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EZB wegen geplanter Anleihekäufe in der Kritik

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin - Die Europäische Zentralbank steht aufgrund ihrer Pläne, Staatsanleihen finanzschwacher Länder aufzukaufen, in Deutschland weiterhin in der Kritik. Derweil zeigen die Kaufpläne am Anleihemarkt Wirkung.

Im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise hat die EZB nach Überzeugung ihres früheren Chefvolkswirts Jürgen Stark "wiederholt rote Linien überschritten". In einem Kommentar für das "Handelsblatt" (Dienstag)  wirft Stark der Notenbank die verbotene Finanzierung von Staatshaushalten vor.

Bereits am Wochenende hatte Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit scharfen Worten vor den Folgen weiterer EZB-Anleihekäufe gewarnt: "Eine solche Politik ist für mich zu nah an einer Staatsfinanzierung durch die Notenpresse", sagte Weidmann dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Der Bundesbankpräsident sieht auch die Unabhängigkeit der EZB in Gefahr: Auf den zweiten Blick falle auf, dass es bei den Plänen "auf abgestimmte Aktionen der staatlichen Rettungsschirme und der Notenbank hinausläuft. Dadurch entsteht eine Verknüpfung von Fiskal-und Geldpolitik."

Positive Konsequenzen für Italien und Spanien

An den Anleihemärkten zeigt die Ankündigung neuer Anleihekäufe indes bereits Wirkung, noch bevor die EZB überhaupt tätig geworden ist. So bescherte die Erwartung eines Anleihekaufprogramms am Dienstag Italien und Spanien - die dritt- und viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone - deutlich günstigere Konditionen bei der Aufnahme frischen Geldes.

Für Italien lag die Rendite bei einer Auktion von Nullzinsanleihen mit einer Laufzeit von zwei Jahren bei 3,064 Prozent, teilte die Schuldenagentur am Dienstag in Rom mit. Bei der letzten vergleichbaren Auktion am 26. Juli wurde der Zuschlag bei einer deutlichen höheren Rendite von 4,86 Prozent erteilt. Italien droht seit Monaten, in den Strudel der Schuldenkrise zu geraten. Am Mittwoch wird Ministerpräsident Mario Monti in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen. Wie sein spanischer Amtskollege Mariano Rajoy geht Monti davon aus, dass der Druck auf die Staatsanleihen seines Landes kaum noch etwas mit seiner Reformarbeit zu tun hat.

Auch Spanien konnte sich zu deutlich günstigeren Konditionen am Geldmarkt refinanzieren, wie die Schuldenagentur in Madrid mitteilte. Mit einem Papier mit Fälligkeit in sechs Monaten wurde eine Rendite von 2,03 Prozent erzielt. Dies war der niedrigste Wert seit Mai. Bei der letzten vergleichbaren Auktion Ende Juli mussten noch 3,69 Prozent gezahlt werden. Bei einer Laufzeit von drei Monaten fiel die Rendite auf 0,95 Prozent. Ende Juli hatte sie noch bei 2,43 Prozent gelegen.

Im Mai 2010 hatte die Europäische Zentralbank (EZB) gegen deutschen Widerstand ein Kaufprogramm für Staatsanleihen aufgelegt. Das Programm ruht seit Mitte März. Die Bundesbank kritisiert die Ankäufe als unzulässigen Versuch, mit Mitteln der Geldpolitik Staaten zu finanzieren. Die EZB hatte Anfang August schließlich signalisiert, unter bestimmten Bedingungen wieder Bonds von Euro-Krisenländern zu kaufen, um die Risikoprämien zu drücken. Als wichtige Voraussetzung nannten die Währungshüter einen Hilfsantrag der Länder beim EU-Rettungsfonds. Bundesbank-Präsident Weidmann hatte im EZB-Rat gegen den Plan von EZB-Chef Mario Draghi gestimmt.

Stark: "Die EZB darf das Marktgeschehen nicht nachhaltig stören"

Stark kritisierte, der 2010 begonnene Kauf von Staatsanleihen der Krisenländer sei zwar geldpolitisch begründet worden: "De facto war es jedoch Fiskalpolitik und eine durch die Maastrichter Verträge verbotene monetäre Finanzierung von Staatsanleihen", betont Stark, der im September 2011 aus Protest gegen die Krisenpolitik der EZB zurückgetreten war. Für diesen Finanztransfer fehle der EZB jede demokratische Legitimation: "Die EZB darf das Marktgeschehen nicht nachhaltig stören", schreibt Stark: "Sie geriete damit in völlige Abhängigkeit der Politik."

Stark warnt die EZB davor, sich selbst zu überfordern und ihre Unabhängigkeit von der Politik aufs Spiel zu setzen. Letztlich werde die Zentralbank ihren Kernauftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten, nicht mehr erfüllen können: "Es droht die Gefahr hoher Inflation - nicht heute, nicht morgen, aber mittel- bis langfristig."