Geldschöpfung: Gefahr durch private Banken?
Stand: 24.04.2017
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Frankfurt - Nur die Notenbanken haben die Lizenz zum Gelddrucken. Manche Geschäftsbanken schaffen jedoch durch ihre Kreditvergabe eigenständig Geld. Das ruft die Kritiker auf den Plan, die Gefahren für das Finanzsystem sehen. Nach Ansicht der Bundesbank gehe die Kritik allerdings eine falsche Richtung.
Was ist Geldschöpfung durch Geschäftsbanken?
Leiht sich ein Kunde beispielsweise 1000 Euro bei einer Geschäftsbank, schreibt diese ihm den Betrag auf seinem Konto gut und erhebt im Gegenzug Forderungen auf Zinsen und Tilgung. Erst wenn der Kunde den Betrag auf seinem Konto tatsächlich als Bargeld abhebt oder auf ein Konto einer anderen Bank überweist, muss sich die Bank Geld von der Zentralbank besorgen. Nur ein kleiner Teil der Bankguthaben wird aber tatsächlich abgehoben und Überweisungen zwischen Banken gleichen sich zum großen Teil aus. So kommt es, dass Geschäftsbanken Geld quasi "aus dem Nichts" schaffen. Sie müssen lange nicht so viel Zentralbankgeld haben, wie sie ihren Kunden gutschreiben.
Welches Problem sehen Kritiker an der Geldschöpfung durch Banken?
Banken könnten dadurch anfällig für "Bank Runs" werden, so eine weit verbreitete Befürchtung. Während der Finanzkrise kamen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit vieler Geldhäuser auf. Die Sparer hatten Angst, ihr Erspartes nicht mehr zurück zu bekommen, weshalb sehr viele von ihnen gleichzeitig ihr Geld abheben wollten. Sie verlangten also mehr Zentralbankgeld als die Banken vorrätig hatten - viele Banken konnten nichts mehr auszahlen.
Was entgegnet die Bundesbank der Kritik?
Sie ist aus Sicht der Währungshüter nicht gerechtfertigt. Eine Geschäftsbank könne sich im Fall der Fälle spontan Zentralbankgeld besorgen. Hierfür muss sie Sicherheiten, wie beispielsweise Wertpapiere, bei der Zentralbank hinterlegen. Erst wenn sie davon nicht mehr genügend hat, wird es richtig eng. Dies lässt sich aber nicht dadurch verhindern, dass die Bank mehr Zentralbankgeld bereithält, so das Argument. Es ist vielmehr die Folge von Verlusten beispielsweise mit Wertpapiergeschäften. In der Finanzkrise hatten viele Banken hohe Summen mit dubiosen US-Hauskrediten verloren.
Können Banken unbegrenzt Geld schöpfen?
Kritiker warnen, die Geldschöpfung führe zu einer übertriebenen Kreditvergabe und der Bildung von Finanzblasen, auf die dann drastische Einbrüche folgen. Diese Finanzzyklen können dann auch die Realwirtschaft in die Krise stürzen. Laut Bundesbank wird aber die Kreditvergabe durch die Nachfrage der Unternehmen und Privatpersonen einerseits sowie durch die Abwägung von Risiken und Kosten durch die Geschäftsbanken andererseits beschränkt. Beides werde auch über die Leitzinsen beeinflusst. Wie viel Zentralbankgeld die Geschäftsbanken vorrätig haben, sei dagegen nicht entscheidend. Das veranschauliche auch die aktuelle Situation: Seit der Finanzkrise hat sich die Menge an Zentralbankgeld mehr als versiebenfacht, zuletzt vor allem aufgrund der milliardenschweren Wertpapierkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB). Gleichzeitig ist die Kreditvergabe aber nur moderat gestiegen.
Sind Gewinne von Geschäftsbanken durch das Verleihen selbst geschaffenen Geldes überhaupt gerechtfertigt?
Aus Sicht der Bundesbank ja, weil es sich dabei um eine Kompensation für Dienstleistungen handle. Banken bieten ihren Kunden einerseits langfristige Kredite und andererseits die Möglichkeit der kurzfristigen Geldanlage. Aufgrund ihrer Größe können sie zudem Ausfallrisiken schultern. Dies setze allerdings eine funktionierende Regulierung voraus, mahnt die Bundesbank. Während der Finanzkrise mussten Staaten mit Milliarden an Steuergeldern für Verluste der Banken einstehen.
Welche Alternative sehen Kritiker zur Geldschöpfung durch Banken?
Der bekannteste Vorschlag ist das sogenannte "Vollgeld". Die Idee dahinter: Banken sollen künftig für jeden Euro, den Sparer bei ihnen eingezahlt haben, auch tatsächlich einen Euro Bargeld haben oder auf einem Konto bei der Zentralbank halten. Derzeit müssen sie nur einen Bruchteil davon vorrätig haben - die sogenannte Mindestreserve liegt bei einem Prozent. Das Vollgeld würde eine Anhebung der Mindestreserve auf 100 Prozent bedeuten. Schon nach der Großen Depression wurde diese Idee in den 1930er Jahren diskutiert. Ihr bekanntester Verfechter war der US-Ökonom Irving Fisher, der zuvor durch die Folgen der tiefen Wirtschaftskrise fast sein gesamtes Privatvermögen verloren hatte.
Was hält die Bundesbank von dem Vorschlag des Vollgeldes?
Nicht viel. Es sei "sehr fraglich, ob dies für sich genommen Finanzzyklen vermeidet", heißt es im Monatsbericht. Zudem könnten dadurch wichtige Funktionen der Banken eingeschränkt werden. Für ein stabileres Finanzsystem seien andere Mittel nötig, beispielsweise die Stärkung des Eigenkapitals der Banken. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei zudem der Start der europäischen Bankenunion verbunden mit einer gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB gewesen.