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Griechenland arbeitet am Schuldenschnitt per Gesetz

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Frankfurt/Main - Der Schuldenschnitt für Griechenland ist beschlossene Sache. Der Verzicht der Gläubiger basiert jedoch auf Freiwilligkeit - zu heikel, für den hochverschuldeten Staat. Sollten sich nicht genügend Investoren auf den Forderungsverzicht einlassen, soll der Schnitt nun auch gegen ihren Willen durchgesetzt werden.

Die Idee klingt eigentlich gut: Banken und Versicherungen verzichten auf Forderungen, um Steuerzahler bei der Griechenland-Rettung zu entlasten. Das Problem: Die private Beteiligung am Hellas-Paket sollte "freiwillig" sein, damit Ratingagenturen den Schritt nicht als Staatspleite bewerten, so das Kalkül der Politik. Nun trauen die Griechen dem Braten nicht. Die Regierung hat am Mittwoch ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem die privaten Gläubiger notfalls zum Forderungsverzicht gezwungen werden könnten, falls die Beteiligung am freiwilligen Schuldenschnitt zu niedrig ausfallen sollte. Solche "Collective Action Clauses" (CAC) würden die Umschuldung erleichtern, sind rückwirkend aber heikel.

Was sind "Collective Action Clauses" (CAC)?

Das sind Umschuldungsklauseln, die es den Schuldnern bei Zahlungsschwierigkeiten ermöglichen, mit den Gläubigern über neue Bedingungen zu verhandeln. Die neuen Zahlungsbedingungen können von der Mehrheit der Geldgeber beschlossen werden - einzelne Gläubiger können eine Umschuldung nicht mehr blockieren. Üblicherweise bauen Emittenten von Schuldverschreibungen diese CAC schon ein, wenn die Anleihen begeben werden. So soll ein mögliches Umschuldungsverfahren von vornherein in geordnete Bahnen geleitet werden. "Mit CACs wird ein Rechtsrahmen geschaffen, der Umschuldungsverhandlungen mit heterogenen Gläubigergruppen durch Mehrheitsvoten erleichtern kann", erklärt der Bankenverband.

Wie kann Griechenland die privaten Gläubiger zum Schuldenschnitt zwingen?

Athen will die Anleihebedingungen nachträglich per Gesetz ändern. Damit müssten auch Gläubiger auf Geld verzichten, die sich nicht freiwillig an einem Schuldenschnitt beteiligen wollen. Das griechische Parlament will die rückwirkende Einführung solcher Collective Action Clauses am Donnerstag (23.2.) beschließen. Das soll "eine akzeptable Beteiligungsquote sicherzustellen, wenngleich ihre Anwendung äußerst fragwürdig wäre", schreibt Unicredit-Chefvolkswirt Erik Nielsen in einer Analyse.

Ist das nach der Einigung mit dem Bankenverband IIF überhaupt notwendig?

Vielleicht, denn noch ist unklar, wie viele Gläubiger freiwillig auf Forderungen verzichten werden. Vor allem Hedge Fonds sollen das ablehnen. "Der Deal ist noch nicht in trockenen Tüchern", betont Christian Schulz von der Berenberg Bank. Es gebe ein Risiko, dass die angestrebte Beteiligung von 90 Prozent der Privatgläubiger verfehlt werde: "Wenn Griechenland die Schuldenentlastung per Zwang erreichen muss, könnten komplizierte juristische Auseinandersetzungen folgen."

Wie würden Ratingagenturen reagieren?

Ratingagenturen würden einen solchen Schritt sicher als Zahlungsausfall bewerten, ist Nielsen überzeugt. Das könnte wiederum die ohnehin nervösen Finanzmärkte erneut erschüttern. Zudem würden Kreditausfallversicherungen (CDS) in unbekannter Höhe fällig, was die europäische Politik aus Sorge vor unabsehbaren Turbulenzen und Kettenreaktionen unbedingt vermeiden will.

Wäre ein nachträglicher Zwangsverzicht überhaupt legal?

Diese Frage kann zwar erst abschließend beurteilt werden, wenn die Klauseln im Detail vorliegen. Viel spricht aber dafür, dass ein solches Gesetz juristisch anfechtbar wäre. "Das wäre eine Enteignung", betont Ökonom Klaus Fleischer von der Hochschule München. Nielsen bezeichnet eine rückwirkende Gesetzgebung als "mehr als heikel": "Der Glaube an den Rechtsstaat würde Schaden nehmen."

Was bedeutet das für die "öffentlichen" Gläubiger?

Größter Einzelgläubiger Griechenlands ist die EZB. Die darf Staaten aber nicht finanzieren. Sie hat deshalb in der Trickkiste gekramt und ihre Bonds im Wert von geschätzten 50 Milliarden Euro vor möglichen nachträglichen CACs geschützt. Die EZB hat ihre Anleihen gegen neue Papiere getauscht. Diese sind zwar bezüglich Laufzeit und Konditionen identisch mit den alten. Sie tragen aber eine andere Kennnummer, die bei CACs ausgenommen wäre. Selbst Notenbank-Kreise räumen ein, dass diese Sonderbehandlung Risiken birgt: "Am Ende des Tages geht es um die Frage, ob ich als Emittent einzelne Gläubiger besserstellen kann. Alles, was in diese Richtung deutet, ist rechtlich kritisch zu bewerten."

Welche Folgen könnte der Schuldenschnitt per Gesetz für andere Euro-Länder haben?

Ökonomen und Politiker warnen vor Kettenreaktionen. Schließlich könnte sich künftig kein Investor mehr darauf verlassen, dass nicht auch andere Staaten ihre Anleihe-Bedingungen nachträglich ändern. Das würde die Attraktivität der lange als absolut sicher gesehenen Staatspapiere mindern - und die Refinanzierung der Euroländer am Kapitalmarkt erschweren. Der Münchner Ökonom Fleischer beschwichtigt aber: "Ich bin nicht der Meinung, dass es einen Flächenbrand geben würde. Man darf Griechenland und Italien nicht in einen Topf werfen."