Die EZB zeigt die Waffen: Negativzins und Anleihekäufe
Stand: 02.12.2013
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa-AFX
Frankfurt - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vor ihrer Ratssitzung an diesem Donnerstag (5. Dezember) hohe Erwartungen geschürt: Die Gedankenspiele über neue geldpolitische Lockerungen reißen nicht ab - Negativzinsen, Anleihekauf-Bazooka und Mega-Finanzspritzen für Banken - kaum eine Radikalmaßnahme, um die Wirtschaft anzukurbeln, wird derzeit nicht diskutiert. Dennoch erwarten die meisten Ökonomen nach der überraschenden Zinssenkung im November vorerst keine weiteren Schritte.
Die EZB steht vor etlichen Baustellen - trotz leichter Erholungstendenzen der krisengeplagten Euro-Wirtschaft. Das größte Problem: Obwohl die Zinsen so niedrig sind wie nie zuvor, lahmen Kreditvergabe und Wachstum weiter. Das Billiggeld erreicht die "reale" Wirtschaft - Unternehmen und Haushalte - nicht. Ablesen lässt sich das unter anderem am außergewöhnlich niedrigen Preisauftrieb, der auf eine schwache Nachfrage hindeutet. Deshalb haben EZB-Chef Mario Draghi und seine Kollegen zuletzt häufig betont, sie hätten ihr Pulver noch nicht verschossen. Was haben die Währungshüter noch in der Pipeline?
NEGATIVZINS: Sparern jagte die EZB jüngst einen gehörigen Schrecken ein, indem sie öffentlich über Strafzinsen diskutierte, die Banken auf überschüssige Mittel zahlen müssten. Das würde über eine Absenkung des sogenannten Einlagensatzes funktionieren, der derzeit bei null Prozent liegt. "Wir haben Negativzinsen diskutiert, technisch und juristisch durchgespielt. Die EZB ist also bereit", betonte der französische Notenbankdirektor Benoit Coeure vergangene Woche im TV-Sender CNBC.
Aber: Technisch möglich hin oder her - Negativzinsen sind höchst umstritten und gelten unter Experten als wenig wahrscheinlich. In Deutschland, wo die extrem lockere Geldpolitik ohnehin viele Gegner hat, sorgten die EZB-Pläne bereits für große Aufregung. Volkswirte bezweifeln, dass die gehorteten Mittel der Banken durch eine Parkgebühr bei der EZB in Form von Krediten an Unternehmen weitergereicht würden. Die Geldhäuser könnten genauso Bargeld halten oder die Kosten auf Kunden abwälzen, indem sie die Kontogebühren erhöhen.
ANLEIHEKAUF-BAZOOKA: Eine ultimative geldpolitische Brechstange, der sich die EZB bislang nicht bedient hat, wären Anleihekäufe in großem Stil. Die Notenbanken Amerikas, Japans und Großbritanniens nutzen sie, um das Billiggeld durch die Wirtschaft zu treiben - der Erfolg ist jedoch umstritten. Trotzdem sollen Notenbanker und Regierungsvertreter Spaniens und Portugals diese sogenannte "Quantitative Lockerung" auch von der EZB fordern. Frankreichs EZB-Direktoriumsmitglied Coeure sieht aktuell aber keine Notwendigkeit und in Deutschland hat das Instrument ohnehin wenig Anhänger.
FINANZSPRITZEN: Um den nach wie vor angeschlagenen Bankensektor zu stützen, könnte die EZB - auch mit Blick auf anstehende Bilanzchecks und Stresstests - eine neue Runde Notkredite mit ungewöhnlich langer Laufzeit einläuten. Das hatte sie bereits auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise Ende 2011 und Anfang 2012 getan.
Allerdings war auch dieser Feuerwehreinsatz andere als eine Erfolgsgeschichte - viele Banken nutzten das billige Notenbankgeld, um damit höher verzinste Staatsanleihen aufzukaufen. Die haben sich nun zu einem Klumpenrisiko in den Bankbilanzen entwickelt. Zuletzt hatte es deshalb Spekulationen über eine Neuauflage mit Zweckbindung gegeben.
Die meisten Finanzanalysten glauben zwar, dass die EZB bei ihrer Ratssitzung in dieser Woche erst einmal weiter auf Zeit spielt. "Draghi dürfte aber verdeutlichen, dass die EZB Gewehr bei Fuß steht, weitere Maßnahmen auf den Weg zu bringen", sagt Expertin Jana Meier vom Bankhaus HSBC Trinkaus. Zumindest mit verbalen Interventionen des EZB-Präsidenten ist also zu rechnen. Denn auch der hohe Eurokurs, der die Exporte aus dem Währungsraum verteuert, bedroht die mühsamen Fortschritte beim Krisenmanagement.