Fast eine Billion: Niedrigzinsen entlasten Euro-Staaten
Stand: 25.07.2017
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Frankfurt - Während Sparer unter der Zinsflaute leiden, konnten die Euro-Staaten davon in den letzten Jahren profitieren. Nach Angaben der Bundesbank sind das im Zeitraum von 2008 bis 2017 fast eine Billion Euro. So habe Deutschland in diesen Zeitraum zusammengerechnet 240 Milliarden Euro gespart.
Besonders kräftig profitierte unter anderem Italien - die Bundesbank bezifferte die Ersparnis von 2008 bis 2016 auf zusammengerechnet etwa 10,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Ähnlich hoch seien die Entlastungen für die Niederlande, Österreich, Frankreich und Belgien. Deutschland verbucht mit etwa 7,5 Prozent des BIP etwas geringere Einsparungen.
Nach Einschätzung der Notenbank dürften die aktuell sehr günstigen Zinskonditionen die Staatsfinanzen zunächst noch weiter entlasten. "Ungeachtet dessen ist der Finanzpolitik anzuraten, Vorsorge für wieder steigende Zinsen zu treffen", mahnten die Experten. Die Bemühungen der Euro-Länder, ihre Haushalte zu konsolidieren, seien zuletzt weitgehend zum Erliegen gekommen. "Mit hohen Schuldenquoten bleiben die öffentlichen Finanzen aber anfällig", warnte die Notenbank.
Hohe Schuldenquoten wiesen demnach zuletzt unter anderem Italien mit 133 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, Portugal (130 Prozent) und Belgien (106 Prozent) auf. Spanien und Frankreich lagen knapp unter 100 Prozent. Deutschland überschritt mit gut 68 Prozent ebenfalls die im Maastrichter Vertrag festgelegte Marke von 60 Prozent.
Der Leitzins im Euroraum liegt seit geraumer Zeit auf dem Rekordtief von null Prozent, Banken müssen fürs Parken von Geld bei der EZB 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Zudem kauft die Notenbank noch bis mindestens Ende 2017 für monatlich 60 Milliarden Euro Staats- und Unternehmensanleihen. Mit der Geldschwemme will die Notenbank die Inflation und die Konjunktur ankurbeln.
Die Kehrseiten der ultralockeren Geldpolitik: Etliche Banken geben die Strafzinsen an Unternehmenskunden weiter - in Einzelfällen inzwischen auch an vermögende Privatkunden. Zudem bunkern Finanzhäuser nach Angaben von Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele zunehmend Bargeld. "Innerhalb der letzten zwei Jahre haben die deutschen Kreditinstitute zehn Milliarden Euro in ihren Tresoren zusätzlich gelagert, um Negativzinsen zu entgehen", sagte Thiele dem "Tagesspiegel" (Montag). "Ich erwarte, dass diese Entwicklung weitergehen wird." Der Kassenbestand der Institute ist einer Bundesbank-Statistik zufolge in den vergangenen Monaten gestiegen.
Die Aufbewahrung von Bargeld im Tresor ist allerdings nicht umsonst. Für die Lagerung im größeren Stil müssen im Zweifelsfall extra Räume gemietet werden. Hinzu kommen Kosten für den Transport des Geldes und für Versicherungsprämien.