hat. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment hält es für sinnvoll, dass der Aufsichtsrat weiterhin über die Vorstandsvergütung entscheidet. "Aktionäre können nicht in das Unternehmen schauen. Sind die Anteilseigner mit dem vom Aufsichtsrat gebilligten Vergütungssystem nicht einverstanden, können sie ihm die Entlastung verweigern." hkp-Partnerin Regine Siepmann hält eine verpflichtende Entscheidung der Hauptversammlung für "einen massiven Eingriff in die Kompetenz des Aufsichtsrates".
Was bringt das Votum der Aktionäre?
Aktionärskritik zeigt nach Einschätzung von Siepmann durchaus Wirkung - auch wenn das Votum nicht bindend ist. "Es ist kein stumpfes Schwert", betont die Expertin. "In Deutschland hat das beratende Votum bisher funktioniert", sagt auch Christiane Hölz, DSW-Landesgeschäftsführerin in Nordrhein-Westfalen. So habe beispielsweise die Deutsche Bank ihr Vergütungssystem nach Aktionärsschelte angepasst. Den Unmut seiner Anteilseigner bekam vergangenes Jahr auch der Pharma-Konzern Stada zu spüren. Der Aufsichtsrat überarbeitete nach eigenen Angaben das Vergütungsmodell.
Was sieht die EU-Richtlinie noch vor?
Unternehmen sollen ihren Aktionären jedes Jahr Auskunft über die Bezüge einzelner Vorstandsmitglieder geben. Über die Berichte, die einfach und verständlich sein müssen, soll die Hauptversammlung beratend abstimmen. "Bisher waren die Berichte so kompliziert, dass sie vor allem Vergütungsberater verstanden haben. Aktionäre sollen sich künftig ein besseres Bild machen können. Das ist der richtige Ansatz", sagt Aktionärsvertreterin Hölz. Ob damit Vergütungsexzesse verhindert werden können, ist aus ihrer Sicht fraglich. Durch die Abstimmung auf der Hauptversammlung könnten Anteilseigner aber ihrem Unmut Luft machen. "Aktionäre sind in den letzten Jahren beim Thema Managervergütung kritischer geworden."
Was bringt mehr Transparenz bei den Managergehältern?
In Deutschland folgen bereits alle Dax-Konzerne einer Empfehlung des Corporate Governance Kodex und weisen die Bezüge jedes Vorstands individuell aus. Weniger gut sieht es in den Börsenligen darunter aus. Im MDax schwiegen sich nach einer hkp-Auswertung zuletzt 8 der
50 mittelgroßen Unternehmen darüber aus, wie viel jeder einzelne Vorstand verdient. Im SDax waren es 19 Firmen und im TecDax ein Unternehmen. Die Transparenz hat Speich zufolge allerdings nicht beabsichtigte Folgen: "Sie hat tendenziell zu steigenden Vergütungen geführt, weil kein Vorstand unterdurchschnittlich bezahlt werden wollte."
Werden die Managerbezüge im Vergleich zu den Gehältern der Beschäftigten geregelt?
Nein. Unternehmen sollen der Richtlinie zufolge allerdings ausweisen, wie sich die Bezüge der Topetage im Verhältnis zum Durchschnittsgehalt der Beschäftigten entwickelt haben. Forderungen der SPD, der Aufsichtsrat solle eine "Höchstgrenze" dafür festlegen und die Aktionäre auf der Hauptversammlung darüber beschließen, hält Siepmann nicht für hilfreich. "Wir sehen darin keinen richtigen Mehrwert, aber eine Fülle offener Fragen. Zum Beispiel:
Berücksichtigt man bei den Berechnungen nur Vollzeitkräfte, was ist mit Auszubildenden oder Mitarbeitern von Tochterunternehmen im Ausland"?
Fondsmanager Speich plädiert dafür, dass der Aufsichtsrat eine maximale Obergrenze für die Vergütung der Vorstände festlegt, die die Lage und das Wettbewerbsumfeld des Unternehmens berücksichtigt.
"Generell haben wir inzwischen ein Niveau erreicht, wo wir an einer guten Grenze angekommen sind." Das Argument, Spitzenkräfte könnten ins Ausland abwandern, dürfe nicht dazu führen, "dass wir das ganze System nach oben verschieben".
Wie geht es weiter?
Voraussichtlich an diesem Dienstag wird das Europäische Parlament die Richtlinie absegnen. Im ersten Halbjahr 2017 soll sie in Kraft treten. Die EU-Mitgliedsstaaten haben dann 24 Monate Zeit, die Vorschriften umzusetzen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Richtlinie in Deutschland in der laufenden Legislatur vollständig in nationales Recht gegossen wird.