Landesbanken erwarten "milde" Rezession in der Eurozone
Stand: 08.11.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Frankfurt/Main - Die Wirtschaftsleistung im Euroraum dürfte nach einer Prognose der deutschen Landesbanken zur Jahreswende zwar schrumpfen - eine massive Rezession erwarten die Volkswirte allerdings nicht. Auch für Deutschland erwartet ein Teil der Ökonomen der im Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) vertretenen Kreditinstitute ein Minus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) - allerdings nur für ein Quartal, womit die Bedingungen für eine Rezession nicht erfüllt wären.
Angesichts des Drucks der Staatsschuldenkrise auf die Konjunktur sei eine "milde Rezession" in der Eurozone wahrscheinlich, sagte WestLB-Ökonom Torge Middendorf am Dienstag in Frankfurt am Main. Demnach könnte die Wirtschaftsleistung in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen leicht sinken. Für Deutschland dürfte nach der Vorhersage der Volkswirte aber höchsten ein Quartal negativ ausfallen. Die Prognosen reichen von minus 0,4 Prozent im vierten Quartal 2011 (DekaBank) über minus 0,3 Prozent im ersten Quartal 2012 (HSH Nordbank) bis hin zu durchgängig positiven Werten bei anderen Landesbanken.
Für das Jahr 2012 insgesamt sagen die VÖB-Ökonomen für Deutschland ein Wirtschaftswachstum zwischen 0,5 Prozent und 1,4 Prozent voraus. Die Prognosen für den Euroraum liegen zwischen 0,4 Prozent und 1,0 Prozent.
Italiens Wirtschaft könnte um 0,4 Prozent schrumpfen
"Das ist kein Lehman-Moment", charakterisierte der Chef-Volkswirt der DekaBank, Ulrich Kater, die Lage trotz der Staatsschuldenkrise. Es gebe nicht die Situation wie 2008, als der plötzliche Schock des Zusammenbruchs der US-Investmentbank Lehman Brothers "die Realwirtschaft verstört und einen Dominoeffekt ausgelöst hat".
Seit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA, die als Auslöser für die neueste Phase der Abschwächung gesehen werden könne, habe es keinen vergleichbaren Einbruch gegeben, sagte Kater. Allerdings seien die Folgen für die Euro-Länder unterschiedlich: In Südeuropa verschärften sich inzwischen die Kreditbedingungen und bremsten die Wirtschaft. Für Italien sei ein Rückgang des BIP um 0,4 Prozent im nächsten Jahr zu erwarten.
Zweifel am Rettungsschirm
Zugleich dürfte aber in Europa die Inflation wieder sinken. Zweifel hegten die Ökonomen daran, dass der Euro-Rettungsschirm EFSF die gewünschte Wirkung entfalten kann. Wichtig bleibe es, dass die Europäische Zentralbank (EZB) weiter als "letzter Mann" zur Verfügung stehe, "der abräumt, was an Kegeln noch stehen geblieben ist", sagte Kater.
Nach Einschätzung der Volkswirte dürfte die EZB nach der überraschenden Leitzins-Senkung von 1,5 Prozent auf 1,25 Prozent in der vergangenen Woche den Zins schon bald auf 1,0 Prozent senken. Das könnte noch im Dezember geschehen. Dann allerdings dürfte der Leitzins mindestens bis Anfang 2013 unverändert bleiben, erklärten die Experten. Eine Senkung unter 1,0 Prozent sei dennoch nicht ganz unmöglich, hieß es.
Nachrichten zum Thema
- Deutsches Wirtschaftswachstum kommt zum Erliegen
- Hintergrund: Wie Real- und Finanzwirtschaft zusammenhängen
- Furcht vor schwacher Weltwirtschaft treibt Goldpreis in die Höhe
- Ökonomen erwarten Mini-Wachstum - aber keine Rezession
- Rezessionsgefahr in Deutschland? Befürchtungen mehren sich
- Bundesbank sieht keine Rezessionsgefahr