Deutschland und Frankreich setzen sich bei Finanzsteuer durch
Stand: 10.10.2012
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Luxemburg - Es ist vollbracht: Deutschland und Frankreich haben beim gestrigen Treffen der Euro-Finanzminister in der Debatte um eine europäische Finanztransaktionssteuer einen Teilerfolg erzielt. Elf EU-Länder wollen bei der Steuer auf den Handel mit Aktien, Anleihen und spekulativen Papieren mitziehen. Großbritannien hatte eine Lösung mit 27 EU-Staaten blockiert.
Das reiche, um sie im kleinen Kreis zu starten, sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta: "Das ist mehr als nötig." Eine EU-weite Einführung ist jedoch nicht in Sicht, vor allem die Nicht-Euro-Länder Großbritannien und Schweden bremsen.
Semeta kündigte an, eine Beschlussvorlage für das nächste Treffen der EU-Finanzminister im November vorzubereiten. Danach muss das EU-Parlament noch zustimmen. Die Steuer kann nach Worten von Österreichs Finanzministerin Maria Fekter bis Weihnachten unter Dach und Fach sein: "Wir haben eigentlich erst die Autobahnauffahrt geschafft."
Die Steuer soll den Finanzsektor an den enormen Kosten der Finanzkrise beteiligen. Der Handel mit Anleihen und Aktien soll mit einem Mindeststeuersatz von 0,1 Prozent besteuert werden. Für spekulative Finanzinstrumente wie etwa Derivaten fiele eine Mindestabgabe von 0,01 Prozent an. Die Steuer soll Anfang 2014 starten und dort anfallen, wo das Unternehmen seinen Sitz hat.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich zufrieden. "Diejenigen, die gesagt haben: Och, das ist ja alles nur so eine Spinnerei, die sind wiederum entlarvt worden, dass es nicht richtig ist, sondern dass wir Schritt für Schritt vorankommen." Die Initiative von Deutschland und Frankreich habe Wirkung gezeigt. "Wenn Frankreich und Deutschland zusammen kooperieren, kommen wir immer auch in Europa insgesamt ein Stück voran. Die anderen warten ja auch darauf, dass wir es tun."
Schweden und Großbritannien bremsen
Vor allem die Nicht-Euro-Länder Großbritannien und Schweden wollen nicht mitziehen. Sie fürchten Nachteile für die Finanzplätze und die Abwanderung von Investoren. Der schwedische Finanzminister Anders Borg kritisierte: "Die Finanztransaktionssteuer ist eine sehr gefährliche Steuer, sie wird negative Auswirkungen auf das Wachstum haben."
Der EU-Vertrag erlaubt eine sogenannte verstärkte Zusammenarbeit, wenn mindestens neun Staaten mitziehen. Die Idee dahinter lautet, dass sich weitere Länder mit der Zeit anschließen werden.
Berlin und Paris hatten bei dem Prestigeprojekt mächtig Druck gemacht. In Deutschland hatte die schwarz-gelbe Koalition SPD und Grünen zugesagt, sich für die Einführung einer Finanzsteuer in Europa bis Ende 2012 stark zu machen. Dies war eine Bedingung für die Zustimmung der Opposition zum europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. In Frankreich gibt es bereits eine solche Abgabe.
Spanien und Italien stimmten in letzter Minute zu
Zu den Befürwortern gehören laut EU-Kommission unter anderem auch Italien und Spanien, die lange als Wackelkandidaten galten. Sie entschieden sich in letzter Minute - noch am Vortag waren lediglich acht Länder an Bord gewesen.
Neben Deutschland und Frankreich wollen auch Österreich, Belgien, Portugal, Slowenien und Griechenland zum Steuerclub gehören. Beim Rat in Luxemburg erklärten die vier Länder Spanien, Italien, Slowakei und Estland ebenfalls ihre Bereitschaft zum Mitmachen.
Im Ministerrat müssen die Finanzminister mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit dem Vorhaben zustimmen. Die Gegner haben bereits angekündigt, das Vorhaben nicht blockieren zu wollen. Der britische Schatzkanzler George Osborne sagte: "Wir sind nicht prinzipiell dagegen und wir wollen nicht im Wege stehen."
Großbritannien sei aber der Auffassung, dass auch andere große Finanzplätze auf der Welt wie New York, Shanghai oder Hongkong einer solchen Steuer unterliegen sollten. Zudem sei noch unklar, wohin die Einnahmen fließen sollten und wie stark die wirtschaftlichen Auswirkungen seien, sagte Osborne. Brüssel plädiert dafür, dass ein Teil der Einnahmen in den EU-Haushalt fließt - viele Staaten lehnen dies aber ab.