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EU fordert Recht auf Bankkonto für jeden Bürger

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Brüssel - Ein eigenes Bankkonto für jeden Europäer - das sollen nach dem Willen der EU-Kommission künftig alle 27 Mitgliedsstaaten ermöglichen. "Ein Konto ist ein Werkzeug, das im Alltag völlig unerlässlich ist", erklärte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier am Montag in Brüssel. Ob für Miete, Gehalt oder Einkäufe - der bargeldlose Zahlungsverkehr ist längst nicht mehr wegzudenken.

Ein Jahr haben die Banken nun Zeit, jedem EU-Bürger den Zugang zu einem Basiskonto zu ermöglichen. Gelingt das nicht, wolle Brüssel ein verbindliches Gesetz erlassen. Verbraucherschützer hatten darauf schon jetzt gedrängt - und reagierten enttäuscht. Die Empfehlung der EU-Kommission sei "ein völlig stumpfes Schwert", sagte Christina Buchmüller von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Noch Anfang des Jahres habe die EU-Kommission gesetzgeberische Schritte angekündigt. Ein EU-Diplomat äußerte: "Der Widerstand einiger EU-Länder und der Bankbranche war aber zu groß."

Nach Brüsseler Schätzung haben 30 Millionen Menschen in der EU kein Konto - das sind rund sieben Prozent der Verbraucher. Vor allem überschuldete Bankkunden, Arbeitslose und Arme seien betroffen. Etwa sieben Millionen von ihnen werde ein Konto regelrecht verwehrt. "Ungerecht", urteilte Barnier. In Deutschland liegt die Zahl der Kontolosen nach Schätzung von Verbraucherschützern im sechsstelligen Bereich, "sie ist seit Jahren auf hohem Niveau", klagte Buchmüller.

Jene Bürger seien von Teilen des gesellschaftlichen Lebens abgeschnitten. "Kein Arbeitgeber ist heute bereit, das Geld bar auszuzahlen." Das gelte auch für Vermieter: Kaum einer wolle ständig Bargeld entgegennehmen. Mit dem von Barnier geforderten Basiskonto sollen Bürger Geld abheben, überweisen und empfangen können. Die EU-Staaten sollen dafür sorgen, dass jeder entweder kostenlos oder zu vernünftigen Gebühren ein Konto eröffnen und nutzen kann.

"Wir wollen die Banken nicht zwingen", räumte Barnier ein. Sie sollten stattdessen verpflichtet werden, Ergebnisse zu liefern. Gelingt das nicht, drohte der Kommissar mit verbindlichen Vorgaben aus Brüssel, die das Recht auf ein Basisbankkonto per Gesetz verankern würden. Noch vor Jahresende werde er die Lage neu bewerten.

Verbraucherschützer kritisierten, dass statt einer Empfehlung nicht jetzt schon eine Verordnung oder eine Richtlinie verabschiedet wurde. Ihren Frust verdeutlichten die deutschen Verbraucherschützer in einem Brief an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. In dem der dpa vorliegenden Schreiben, unterzeichnet von vzbv-Vorstand Gerd Billen, heißt es: "Die jüngste Entwicklung ist ein enormer Schritt zurück."

In der Bundesrepublik gibt es seit 1995 bereits die Empfehlung der im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) vertretenen Spitzenverbände der Kreditwirtschaft an alle Banken und Sparkassen, auf Anfrage ein "Girokonto für jedermann" auf Guthabenbasis einzurichten. Eine freiwillige Selbstverpflichtung also - aber ebenfalls nicht verbindlich. Seit Jahren bleiben deshalb viele auf der Strecke.

Im vergangenen Jahr brachte ein neues Gesetz zum Pfändungsschutz etwas mehr Schutz für finanzschwache Bankkunden in Deutschland. Jeder, der bereits ein Konto besitzt, kann seitdem die Umwandlung seines Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) verlangen. Dadurch können Schuldner trotz einer Kontopfändung weiter am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen, mindestens bleibt ihnen ein Guthaben von 985,15 Euro. Früher wurde ihr Konto in solch einem Fall klassischerweise blockiert oder gekündigt. "Das passiert nun nicht mehr in so großem Stil", sagt Buchmüller. Dennoch fänden die Institute nachwievor Mittel und Wege, unliebsame Kunden loszuwerden.