Deutschland dringt auf Rechtsänderung für EU-Bankenaufsicht
Stand: 29.05.2013
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Frankfurt/Main - Europa kommt aus deutscher Sicht für die gemeinsame Überwachung seiner Banken nicht um eine Änderung der EU-Verträge herum. Die angestrebte Konstruktion unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) sei auf Dauer nicht tragfähig - das machten Aufseher, Politik und Bankenvertreter am Dienstag bei einem Bundesbank-Symposium in Frankfurt deutlich. Auch ein grenzüberschreitendes Instrument zur Abwicklung kriselnder Banken brauche ein stabiles rechtliches Fundament.
"Das ist eine Krückenlösung jetzt mit der EZB", urteilte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB). Um die Unabhängigkeit der Geldpolitik ohne Zweifel zu wahren, müssten die EU-Verträge mittel- bis langfristig geändert werden.
Der Leiter der Finanzmarktabteilung im Bundesfinanzministerium, Levin Holle, erklärte, Deutschland mache sich für eine Vertragsänderung stark: "Wir schulden den Menschen in Deutschland und Europa dauerhaft tragfähige Lösungen."
Die zentrale europäische Bankenaufsicht soll Mitte 2014 ihre Arbeit aufnehmen. Die EZB wird dann direkt etwa 130 Institute überwachen, davon etwa 25 in Deutschland. Ein "Supervisory Board" mit Vertretern der nationalen Aufsichtsbehörden und der EZB soll die Weichen stellen - etwa für Kapitalvorgaben oder im Notfall die Schließung eines Instituts. Letztlich entscheiden muss der EZB-Rat als oberstes Gremium der Notenbank. Kritiker bemängeln, Geldpolitik und Bankenaufsicht seien damit nicht ausreichend getrennt.
Ergänzend zur Bankenaufsicht braucht Europa nach Ansicht von Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Lautenschläger eine gemeinsame Abwicklungsbehörde: "Es macht auf Dauer keinen Sinn, Banken auf europäischer Ebene zu beaufsichtigen und deren Abwicklung dann auf nationaler Ebene durchzuführen." Eine europäische Abwicklungsbehörde müsse allerdings "auf festem Boden stehen, und dafür wird vermutlich eine Primärrechtsänderung notwendig sein", sagte die Aufseherin.
Die Restrukturierung und Abwicklung einer großen Bank müsse möglich sein, "ohne dass die Finanzstabilität erheblich gefährdet wird und ohne dass Steuergelder in Anspruch genommen werden", sagte Lautenschläger. Ministeriumsvertreter Holle betonte: "Auch ein solcher Abwicklungsmechanismus darf nicht zu einer Vergemeinschaftung von Bankschulden durch die Hintertür führen."
Bafin-Präsidentin Elke König erhofft sich von der neuen Aufsicht mehr Stabilität. "Eine integrierte europäische Bankenaufsicht mit echten Eingriffsbefugnissen dürfte in der Lage sein, Risiken über nationale Grenzen hinweg zu identifizieren und das europäische Aufsichtsrecht einheitlich anzuwenden", sagte König in Bonn. Es sei aber angesichts der Fülle von Themen nicht sicher, dass der sehr ambitionierte Zeitplan eingehalten werden könne. Möglicherweise werde die EZB-Aufsicht daher später oder stufenweise ihre Arbeit aufnehmen.
Lautenschläger warnte vor überzogenen Erwartungen an zusätzliche regulatorische Instrumente wie die Einführung einer Höchstverschuldungsquote für Banken ("Leverage Ratio"): "Die Leverage Ratio ist brauchbar als ein Instrument von vielen in einem gut gefüllten Werkzeugkasten, aber sie hat auch Schwächen."
An die Adresse der USA, wo die Politik die Kapitalregeln für Auslandsbanken verschärfen will, sagte Lautenschläger: "Nationale Sonderregeln passen nicht in eine Welt mit international tätigen Banken. Eine Renationalisierung von Regulierung und Aufsicht sorgt für ungleiche Wettbewerbsverhältnisse, sie begünstigt Regulierungsarbitrage und kann aus diesem Grund sogar dazu führen, dass sich dadurch systemische Risiken erst aufbauen." Auch Commerzbank-Chef Martin Blessing sieht diese Entwicklung mit Sorge: "Wir sehen eine zunehmende Tendenz internationaler Fragmentierung von Regulierung", sagte Blessing in Frankfurt.