Merkel will Schäuble zum Nachfolger von Eurogruppen-Chef Juncker machen
Stand: 16.03.2012
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP
Brüssel/Berlin - Nach Berichten der "Financial Times Deutschland" (FTD) will Bundeskanzlerin Merkel Finanzminister Schäuble zum Nachfolger des scheidenden Chefs der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, machen. Schäuble sprach derweil von verfrühten "Personalspekulationen".
Die "FTD" berief sich in ihrem Bericht auf Informationen aus Brüssel und mehreren EU-Hauptstädten. Schäuble sagte in Berlin, es gebe derzeit "andere Aufgaben", als über Personalien zu spekulieren. Wenn klar sei, dass Juncker nicht mehr zur Verfügung stehe, werde sich die Bundesregierung "in absehbarer Zeit mit dieser Frage beschäftigen". Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, es gebe "noch keine Festlegung".
Neuer Eurogruppen-Chef soll gleichzeitig auch Finanzminister sein
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bekräftigte lediglich die Forderung Deutschlands, dass der neue Eurogruppen-Präsident gleichzeitig auch Finanzminister sein solle. Die Bundesregierung hält es für unnötig, den Posten zu einem Vollzeitjob zu machen. Schäuble könnte also im Falle einer Berufung an die Spitze der Eurogruppe sein Berliner Ressort weiterführen.
Die Eurogruppe ist das wichtigste Gremium der Währungszone im Kampf gegen die Schuldenkrise. Der luxemburgische Regierungschef Juncker ist ihr Präsident, seit der Posten im Jahr 2005 geschaffen wurde. Junckers Mandat läuft Ende Juni aus und der 57-Jährige hat angekündigt, wegen der großen Arbeitsbelastung keine weitere Amtszeit anzutreten. In Brüssel wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass Juncker das Amt doch noch einmal übernimmt, wenn der ausdrücklich darum gebeten wird.
Wahl des Eurogruppen-Chef für zweieinhalb Jahre
Der Eurogruppen-Präsident wird von den EU-Finanzministern für zweieinhalb Jahre gewählt. Die Juncker-Nachfolge ist Teil eines Pokers um vier wichtige Spitzenposten. Die endgültige Entscheidung könnte erst im Sommer fallen, da sich dem "FTD"-Bericht zufolge eine Entscheidung möglicherweise bis nach den französischen Präsidentschaftswahlen im Mai verzögert.
Auch die Führung des ESM und der EZB ist vakant
Neben dem Eurogruppen-Vorsitz geht es um die Führung des künftigen Euro-Rettungsfonds ESM, der im Sommer startet. Bislang galt es als sicher, dass der Leiter des bisherigen Rettungsfonds EFSF, der Deutsche Klaus Regling, auch diesen Posten übernimmt. Sollte Schäuble jedoch Juncker nachfolgen, könnte für die ESM-Führung ein nicht-deutscher Kandidat gesucht werden müssen.
Das dritte Amt ist der Ende Mai freiwerdende Posten des Spaniers José Manuel Gonzalez-Paramo im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Regierung in Madrid will als Nachfolger ihren Kandidaten Antonio Sainz de Vicuña durchsetzen, den Leiter der EZB-Rechtsabteilung. Doch dagegen gibt es Widerstand. Als Favorit gilt der von Deutschland unterstützte Chef der Luxemburger Zentralbank, Yves Mersch. Schließlich muss das Präsidentenamt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) neu besetzt werden. Dies hat derzeit der Deutsche Thomas Mirow inne.
Deutschland hat Anspruch auf einen der freiwerdenden Posten
"Deutschland hat Anspruch darauf, eine dieser freiwerdenden Stellen" zu besetzen, erklärte der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber. "Schließlich trägt die Bundesrepublik auch die Hauptlasten der Euro-Rettung." Und der Vorsitz der Eurogruppe könne nur von einem Vertreter eines Stabilitätslandes besetzt werden. Schäuble wäre als Eurogruppen-Chef "eine hervorragende Wahl".
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