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Häuslebauer: Schulden im Zinstief abbezahlen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn

München - In Zeiten historisch tiefer Zinsen planen viele, ihr Geld in eine Immobilie zu stecken. Doch nicht jede Variante passt für jede Lebenssituation und jeden Geldbeutel. "Grundsätzlich spricht nichts dagegen", sagt Christian Kraus, Sprecher des Münchener Baugeldvermittlers Interhyp AG. "Allerdings sollte sich niemand von Minizinsen und einer niedrigen Monatsrate blenden lassen." Die sei zwar meist locker zu schultern, könne aber dazu führen, dass zu Rentenbeginn noch eine Restschuld offen ist. "Um böse Überraschungen zu vermeiden, rate ich deshalb Bau- und Kaufwilligen, die Zinsersparnis konsequent in die Tilgung zu stecken."

Sind die Zinsen für Baugeld hoch, reicht ein Tilgungssatz von einem Prozent der Darlehenssumme aus, um das Geld in einer überschaubaren Zeitspanne zurückzuzahlen. "In einer Niedrigzinsphase ist das jedoch viel zu wenig", erklärt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest. "Die Laufzeit eines Darlehens würde sich dadurch auf bis zu 50 Jahre verlängern." Selbst bei zwei Prozent Tilgung bräuchten Häuslebauer noch mehr als 35 Jahre, um schuldenfrei zu sein.

Hintergrund: Je höher die anfängliche Tilgung, desto schneller reduziert sich die Restschuld. Ein niedriger Tilgungssatz zieht die Finanzierung in die Länge - vor allem in Kombination mit niedrigen Zinsen. Weil dann der Zinsanteil innerhalb der Rate kleiner ist, wächst der Tilgungsanteil viel langsamer. "Aus diesem Grund sollte die anfängliche Tilgung derzeit bei mindestens drei Prozent liegen", erklärt Immobilienexperte Sahr."

Zum Vergleich: Bei einer Darlehenssumme von 200 000 Euro und einem Zinssatz von 1,5 Prozent beträgt die monatliche Rate bei zwei Prozent Tilgung zwar nur 583 Euro. Dafür bleiben nach zehn Jahren aber noch fast 157 000 Euro Restschuld übrig. Wer zu Beginn mit vier Prozent tilgt, muss zwar jeden Monat 917 Euro berappen - hat nach zehn Jahren allerdings nur noch rund 114 000 Euro offenstehen.

Der Unterschied wirkt sich auch nach dem Ende der Zinsbindungsfrist aus, wenn es um die Anschlussfinanzierung geht. "Je geringer die Restschuld, desto geringer auch das Risiko, bei dann möglicherweise gestiegenen Zinsen eine deutlich höhere Monatsrate zahlen zu müssen", erläutert Kraus. Wer zum gegenwärtigen Zeitpunkt umschuldet, dem empfiehlt Kraus: "Bisherige Rate möglichst beibehalten und die niedrigeren Zinsen für eine höhere Tilgung verwenden." So ist man die Schulden meist etliche Jahre früher los.

Auch wer erst in ein paar Jahren einen Anschlusskredit braucht, kann sich die Topzinsen schon heute sichern. Statt bis zum Ende der Zinsbindung zu warten, lassen sich feste Konditionen je nach Bank bis zu fünf Jahre im Voraus vereinbaren. Umsonst sind solche Forward-Darlehen jedoch nicht: Je länger die Vorlaufzeit, desto höher der Zinsaufschlag. Das lohnt sich nur, wenn die Marktzinsen über den Zinsaufschlag hinaus steigen - was aber heute noch niemand weiß. Andererseits können die Zinsen kaum noch sinken, und die Aufschläge sind laut Stiftung Warentest derzeit sehr moderat.

Als Anschlusslösung kommt auch ein zinssicheres Volltilgerdarlehen in Frage: Monatsrate und Tilgungssatz sind hier so gestrickt, dass am Ende der Zinsbindung nach 15 oder 20 Jahren keine Restschuld mehr steht. Vorteil: Die Finanzierung ist so bis zum Schluss centgenau kalkulierbar. Nachteil: Der Tilgungssatz ist mit rund sechs Prozent ziemlich hoch, doch viele können sich das durch eine Zinsersparnis von 50 Prozent und mehr trotzdem leisten.

Übrigens: Sind seit der vollständigen Auszahlung eines Baukredits mindestens zehn Jahre vergangen, steht Kunden per Gesetz das Recht zu, ihren Vertrag mit sechsmonatiger Frist zu kündigen und sich für die Anschlussfinanzierung einen neuen Anbieter zu suchen.

Eine weitere Möglichkeit, seine Restschuld zügig herunterzufahren, ist das Vereinbaren eines Sondertilgungsrechts. "Dass Kunden pro Jahr bis zu fünf oder sogar zehn Prozent der anfänglichen Darlehenssumme außer der Reihe tilgen dürfen, ist mittlerweile Standard", hat Dirk Scobel von der Verbraucherzentrale Hamburg beobachtet. Kunden sollten allerdings darauf achten, dass dies kostenlos möglich ist oder sich der Zinsaufschlag zumindest in engen Grenzen hält.

Nach Scobels Ansicht sind Sondertilgungen sogar interessanter als ein höherer Tilgungssatz: "Angesichts der in Ballungsräumen stark gestiegenen Immobilienpreise gehen viele Leute bei der Rate ohnehin finanziell an die Schmerzgrenze. Der Verzicht auf eine höhere Tilgung und konsequentes Fokussieren auf die jährliche Sondertilgung kann ihnen Luft verschaffen." Im obigen Beispiel mit zwei Prozent anfänglicher Tilgung würde schon eine Sonderzahlung von jährlich 5000 Euro die Restschuld nach zehn Jahren auf rund 103 000 Euro drücken.

Bei 10 000 Euro blieben sogar nur noch knapp 50 000 Euro übrig. Neuerdings erlauben manche Anbieter sogar, den Tilgungssatz während der Zinsbindung mehrmals zu ändern. "Auch ein solches Wahlrecht kann eine interessante Variante sein - etwa dann, wenn ein Paar noch Kinder will und dadurch vorübergehend ein Einkommen wegfallen würde", sagt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest. In dieser Zeit ließe sich die Tilgung bis auf ein Prozent herunterfahren.