Euroländer planen ultimative Rettung der Eurozone
Stand: 09.03.2011
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Brüssel - Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Länder am Freitag in Brüssel treffen, steht die Grundsatzeinigung auf die ultimative Rettung der Eurozone an. Bleiben wichtige Fragen ungelöst, droht die Krise erneut aufzubrechen.
Die Entscheidung der Ratingagentur Moody's, die Kreditwürdigkeit Griechenlands ein weiteres Mal drastisch herabzustufen, hatte am Montag die Alarmglocken schrillen lassen. Die Anleihen-Experten haben erhebliche Zweifel, dass sich Athen ohne zusätzliche Hilfe vor einer Insolvenz retten kann. Da tauchte es plötzlich wieder auf, das Schreckgespenst der zerfallenden Eurozone.
Mit einem umfassenden Gesamtpaket will die EU dieses Gespenst auf ihrem Gipfel am 25. März ein für alle Male verscheuchen. Das Paket sieht schärfere Haushaltsregeln vor, eine Stärkung des befristeten Schutzschirms EFSF und die Installation eines unbefristeten Hilfsfonds ESM ab 2013. Zuletzt hineingekommen ist auf deutsches Drängen auch ein "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit", mit dem sich die Euro-Mitglieder zu Strukturreformen verpflichten.
Berlin hat "Koalition der Neinsager" geschmiedet
Am Freitag müssen aber schon erste Teile des Gesamtpaketes gepackt werden. Denn das finnische Parlament wird am 15. März aufgelöst. Damit es der amtierenden Regierung in Helsinki noch ein Mandat erteilen kann, Ende des Monats in Brüssel dem großen Rettungsdeal zuzustimmen, müssen die Kernelemente rechtzeitig feststehen. Die dafür notwendige Feinarbeit sollen die Finanzminister am kommenden Montag und Dienstag erledigen. Voraussetzung dafür: Eine Grundsatzeinigung am Freitag.
Auf weitere Zugeständnisse will sich Berlin dabei nicht einlassen. So wird es wohl keine "vorsorgliche" Aufstockung des EFSF geben. Laut einem am Mittwoch in Brüssel zirkulierenden sogenannten Nicht-Papier bleibt es bei der Zusage, dem Fonds würden durch höhere Garantien die 440 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - aber nur, wenn die verfügbaren 250 Milliarden Euro nicht mehr ausreichten. Setzt sich die Position durch, wäre das ein herber Rückschlag für die Kommission und zahlreiche andere Staaten, die zur Beruhigung der Märkte seit Monaten auf die prophylaktische Stärkung des EFSF pochen. Dagegen wehren sich aber neben Deutschland auch die Niederlande und Finnland. In Brüssel wird über eine "Koalition der Neinsager" geschimpft.
Keine neue Aufgaben für den Rettungsschirm?
Ohne mehr Geld für den befristeten Fonds wäre es nämlich auch kaum möglich, dass Schuldenaufkaufprogramme für marode Länder finanziert werden. Das ist eine weitere Schlüsselforderung von Kommissionschef José Manuel Barroso und von Luxemburgs Ministerpräsident und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Geht es nach ihnen, dann sollen die Griechen mit Geld der Euro-Partner unter Wert gehandelte Staatsanleihen zurückkaufen können.
Das Instrument würde zwar den Privatsektor an der Sanierung beteiligen - aber auch nur, wenn Investoren die Anleihen freiwillig mit Abschlag hergäben. Dessen ungeachtet hat die Berliner Regierungskoalition Kanzlerin Angela Merkel (CDU) davor gewarnt, grünes Licht für Schuldenaufkaufprogramme jeder Art zu geben. Und Ärger mit dem eigenen Parlament, das das Gesamtpaket absegnen muss, scheut Merkel angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen weit mehr, als neuen Stunk mit Brüssel oder Luxemburg.
Ein Kompromiss deutet sich im Ringen von Iren und Griechen um günstigere Konditionen für die Hilfe der Euro-Partner an. Merkel hat sich zwar gegenüber der Dubliner Forderung nach einer Senkung des Zinssatzes für die Notkredite bislang reserviert geäußert. Laut Diplomatenkreisen könnte Irland aber ein leichter Nachlass gewährt werden - gegen die Bedingung, dass die neue Regierung ihre Hausaufgaben zur Haushaltskonsolidierung ohne Abstriche erfüllt. Für die Griechen sollen die Kreditlaufzeiten von dreieinhalb auf sieben Jahre verlängert werden. Auch das, heißt es, werde schließlich wohl zum Gesamtpaket gehören.
Kein Nachtflugverbot in Brüssel
Und doch sehen Insider für Freitag noch großes "Pulverdampf-Potenzial". Viele seit Monaten schwelende Konflikte könnten in der Stunde der Wahrheit noch mal aufbrechen. So will Italien weiter verhindern, dass künftig neben einer höheren Neuverschuldung auch ein zu hoher Gesamtschuldenstand gegen Sanktionsdrohungen abgebaut werden muss. Andere Staaten pochen auf mehr Automatismus bei der Sanktionsverhängung - oder weniger Automatismus bei der Einbeziehung privater Gläubiger, wenn künftige Pleitestaaten aufgefangen werden müssen.
Und so droht die Nacht am Freitag eine lange zu werden. Zwar haben die Delegationen keine Zimmer gebucht. Aber am Brüsseler Flughafen gibt es kein Nachtflugverbot - Starts zur frühen Morgenstunde sind also nicht ausgeschlossen.