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Kommt eine große Rentenreform?

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Die Gewerkschaften machen sich stark für höhere und sicherere Renten, im Bundestagswahlkampf soll das Thema wichtiger werden. Vorgeprescht ist nun die IG Metall - ein Überblick über das Konzept der einflussreichen Metallgewerkschaft und den Stand der Debatte.

Wie ist die Ausgangslage?

Die Renten sind zwar zum Monatsbeginn um 4,25 Prozent in den alten und 5,95 Prozent in den neuen Ländern gestiegen. Doch immer mehr geburtenstarke Jahrgänge erreichen das Rentenalter, und die Beiträge sollen nicht zu stark steigen. Deshalb sinkt das Rentenniveau: Wer 45 Jahre durchschnittlich verdient hat, könnte statt 1370 Euro wie heute im Westen im Jahr 2030 nur 1240 Euro bekommen.

Können Riester- und Betriebsrenten die Lücke ausgleichen?

Nicht ganz. Zwei Fünftel der 16 Millionen Riester-Sparer zahlen nicht mehr ein oder nutzen keine staatliche Förderung. Drei von fünf Arbeitnehmern haben eine Betriebsrente - seit Jahren werden es nicht mehr. Unterdurchschnittlich vertreten ist die sogenannte zweite und dritte Säule der Altersvorsorge bei Geringverdienern und Beschäftigten in kleinen Betrieben.

Was fordert die IG Metall im Kern?

Mittelfristig eine Anhebung des Rentenniveaus, zunächst einmal einen Stopp seines Absinkens. Schon nach 43 Jahren mit Durchschnittseinkommen soll man soviel aus der Rentenkasse bekommen, wie es heute als offizielle Zielgröße nach 45 Jahren zusammen mit der Riesterrente sind. Das wären 1450 Euro brutto im Monat.

Was soll sich noch ändern?

Die Rentenformel, nach der die Renten berechnet werden, soll geändert werden. Die Rentenkasse soll eine Reserve für die Zukunft aufbauen. Selbstständige und Beamte sollen in die Rentenversicherung aufgenommen werden. Die Beiträge sollen stärker steigen als bisher geplant - auf maximal 25 Prozent 2030.

Sollen Riester- und Betriebsrenten keine Rolle mehr spielen?

Doch. Ein Ende des "Riesterns" will die Metallgewerkschaft nicht. Vor allem aber soll es weit mehr Betriebsrenten geben. Die IG Metall lobt dabei Pläne aus dem Haus von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD), nach denen sich Tarifpartner hierfür auf gemeinsame Pensionskassen oder Pensionsfonds einigen sollen. Nahles ist übrigens selbst IG-Metall-Mitglied.

Sind die Vorschläge realistisch?

Teils ja. Eine Stärkung der Betriebsrente ist bereits bei der Regierung in Vorbereitung. Weniger konkret sind dagegen bisher Vorschläge zur gesetzlichen Rente. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat im April eine Stabilisierung des Rentenniveaus gefordert. In der CDU zeigen sich einflussreiche Fachpolitiker offen, es nicht so stark sinken zu lassen wie derzeit gedacht. Im Herbst will Nahles ein Gesamtkonzept zur Rente vorlegen.

Wie weit reicht die politische Unterstützung für höhere Renten?

Eine große Reform mit Anhebung des Rentenniveaus und einer Einbeziehung von Beamten in die Rentenversicherung ist derzeit nicht in Sicht. Ob die Weichen nach der Bundestagswahl neu gestellt werden, ist offen. Aber einen großen Kurswechsel halten die meisten Rentenpolitiker für wenig verlockend. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann pocht darauf, dass die Vorschläge seiner Gewerkschaft seriös seien.

"Wir wollen Mehrheiten sammeln." Die Gewerkschaft führt eine TNS-Infratest-Umfrage ins Feld, nach denen 72 Prozent der Jüngeren mit höheren Rentenbeiträgen einverstanden wären, wenn die Rente den Lebensstandard im Alter sichert.

Was halten andere von den Plänen?

Die Arbeitgeber schon einmal nichts. Sie seien zu teuer. "Solche Vorschläge führen letztlich in die Einheitsrente", sagt der Hauptgeschäftsführer ihres Metallverbands Gesamtmetall, Oliver Zander. Gerade die Metall- und Elektrobeschäftigte - oft gut auch mit Betriebsrenten abgesichert - hätten eher Nachteile. Applaus kommt von den Linken. Aber offenbar sehen die Gewerkschaften Chancen, dass sich in der geforderten Richtung etwas nach der Bundestagswahl 2017 bewegt. Auch der DGB startet im Herbst eine Rentenkampagne.