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EZB-Sitzung zwischen Strafzins-Debatte und Euro-Sorgen

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Berlin/München - Vor dem mit Spannung erwarteten Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag hat die Debatte um den geldpolitischen Kurs in der Eurozone erneut Fahrt aufgenommen. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass die Notenbank im Kampf gegen die zu niedrige Inflation den bereits auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent verharrenden Leitzins abermals senkt. In der Diskussion um Strafzinsen für Geschäftsbanken, die größere Geldbestände bei der EZB horten, warnen Ökonomen aber auch vor den möglichen Konsequenzen für Sparer und Inhaber von Kapitalanlagen. Der hohe Außenwert des Euro drückt zudem auf die Exporterlöse vieler Firmen.

Das ohnehin schon extrem niedrige Zinsniveau könnte unabhängig von der Leitzinsentscheidung weiter fallen, falls die Institute für ihre EZB-Depots einen sogenannten negativen Einlagezins zahlen müssten, fürchtet der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. "Den Schaden haben die Sparer, deren Zins nun noch weiter unter die Inflationsrate gedrückt wird", sagte er der "Wirtschaftswoche".

Kreditvergabe durch Banken soll angeregt werden

Sparkonten, aber auch andere Finanzprodukte werfen derzeit kaum Erträge ab. Dagegen befeuert das billige Zentralbankgeld die Aktienmärkte. Um die Banken zu einer stärkeren Kreditvergabe an Verbraucher und Unternehmen anzuregen, anstatt große Summen bei der EZB zu parken, wird die Einführung des Einlagezinses diskutiert.

Skepsis gegenüber Strafgebühren

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, äußerte sich ebenfalls skeptisch zu Strafgebühren auf Bankeinlagen bei der EZB. Der Kreditmarkt lasse sich so kaum zusätzlich ankurbeln, sagte der Ökonom der "Wirtschaftswoche": "Es ist als symbolische Geste zu verstehen." Mit Blick auf eine mögliche Leitzinssenkung verlangt der Bundesverband deutscher Banken von der Politik, staatliche Zinsersparnisse in Steuersenkungen umzumünzen.

Riesige Kapitalspritze für Finanzsektor?

Spekuliert wird überdies, dass EZB-Präsident Mario Draghi und seine Kollegen über den Leit- und Einlagezins hinaus weitere Maßnahmen beschließen. Nach "Spiegel"-Informationen sind neue, längerfristige Refinanzierungsgeschäfte mit einer Laufzeit von bis zu vier Jahren im Gespräch. Dabei könnte Draghi etwa riesige Kapitalspritzen für den Finanzsektor - scherzhaft "dicke Bertha" genant - im Blick haben. Als Bedingung sollen allerdings nur Geldhäuser, die anschließend auch mehr Darlehen an Unternehmen geben, Aussicht auf Zusatzkredite haben.

Hoher Euro-Kurs belastat Wirtschaft

Neben der Zinspolitik dürfte bei den Beratungen der Notenbanker auch der Eurokurs ein Thema sein, obwohl sie formal in erster Linie für die Preisstabilität in der Eurozone zuständig sind. Die anhaltend hohe Notierung des Euro etwa im Verhältnis zum US-Dollar belastet Europas Ausfuhren. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY), über die die "Welt" (Samstag) berichtete, fielen viele Firmen der Eurozone im vorigen Jahr hinter die US-Konkurrenz zurück.

Insgesamt mussten Europas 300 umsatzstärkste börsennotierte Konzerne demnach 2013 ein Gewinnminus von drei Prozent auf 643 Milliarden Euro hinnehmen. In den USA hätten die Top 300 jedoch einen fünfprozentigen Anstieg der Erträge auf in der Summe 831 Milliarden Euro verbucht.

Dabei steche Deutschland als positives Gegenbeispiel hervor - obwohl die Zuwächse nur gering ausfielen: Die Umsätze legten nach Angaben von E&Y kaum merklich um 0,1 Prozent zu. Firmen in Nicht-Euro-Ländern wie Großbritannien und Schweden sei es bessergegangen als solchen in Euro-Ländern. Banken und Versicherer kamen in der Studie nicht vor.

Schäuble: Keine Lockerung des Stabilitätspakts

Eine Aufweichung des Euro-Stabilitätspakts, über die im Zuge des Streits mit dem britischen Premier David Cameron über eine Wahl Jean-Claude Junckers zum Präsidenten der EU-Kommission spekuliert wurde, ist aus Sicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kein Thema. "Das dürfen wir nicht miteinander verknüpfen", sagte Schäuble dem "Focus". Die Regeln der EU müssten eingehalten werden. "Sonst verspielen wir jegliches Vertrauen. Regeln machen nur Sinn, wenn sie unabhängig von den agierenden Politikern Bestand haben."