Deutschlands Sparer im Zinstief: Chancen und Risiken
Stand: 07.03.2014
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Frankfurt/Main - Mario Draghi hat sein Versprechen am Donnerstag untermauert: Die Zinsen im Euroraum werden noch lange niedrig bleiben. Das soll die Kreditnachfrage stimulieren und den Konsum - und damit die Konjunktur - anschieben. Für Sparer ist die Nachricht allerdings schlecht.
Warum hält die EZB die Zinsen so niedrig?
Europas Währungshüter erwarten, dass die Inflation im Euroraum noch bis mindestens 2016 sehr niedrig bleiben wird - wegen der geringen Rohstoffpreise, der schwachen Konjunktur und der Reformen in den Euro-Krisenländern. Daher kann die EZB das Geld weiter billig halten. Notenbank-Präsident Draghi bekräftigte am Donnerstag, dass der Zins noch "über einen längeren Zeitraum" auf dem aktuellen Niveau von 0,25 Prozent verharren oder sogar noch einmal gesenkt wird. Und das auch, wenn sich die Wirtschaft belebt.
Wem bringen die niedrigeren Zinsen etwas?
Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite. Die EZB hofft, dass sich dadurch mehr Unternehmen und Privatpersonen Geld bei den Banken leihen und damit mehr investieren und konsumieren - und dass sie so die gesamte Konjunktur anzuschieben. Prinzipiell ist billiges Geld gut für alle Schuldner - auch für Staaten, die ihre Schulden nun günstiger refinanzieren können. Aber auch Verbraucher, die eine Waschmaschine, ein Auto oder ein Haus finanzieren wollen, profitieren davon. Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), warnt jedoch vor möglichen Blasen: Sie sieht die Gefahr, dass durch die geringen Kreditkosten Fehlanreize bei Kreditnehmern entstehen.
Was bedeuten niedrige Zinsen für Sparer?
Niedrige Zinsen werden in der Regel relativ schnell an die Kunden weitergereicht. Verbraucherschützer machen immer wieder die Erfahrung, dass Banken eine Leitzinssenkung schneller umsetzen als eine Erhöhung, wenn es um Produkte zugunsten der Kunden geht. Seit Monaten werfen klassische Sparprodukte wie Tages- oder Festgeld kaum noch Rendite ab. So wird es immer schwieriger, fürs Alter vorzusorgen. Buchholz warnt: "Bereits heute ist die Belastung für Sparer und Kreditinstitute hoch. Damit ist nicht nur der Gelderhalt der Kunden in Gefahr, sondern es steigen auch die Zinsänderungsrisiken für die Institute erheblich."
Gibt es Alternativen für Privatanleger?
In den letzten Jahren brachten Aktien kräftige Gewinne. Doch die meisten Deutschen machen einen großen Bogen um die Börsen. Max Herbst von der unabhängigen FMH-Finanzberatung betont: "Viele Kunden akzeptieren Zinssätze von 0,25 Prozent klaglos." Dabei gebe es durchaus bessere Angebote: Bis zu 1,4 Prozent Zinsen könnten Kunden auf guten Tagesgeldkonten bekommen. Dennoch kann Bundesbank-Präsident Jens Weidmann die Sorgen der Bundesbürger um ihr Erspartes verstehen, weil sichere Anlagen derzeit kaum Ertrag brächten: "Aber die Bürger sind ja nicht nur Sparer, sondern eben auch Arbeitnehmer, Aktionäre oder finanzieren Immobilien per Kredit. Und in dieser Eigenschaft profitieren sie von günstigen Zinsen."
Die Zinsen sind nun schon seit Jahren extrem niedrig. Warum hat das die Wirtschaft nicht ordentlich in Schwung gebracht?
Auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise machte sich die Angst breit, die Eurozone könne auseinanderbrechen. Das führte dazu, dass Banken in den Krisenländern zögerten, Unternehmen und Privatleuten Geld zu leihen: Sie hatten die Sorge, ihr Geld nie wieder zu sehen. Das Ziel der EZB, die Wirtschaft mit billigem Geld zu versorgen, wurde damit verfehlt. Zwar hat die EZB den Märkten die Ängste vor einem Kollaps des Euroraums inzwischen genommen. Doch die Kreditvergabe der Banken an Haushalte und Unternehmen bleibt schwach. Die EZB sieht dies insbesondere in Südeuropa als Wachstumsbremse und Hemmschuh für ihre Geldpolitik an.