Jens Weidmann wird neuer Bundesbankpräsident
Stand: 16.02.2011
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Berlin - Angela Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann wird neuer Bundesbank-Chef. Zum 1. Mai wird er das Kanzleramt gegen die deutsche Zentralbank tauschen. Die FDP beugte sich nach anfänglichem Zögern dem Willen der Kanzlerin und willigte in die Entscheidung ein. FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, eine Hängepartie könne man sich nicht leisten, wenn es um die Zukunft des Euro gehe. Er habe sich im Gegenzug für die Finanzexpertin Sabine Lautenschläger als Vizepräsidentin in der Männerdomäne Bundesbank stark gemacht.
Der Wechsel an der Bundesbankspitze war notwendig geworden, weil der bisherige Präsident Axel Weber vergangene Woche überraschend seinen Rückzug bekannt gegeben hatte. Damit durchkreuzte Weber die Pläne der Bundesregierung, ihn als aussichtsreichen Kandidaten für den Chefsessel der weitaus einflussreicheren Europäischen Zentralbank (EZB) zu nominieren. Webers Chancen waren allerdings zuletzt geschwunden, weil er sich im EZB-Rat gegen den Aufkauf von Staatsanleihen hoch verschuldeter EU-Länder ausgesprochen hatte - und öffentlich darüber sprach. Weber kann nun Ende April aufhören.
Mit der Berufung Weidmanns hat Merkel es nun geschafft, schnell eine Lösung für das Personalproblem zu finden. Die Zustimmung des Bundespräsidenten ist nur noch Formsache. Weidmann gibt seine bisherige Position als Wirtschaftsberater und Abteilungsleiter im Kanzleramt mit sofortiger Wirkung auf.
Weidmann machte früh Karriere
Merkel würdigte den 42-Jährigen als "unabhängigen Kopf" und einen Mann mit hoher Sachkompetenz und großem Intellekt. Weidmann habe diese Tugenden in der Wirtschafts- und Finanzkrise eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Weidmann war seit 2006 Wirtschaftsberater der Kanzlerin. In dieser Funktion war er Chefunterhändler Deutschlands bei den Gipfeltreffen der G-8 und der G-20. Zuvor hatte er unter anderem beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und als Bundesbank-Abteilungsleiter Erfahrung gesammelt.
Mit Blick auf Weidmann und Lautenschläger sprach Merkel von einem "guten Personalpaket". Die künftige Vizepräsidentin ist derzeit Exekutivdirektorin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sie soll zum 1. Juni zur Notenbank wechseln. Merkel versicherte, die neue Bundesbank-Spitze stehe für einen "stabilen und starken Euro".
Auch Westerwelle betonte die Unabhängigkeit der Bundesbank, nachdem aus seiner Partei Kritik an einem allzu raschen Wechsel aus dem Kanzleramt nach Frankfurt laut geworden war. Der Außenminister räumte ein, dass ohne Webers Rücktritt ein Wechsel über eine längere Zeit hätte geplant werden können. Nun sei es jedoch auf eine rasche Lösung angekommen. Die Experten seiner Fraktion unterstützten den Vorschlag. FDP-Finanzexperte Volker Wissing bestätigte dies. Auch der CDU-Wirtschaftsrat lobte die Berufung als "außerordentlich gute Entscheidung".
Die Opposition hatte Merkels Wahl dagegen bereits heftig kritisiert. Die Linke erklärte, ein "Diener der Kanzlerin" sei kein geeigneter Bundesbankpräsident: "Unabhängigkeit, Insiderwissen und Interessenkonflikte werden von der arroganten Machtclique dieses Landes als unwichtige Sensibilitäten missachtet."
Webers Entscheidung schon wochenlang im Schwange
Weber soll schon beim Weltwirtschaftsforum in Davos Ende Januar dem New Yorker Wirtschaftsprofessor Nouriel Roubini gesagt haben, dass er das Amt des EZB-Präsidenten nicht mehr anstrebe, wie die "Zeit" berichtete. Zudem habe Weber eine internationale PR-Agentur engagiert, die ihn bei der Umsetzung des Rückzugsplans beraten habe.
Laut "Welt Online" hat die Bundesregierung nach dem Rückzug Webers die Hoffnung aufgegeben, dass ein Deutscher im Herbst Nachfolger von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet werden kann. Jürgen Stark, derzeit Chefvolkswirt der EZB, soll nach Information der Zeitung aus Regierungskreisen der Topökonom der Zentralbank bleiben. Damit aber habe Deutschland praktisch keine Chancen, einen eigenen Kandidaten für das Präsidentenamt durchzusetzen.