Die Werkzeuge der Euro-Retter
Stand: 30.07.2012
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Frankfurt/Main - Den Eurorettern läuft die Zeit davon. Die markigen Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi beruhigten die Märkte nur kurzzeitig. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker dringt auf Entscheidungen. Die Werkzeuge der Euro-Retter:
Was geht überhaupt?
Diskutiert wird aktuell vor allem der Aufkauf von Staatsanleihen taumelnder Euro-Schwergewichte wie Spanien und Italien. Die Südländer müssen seit Monaten für frisches Geld an den Märkten vergleichsweise hohe Zinsen zahlen, was ihre Reformbemühungen zusätzlich belastet. Die Europäische Zentralbank (EZB), aber auch der Eurokrisenfonds EFSF könnten Bonds dieser Länder kaufen, um so die Zinsen zu drücken. Die EZB entschloss sich im Mai 2010 gegen deutschen Widerstand zu einem Kaufprogramm ("Securities Markets Programme"/SMP) und hat aktuell Staatspapiere im Wert von 211,5 Milliarden Euro in der Bilanz. Allerdings darf die EZB Staatsanleihen nur auf dem Sekundärmarkt kaufen, also zum Beispiel von Banken. Der EFSF dürfte die Papiere auch direkt von den Staaten erwerben.
Wie schnell geht das?
Das EZB-Kaufprogramm ruht seit Mitte März, könnte aber jederzeit wieder aufgenommen werden. Die Erwartungen sind groß, dass die Notenbank bald wieder Bonds kaufen wird, seit EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag die Entschlossenheit der Währungshüter zur Rettung des Euro bekräftigt hatte. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker gab den Spekulationen im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung" (Montag) Nahrung. Juncker zufolge bereiten sich die 17 Euroländer zusammen mit dem Rettungsfonds EFSF und der EZB darauf vor, Staatsanleihen klammer Euroländer aufzukaufen. Ein für eine EFSF-Intervention notwendiger Antrag Spaniens lag nach Angaben der EU- Kommission bis Montag aber nicht vor. Zudem müssten einem solchen Schritt die 17 Eurostaaten zustimmen, die hinter dem Fonds stehen.
Ist die hohe Zinslast für Spanien und Co. tatsächlich ein Problem?
Die Commerzbank kommt in einer Analyse zu dem Schluss: Würden Spanien und Italien dauerhaft derart hohe Zinsen zahlen müssen, gerieten zweifelsohne die öffentlichen Haushalte dieser Länder zusätzlich unter Druck. "Untragbar wäre die Zinslast allerdings nicht", schreiben die Experten um Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Denn in Spanien entspräche sie dann der Mitte der 90er Jahre, in Italien der bei der Einführung des Euro." Die Commerzbank kommt zu dem Schluss: "Im Endeffekt verlören die Länder "nur" die Vorteile der Währungsunion. Gleiches gilt für die Unternehmen, deren Wettbewerbsposition sich durch die höheren Zinsen verschlechtert."
Lösen Anleihenkäufe überhaupt die Probleme?
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wird nicht müde, auf die Risiken solcher Maßnahmen hinzuweisen: Der Kauf von Bonds durch die Notenbank verwische die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik. Anders gesagt: Die Notenbank, die sich vor allem um stabile Preise kümmern soll, wird so zum Staatsfinanzierer. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) meint wie viele andere, die von "Super-Mario" geführte Institution sei derzeit als einzige in der Lage, "einem Zusammenbruch der Währungsunion wirksam und zeitnah entgegenzutreten". Die EZB kaufe jedoch vor allem Zeit. Auch frühere EZB-Anleihenkäufe beruhigten die Märkte allenfalls vorübergehend. Aus Notenbankkreisen sickerte durch, dass sich Draghi und Weidmann im Vorfeld der für diesen Donnerstag (2.8.) anberaumten nächsten EZB-Ratssitzung zum Gedankenaustausch treffen wollen. Eine erneute Zinssenkung der EZB erwarten Ökonomen frühestens im September.
Was braucht Europa langfristig?
Reformen, Reformen, Reformen. Schuldenberge müssen abgetragen, Staatshaushalte auf stabile Grundlagen gestellt werden. Die Arbeitsmärkte in Europa sollten flexibler werden, damit auch junge Menschen aus Ländern mit gigantisch hohen Arbeitslosenquoten wie Spanien eine berufliche Perspektive bekommen. Soweit herrscht in Europa nach mindestens zwei Jahren Schuldenkrise als Dauerzustand Konsens. Doch der Weg dahin ist steinig und birgt gewaltigen sozialen Sprengstoff - wie die bisweilen gewaltsamen Proteste in Griechenland und Spanien belegen. Auch das Bemühen der Regierungen um ein dauerhaft tragfähigeres Fundament für den Euro - Stichwort Fiskalpakt und Schuldenbremse - ist kein leichtes Unterfangen. Sogar in Deutschland wächst der Widerstand und beschäftigt das Verfassungsgericht.