Mieten oder kaufen? - Wann sich der Immobilienkauf lohnt
Stand: 12.06.2015
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Frankfurt/Main - Immer mehr Verbraucher denken darüber nach, eine Immobilie zu erwerben. Das ist mit Blick auf die steigenden Mieten und niedrigen Kreditzinsen kaum überraschend. Doch lohnt sich der Kauf?
Die Kernfrage lautet: Kann ich es mir leisten? Christiane Kienitz von der Verbraucherzentrale Hessen vergleicht hierbei zunächst die Ausgaben für Miete und Immobilie. Sie stellt die aktuelle Nettokaltmiete plus Nebenkosten und eine Sparrate der Ausgabensumme aus Kreditrate, Strom- und Heizkosten, Wohngebäudeversicherung, Grundsteuer und Instandhaltungsrücklage gegenüber. Bei einer Eigentumswohnung kommt das monatliche Hausgeld hinzu.
Kienitz' Erfahrung zufolge müssen bei einem Haus 250 bis 400 Euro, bei einer Wohnung um die 300 Euro zu den Immobilienkosten hinzugerechnet werden. Fällt die erwartete Gesamtbelastung unter dem Strich ähnlich hoch aus wie die Warmmiete, ist das eine gute Ausgangslage für die Verwirklichung des Traums vom eigenen Heim.
Eigenkapital ist ein Muss
Jörg Sahr von der Zeitschrift "Finanztest" betrachtet die Gesamtfinanzierung. Ein Grundstock an Eigenkapital ist für ihn ein unbedingtes Muss. Das eigene Budget sollte mindestens einen Teil des Kaufpreises und die Kaufnebenkosten hergeben - das sind je nach Region zwischen 10 und 15 Prozent des Kaufpreises.
Um herauszufinden, wie hoch Kredit und Preis maximal sein dürfen, geht Sahr von der Bruttomiete aus: Auf zum Beispiel 800 Euro Miete packt er 300 Euro Spargroschen obendrauf, zieht 400 Euro Nebenkosten für das geplante Wohneigentum ab und bestimmt auf diese Weise 700 Euro Kreditrate pro Monat oder 8400 Euro im Jahr. Wie viel Kredit ein Käufer damit höchstens aufnehmen sollte, hängt ab vom Zinssatz und dem Zeitpunkt, wann der Kredit abbezahlt sein soll. "Bis zur Rente sollten die Schulden weg sein", empfiehlt Sahr.
Um das zum Beispiel in 25 Jahren zu schaffen, muss der angehende Immobilienbesitzer aktuell mit einer Tilgung von drei Prozent jährlich beginnen: Betragen Zins- und Tilgungssatz zusammen fünf Prozent, reicht die Jahresrate von 8400 Euro für ein Darlehen über 168.000 Euro. Mit 81.000 Euro Eigenkapital sind sogar 249.000 Euro für Kauf und Nebenkosten drin.
Kaufpreis-Miete-Verhältnis beachten
Die Nettomiete hilft weiter, wenn es zu prüfen gilt, ob ein Kaufpreis realistisch ist. Dazu wird dieser durch die einer vergleichbaren Mietwohnung geteilt, die auch die eigene sein kann. "Je ungünstiger das Verhältnis, desto eher ist es ein Argument, weiter zur Miete zu wohnen", erläutert Sahr. Vor allem in begehrten Lagen sei das Kaufpreis-Miete-Verhältnis für Käufer ungünstig:. "Dort wird oft schon das 30-fache der Jahresmiete bezahlt. Das kann sich nicht rechnen." Sahrs Tipp: Mal in der zweiten Reihe nach einer günstigeren Immobilie suchen.
Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt am Main sieht in einem hohen oder gar überteuerten Kaufpreis ein Wertverlustrisiko. "Das Objekt verliert wie das Auto schon beim Kauf an Wert." Wer teuer kauft, sollte eine geringere Steigerung erwarten. Und: "Ob ich in 30 Jahren viel mehr für meine Immobilie bekomme, als ich gezahlt habe, weiß ich nicht."
Trotzdem zieht Herbst unter den derzeitigen Bedingungen das Kaufen dem Mieten vor. Mieter müssten zum einen regelmäßige Mieterhöhungen hinnehmen - kalkuliert werden Herbsts Angaben zufolge zwei Prozent pro Jahr. Zum anderen baue sich ihr Vermögen auf lange Sicht langsamer auf, weil die kletternde Miete einen Teil der Rendite aus Geldanlagen auffrisst. Dagegen sinke die prozentuale Belastung der Immobilienkäufer im Laufe der Jahre. Diese könnten ihre zumutbare Belastung auch anhand des derzeitigen Nettoeinkommens ermitteln, wenn sie es wie die Banken betrachteten. Diese ziehen die Grenze bei 40 Prozent des Nettoeinkommens.
Immobilienkauf ist auch eine Typfrage
Jenseits der finanziellen Fragen empfehlen Herbst und Verbraucherschützerin Kienitz, die eigene Lebenssituation in die Entscheidung für Kauf oder Miete einzubeziehen. "Ich würde heute kaufen, wenn ich meinen Lebensmittelpunkt gefunden habe", sagt Herbst. Zehn Jahre sollte die Immobilie schon selbst genutzt werden, damit sich die Ausgaben rentieren und bei einem Verkauf die verauslagten Nebenkosten wieder hereinkommen. Steht alle paar Jahre ein Umzug an, spricht das eher für mieten.
Nach Einschätzung von Christiane Kienitz sollten sich Verbraucher auch vor einer Entscheidung selbst auf den Prüfstand stellen, weil die eigene Persönlichkeit eine Rolle spielt. "Bin ich der Typ, der es lieber bequem mag und bei jedem Problem gleich den Vermieter anruft. Oder bin ich bereit, mich selbst zu kümmern?" Klassische Pflichten im Eigenheim sind zum Beispiel Rasenmähen und Schneeschippen - das muss nicht jeder Mieter tun, weil es zunächst Sache des Vermieters ist.