Immer mehr Anleger wollen nachhaltig investieren
Stand: 04.05.2011
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Bonn - Verbraucher, die nachhaltig leben wollen, können sich Kleidung mit Bio-Siegel, ökologisch angebautes Gemüse oder fair gehandelten Kaffee kaufen. Aber auch Geldanleger haben seit geraumer Zeit die Möglichkeit, nachhaltig zu investieren. Das bedeutet, Geld in Aktien von Unternehmen zu stecken, die nicht die Umwelt verschmutzen, ihre Mitarbeiter fair behandeln, auf Kinderarbeit verzichten und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen.
Der 7. Sustainbility Congress, der am Dienstag und Mittwoch in Bonn stattfand, diente der Finanzbranche zum Austausch über diese neue Entwicklung. Und das Interesse an Nachhaltigkeit wächst: Waren 2004 noch 14 Fondsgesellschaften vertreten, beteiligten sich in diesem Jahr bereits 32 Aussteller an dem Kongress.
Atomkraft im Fokus
Dabei stand vor allem ein Thema im Fokus: die Atomkraft. So gibt es durchaus Fonds, die damit werben, nachhaltig zu sein, die aber Aktien von Atomkraftwerksbetreibern oder deren Zulieferern im Portfolio haben. Der Grund: Vor dem Atomunglück in Japan wurde noch damit argumentiert, dass Atomkraftwerke weniger CO2 ausstoßen als zum Beispiel Kohlekraftwerke.
"Die Aktien von E.ON und RWE befinden sich auch in Indizes, die nur die Titel von nachhaltigen Unternehmen aufnehmen", nennt Andrew Murphy von Murphy & Spitz aus Bonn ein Beispiel. Murphy & Spitz betreibt einen Umweltfonds und schließt selbst atomkraftnahe Unternehmen aus. Jedoch seien 28 aller 30 DAX-Titel in Nachhaltigkeitsindizes enthalten, sagt Murphy.
Anleger sollten sich also genau darüber informieren, was sich hinter einem Produkt verbirgt. "Ein Privatanleger, der nachhaltig investieren will, will doch gerade Atomkraft nicht im Portfolio haben, aber die Aktie von General Electric, die das Atomkraftwerk in Fukushima beliefert haben, findet sich auch in verschiedenen nachhaltigen Fonds", sagt Murphy.
Der Hildener Fondsbetreiber Ökoworld Lux, dessen Fonds Ökovision seit 15 Jahren besteht, ist so atomfrei wie es geht. "Wir prüfen nicht nur die Zulieferer eines Unternehmens, sondern auch deren Zulieferer und schauen auch darauf, wer diese wiederum beliefert", sagt Matthias Langer von Ökoworld Lux und demonstriert das anhand mehrerer Prospekte.
Demnach ist Altersvorsorge oder Vermögensaufbau ohne Atomkraft oder die Renditen ethisch fragwürdiger Unternehmen zwar möglich. Auch das Privatanlegerinteresse ist da. "Die Leute schauen mittlerweile stark darauf und das Interesse nimmt zu. Wenn man sich aber die Volumen der nachhaltigen Produkte anschaut, wird dieses Interesse noch nicht von den Zuflüssen widergespiegelt", sagt Volker Weber, Vorstand des Forums Nachhaltiges Geld.
Björn Drescher, Initiator des Kongresses, befürchtet gar, dass Fukushima mittlerweile wieder aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden ist. "Momentan liest man gar nichts darüber", sagt er.
Börse reagierte nach Exxon-Unglück kaum
Doch nicht nur das Gedächtnis der Allgemeinheit, sondern auch das Gedächtnis an der Börse ist kurz. "Nach dem Tankerunglück von Exxon im Jahr 1989 hat die Börse fast gar nicht reagiert", sagt Christoph Butz, Nachhaltigkeitsexperte der Schweizer Privatbank Pictet, und zeigt auf den Kursverlauf der Exxon-Aktie. Diese hatte damals tatsächlich kaum nachgegeben. Nachhaltig orientierte Anleger brauchen eben auch ein Langzeitgedächtnis.