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Griechischer Schuldenschnitt: S&P urteilt auf Zahlungsausfall

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

London/Athen - Neuer Tiefschlag für Griechenland: Die Ratingagentur Standard & Poor's reagiert auf den ausgehandelten Schuldenschnitt mit einer erneuten Herabstufung der Kreditwürdigkeit des pleitebedrohten Euro-Landes. Sie senkte am späten Montag die schon mangelhafte Note "CC" auf das Niveau eines teilweisen Zahlungsausfalls mit möglicherweise negativen Auswirkungen auf das Finanzsystem.

Die griechische Regierung bemühte sich prompt um Schadensbegrenzung: Die Banken des Landes seien nicht gefährdet. Die Zentralbank und der Euro-Rettungsfonds hätten vorgesorgt. Auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker demonstrierte Gelassenheit. Der Schritt sei erwartet worden.

Ein Zahlungsausfall ist deshalb problematisch, weil damit Kreditausfallversicherungen fällig werden könnten. Diese sogenannten Credit Default Swaps (CDS) waren einer der Gründe, warum die Finanzkrise des Jahres 2008 so dramatische Ausmaße angenommen hatte. Damals war es nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers zu einer Kettenreaktion im Finanzsystem gekommen.

Die Kritikpunkte von S&P

S&P hatte den Schritt angedroht. Besonders kritisch sehen die Bonitätswächter, dass Griechenland Anleger notfalls per Gesetz zwingen will, beim Schuldenschnitt mitzumachen. Das funktioniert über nachträglich eingefügte Umschuldungsklauseln, sogenannte Collective Action Clauses (CAC). Das sieht S&P kritisch. Die Ratingagentur Fitch hatte sich ähnlich geäußert. S&P setzte zudem den Ausblick für den Euro-Rettungsfonds EFSF auf "negativ".

Die Abstrafung Athens ließ die Finanzmärkte im Gegensatz zu früheren Bonitätsabwertungen kalt. Der Euro kletterte sogar auf über 1,34 US-Dollar, die Aktienmärkte legten zu. Die bevorstehende nächste große Geldspritze der Europäischen Zentralbank (EZB) zog alle Aufmerksamkeit der Anleger auf sich.

Am Mittwoch können die Geschäftsbanken der Eurozone zum zweiten Mal für drei Jahre unbegrenzt Mittel zum Niedrigzins bei der EZB ausleihen. Beim ersten Mal sogen die Geldhäuser bei einem solchen Geschäft fast 500 Milliarden Euro auf - diesmal könnte die Nachfrage sogar noch höher ausfallen.

Juncker, Chef der Eurogruppe, sagte zur Abstufung: "Diese oder mögliche ähnliche Entscheidungen von Ratingagenturen waren rechtzeitig vorweggenommen und wurden in die Planung zur Privatgläubigerbeteiligung einkalkuliert."

Hoffen auf den Forderungsverzicht privater Gläubiger

Er zeigte sich zuversichtlich, dass viele private Gläubiger wie Banken oder Versicherungen an dem freiwilligen Schuldenschnitt mitmachen. Sie sollen auf rund 100 Milliarden Euro Forderungen verzichten und bestehende Anleihen in neue, länger laufende und niedriger verzinste Papiere umtauschen. "Ich erwarte eine hohe Beteiligung privater Gläubiger."

Erst kurz zuvor hatte der Deutsche Bundestag dem 130 Milliarden Euro schweren neuen Hilfspaket für Griechenland zugestimmt. Einer der Kernpunkte ist, dass die Gläubiger aus der Privatwirtschaft freiwillig auf Teile ihrer Forderungen verzichten

Experten hatten ausgerechnet, dass Verluste vom ursprünglichen Wert der Anleihen von mehr als 70 Prozent drohen. S&P stufte die in den Schuldenschnitt einbezogenen Staatsanleihen sogar auf "D" ab, was Zahlungsausfall bedeutet.

Wenn genügend Anleihebesitzer ihre Wertpapiere wie vorgeschlagen umtauschen, kann sich die Kreditsituation für Griechenland jedoch schnell wieder entspannen, wie S&P erklärte. In diesem Fall sei es gut möglich, dass der "teilweise Zahlungsausfall" als abgewendet angesehen werde und die Ratingnote auf ein "CCC" steige, hieß es. Auch das Athener Finanzministerium wies auf den Umstand hin. Allerdings war in der Bankenwelt zuletzt schwer gezweifelt worden, ob sich ausreichend Gläubiger dem Schuldenschnitt zustimmen.

EZB will Griechenland weiter mit frischem Geld versorgen

Die erneute Abstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands wirkte sich unmittelbar auf die Refinanzierungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken bei der EZB aus: Der EZB-Rat habe beschlossen, vorrübergehend griechische Staatsanleihen sowie von Griechenland garantierte Wertpapiere nicht mehr als Sicherheiten für Kredite zu akzeptieren, teilte die Notenbank am Dienstag mit. Das dürfte vor allem griechische Banken treffen, die besonders viele Griechenland-Bonds halten. Üblicherweise können diese bei der EZB als Pfand für Kredite hinterlegt werden.

Allerdings will die EZB Griechenland dennoch weiter mit frischem Geld versorgen. Zunächst soll der Mittelbedarf über die Notfall-Liquiditätslinien des Eurosystems gewährleistet werden.

Die aussichtslose Lage Griechenlands auch nach Auszahlung des zweiten Rettungspakets ist aus einer internen Bewertung des Internationalen Bankenverbands IIF ersichtlich, aus dem "Die Welt" (Dienstag) zitiert. "Die dramatische Summe der Verluste, die der private Sektor hinnehmen musste, macht es schwer vorstellbar, dass der Fluss privater Kredite nach Griechenland bald wieder aufgenommen werden kann." Die griechische Regierung "wird daher für etliche Zeit vom öffentlichen Sektor abhängen", heißt es in dem Papier. Auch von anderen Krisen-Ländern der Eurozone wie Portugal, Spanien oder Irland könnte sich die Finanzindustrie bald abwenden.