Mehrwertsteuer: DIW-Chef Zimmermann fordert 25 Prozent
Stand: 19.05.2010
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Berlin - Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat mit der Forderung nach einer drastischen Mehrwertsteuererhöhung auf 25 Prozent einen Proteststurm ausgelöst. Wirtschaftsexperten und Sozialverbände wiesen den Vorschlag am Dienstag zurück. Ein klares Nein kam auch aus den Bundesländern. Der Wirtschaftsexperte Peter Bofinger schlug stattdessen einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent vor.
DIW-Präsident Klaus Zimmermann argumentierte, eine Anhebung der Umsatzsteuer von jetzt 19 auf 25 Prozent brächte dauerhaft über 50 Milliarden Euro Einnahmen. Dieser Betrag werde mindestens benötigt, um das strukturelle Defizit der öffentlichen Haushalte zu decken. Er wandte sich auch gegen die niedrigeren Umsatzsteuersätze für Tiernahrung sowie für Hotels und Gaststätten. Davon gingen keinerlei positive wirtschaftliche Impulse aus. Für Lebensmittel sollte hingegen der niedrige Steuersatz von sieben Prozent weiter gelten, um Haushalte mit geringem Einkommen nicht zu benachteiligen.
Der Sozialverband VdK wies den DIW-Vorschlag zurück. "Das wäre Haushaltssanierung zulasten der Schwächsten", sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Sie warnte, die größten Verlierer wären die Rentner. Eine Mehrwertsteuererhöhung würde die Gefahr der Altersarmut zusätzlich verschärfen.
Auch der Wirtschaftsweise Bofinger hält nichts von einer Mehrwertsteuerhöhung und sprach von einer "Schnapsidee." Die Mehrwertsteuer belaste vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen. Auch würde die Binnennachfrage gedämpft. Dabei müsse alles dafür getan werden, um die Nachfrage zu erhöhen. Bofinger schlug vor, zur Entlastung der öffentlichen Haushalte die "stärkeren Schultern" heranzuziehen und brachte einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent ins Spiel. Für denkbar hält er aber, dass die Bundesregierung eine Anhebung der Umsatzsteuer um zwei bis drei Punkte beschließt.
Widerstand gegen eine höhere Mehrwertsteuer regt sich auch in den Bundesländern. Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke) sagte: "Wichtig ist jetzt, die Spekulation auf den Devisenmärkten einzudämmen und nicht die Bürgerinnen und Bürger weiter zu belasten." Thüringens FDP-Generalsekretär Patrick Kurth monierte: "Wer immer nur sofort nach Steuererhöhungen ruft, macht es sich zu leicht. Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem." Der Bundestagsabgeordnete fügte hinzu: "Wer jetzt über Steuererhöhungen fabuliert, der drückt sich vor der notwendigen Diskussion darüber, was der Staat sich noch leisten kann. Dass ist unredlich."
Der baden-württembergische SPD-Finanzexperte Nils Schmid betonte, mit der SPD sei keine Haushaltskonsolidierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu machen. Stattdessen plädierte er für eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, wonach die Umsatzsteuer konsequenter eingetrieben werden solle. Nach Schmids Vorstellungen sollten sich die Länder dazu verpflichten, genug Personal bereitzustellen. Im Gegenzug sollte der Bund die Umsatzsteueranteile an die Länder erhöhen.