Länderfinanzausgleich soll besser sein als sein Ruf
Stand: 24.09.2014
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Berlin - Der Länderfinanzausgleich steht unter Beschuss: Hessen und Bayern klagen vor dem Verfassungsgericht, konservative Ökonomen wünschen sich Konkurrenz statt Solidarität zwischen den Bundesländern. Die Kritik am Finanzausgleich sei aber theoretisch und empirisch nur schwach fundiert, erklärt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Das eigentliche Problem sind unzureichende Steuereinnahmen auf allen Ebenen, so eine aktuelle Studie des Instituts.
Die Verhandlungen über die finanziellen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen dürften diejenigen auf den Plan rufen, die „weg vom kooperativen Föderalismus“ und stattdessen „in Richtung eines Wettbewerbsföderalismus“ gehen wollen, fürchten Achim Truger, Professor an der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht, und der Berliner Finanzexperte Dieter Vesper.
Kritiker des Finanzausgleichs monieren, das System setze falsche Anreize und beeinträchtige die Effizienz des Staates: Die Länder würden für wirtschaftsfreundliche Politik nicht belohnt, weil sie dadurch erzielte zusätzliche Steuereinnahmen abgeben müssten. Stattdessen sollten die Länder in einen Wettbewerb um Unternehmensansiedlungen und Arbeitskräfte eintreten. Diese Argumentation halten Truger und Vesper jedoch aus mehreren Gründen für angreifbar. Sie sei weder theoretisch noch empirisch ausreichend unterfüttert.
Erstens fuße das gedankliche Modell, das hinter dem föderalen Wettbewerb steht, nicht auf realistischen Annahmen. Tatsächlich sei nicht zu beobachten, dass Landes- und Kommunalpolitiker bei ihren Bemühungen um Unternehmen und Arbeitsplätze in erster Linie auf potenzielle Steuereinnahmen schauen – entsprechend gering dürfte die Wirkung veränderter Anreizstrukturen ausfallen.
Wettlauf um niedrige Steuersätze kann in Abwärtsspirale führen
Steuerwettbewerb könne, so Truger und Vesper, leicht zu einer destruktiven Konkurrenz zwischen Regionen ausarten. Am Ende müssten alle mit einer schlechteren öffentlichen Infrastruktur leben.
Das Grundgesetz sehe Wettbewerbsföderalismus zudem schlicht nicht vor. Nach Einschätzung der Wissenschaftler würde dieses Konzept den von der Verfassung vorgegebenen Staatsaufbau auf den Kopf stellen.
Nach einer Analyse der Länderfinanzen kommen Truger und Vesper zu dem Schluss, dass es unbegründet sei, von einer „Überforderung“ der Geberländer zu sprechen. Zwar fehle es vielerorts in den öffentlichen Kassen an Geld. Dies sei jedoch keine Folge der föderalen Finanzbeziehungen, sondern gehe auf die langjährige Steuersenkungspolitik sowie das schwache Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum des vergangenen Jahrzehnts zurück.